Referendum
Schotten und Iren wollen über "harten Brexit" abstimmen
In Schottland und Irland sorgen die Pläne der britischen Regierung für einen "harten Brexit" für Unