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Grenzverkehr

Schweiz senkt Wertfreigrenze auf 150 Euro - das wird teuer für Einkaufstouristen

Bern will den Einkaufstourismus eindämmen. Ab 1. Januar sollen Schweizer Kunden schon ab 150 Euro ihre in Deutschland getätigten Einkäufe versteuern. Der Einzelhandel in Südbaden reagiert gelassen auf die Ankündigung.  

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Ab 1. Januar dürfen nur noch Waren im Wert von 150 Franken (circa 160 Euro) steuerfrei eingeführt werden. Foto: Felix Kästle (dpa) 

Schweizer Einkaufstouristen sollen ab 1. Januar verstärkt zu Kasse gebeten werden. Ab dann dürfen nur noch Waren im Wert von 150 Franken (circa 160 Euro) steuerfrei eingeführt werden. Bislang liegt die Obergrenze bei 300 Franken. Das Finanzdepartement in Bern hat sich dem Druck des Schweizer Einzelhandels gebeugt und vor gut einer Woche diese Entscheidung getroffen. Ziel sei es, den Einkaufstourismus einzudämmen und die Steuergerechtigkeit zu verbessern. Denn weil fast alle Waren in Deutschland preiswerter als in der Schweiz sind, kaufen die Eidgenossen gerne grenznah in Deutschland ein – und können sich ab einem Einkauf von 50 Euro sogar die in Deutschland gezahlte Mehrwertsteuer wieder erstatten lassen.

Der deutsche Einzelhandel im Grenzgebiet profitiert davon. Laut Handelsverband Südbaden machten im Jahr 2021 Schweizer Kunden und Kundinnen etwa 50 Prozent oder 2,5 Milliarden Euro Umsatz in der Region aus. Die Reaktion des Handelsverbandes fällt dementsprechend aus: "Wir bedauern, dass die Schweiz jetzt so entschieden hat, da es dem deutschen Einzelhandel wegen verschiedener bekannter Faktoren seit Jahren nicht gut geht." Doch von Panikstimmung keine Spur. "Wir denken, dass ein Großteil der Schweizer Kundinnen und Kunden ihre Gewohnheiten nicht oder nur marginal ändern wird. Das in Deutschland niedrigere Preisniveau sowie die höhere Kaufkraft der Schweizerinnen und Schweizer sorgt weiterhin dafür, dass sich ein Einkauf in Deutschland lohnt", teilt der Verband mit.

Die Aufregung hält sich in Grenzen

"Beauty und Mode", nennt Enrico Wallborn, Geschäftsführer von Galeria in Lörrach, die Abteilungen seines Hauses, die Schweizer bevorzugt ansteuern. Auch Autohändler, Drogerien, Friseure und die Gastronomie profitieren von Schweizer Einkäufern – auch wegen des deutlich niedrigeren Preisniveaus auf der deutschen Seite. Nach Schätzungen der Industrie und Handelskammer (IHK) Hochrhein-Bodensee beträgt der Anteil an Schweizer Kunden je nach Geschäft und Branche in den grenznahen Städten und Gemeinden 30 bis 50 Prozent, in einzelnen Geschäften liegt er sogar noch höher.

Aufmerksam wird seit jeher auf deutscher Seite jede Veränderung der Regeln registriert, die Einkäufer aus Basel, Aarau oder auch der Innerschweiz womöglich in ihrer Lust am Shoppen jenseits der Grenze beeinträchtigen könnte. Das war schon bei der Einführung der Bagatellgrenze von 50 Euro der Fall und sehr stark spürbar bei den Grenzschließungen während der Corona-Pandemie. Im aktuellen Fall indes hält sich die Aufregung in Grenzen.

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Laut Handelsverband Südbaden machten im Jahr 2021 Schweizer Kunden und Kundinnen etwa 50 Prozent oder 2,5 Milliarden Euro Umsatz in der Region aus. Foto: Manuel Geisser (Imago)

Denn ändern wird sich nichts bis wenig. Das meinen zum einen die Kundinnen und Kunden aus der Schweiz. Eine Umfrage der Badischen Zeitung im und vor dem Rhein Center im Weiler Ortsteil Friedlingen – das laut eigenen Angaben jährlich 6,5 Millionen Besucher zählt, 70 Prozent davon Schweizer – hat ergeben, dass niemand sein Kaufverhalten zu ändern gedenkt. Allenfalls bei Großeinkäufen würde man nun einen Angehörigen mitnehmen, um die Einkäufe aufzuteilen, heißt es. Oder zur Not eben einmal öfter einkaufen gehen, um unter der Grenze von 150 Euro zu bleiben.

Die sogenannte Wertfreigrenze gilt pro Person. Wer also zu dritt über die Grenze fährt, kann Waren im Wert von 450 Euro zollfrei einführen. Schweizer Medien geben bereits diesen und andere Tipps, wie die neuen Zollregeln umgangen werden können . Die neue Regelung könnte für das Finanzdepartement in Bern somit sogar zum Bumerang werden – wenn dadurch die Zahl der Schweizer Kundinnen und Kunden steigt.

Auch die IHK Hochrhein-Bodensee sieht die Entwicklung entspannt. "Die Initiative kommt für uns nicht überraschend. Sie bereitet uns keine Freude, stellt jedoch auch keine Bedrohung dar. Dennoch wird es in Einzelfällen negative Auswirkungen geben", teilt Hauptgeschäftsführerin Katrin Klodt-Bußmann mit. Unabhängig zur Mehrwertsteuer sei für die Schweizer Einkaufstouristen in erster Linie das niedrigere Preisniveau der Grund, warum sie in Deutschland einkaufen. Die Absenkung der Freigrenze sei eher ein symbolischer Akt. Alev Kahraman, die seit fünf Jahren das Rhein Center leitet, sagt über die neue Regelung: "Sicher, das ist eine Einschränkung. Aber ich bin eigentlich recht gelassen."

Beim Schweizer Zoll über man sich derweil auch in Gelassenheit

Pro-Lörrach-Sprecherin Marion Ziegler-Jung sagt, man dürfe diese steuerliche Neuregelung auch nicht überschätzen. "Es gibt viele Gründe für Schweizer, nach Lörrach zu kommen", so das Vorstandsmitglied des Lörracher Gewerbevereins. Die aus Schweizer Sicht niedrigeren Preise seien da nur ein Faktor. Gemeinsam wollten die Einzelhändler vor Ort daran arbeiten, dass den Schweizer Kunden jetzt, da der eidgenössische Zoll kräftiger mitverdienen möchte, "ihr Einkaufserlebnis erhalten" bleibt. Dazu gehöre, den eidgenössischen Kunden die neuen Spielregeln transparent zu machen, um zu vermeiden, dass sie an der Grenze Schwierigkeiten bekommen. Ziegler-Jung hofft zugleich, dass die Schweizer Zollbehörden ihre Zollabwicklung "gut hinbekommen", damit sich die Auswirkung auf die Kauflaune in Grenzen hält: "Die Kunden dürfen da nicht in irgendwas hineinrasseln."

Beim Schweizer Zoll über man sich derweil auch in Gelassenheit. Es seien weder eine Intensivierung der Kontrollen noch ein Aufstocken der Stellen geplant, heißt es auf Nachfrage. Man hoffe, dass sich die 2021 eingeführte App QuickZoll, bei der die Einkäufer selbst die eingeführten Waren versteuern, weiter etabliere. Gab es 2021 noch knapp 32.000 Anmeldungen durch Reisende, waren es 2023 bereits 68.675, was zu einem Umsatz von rund 6,5 Millionen Euro führte. Über den Umfang des Schmuggels gibt es keinerlei Zahlen.

Ressort: Wirtschaft

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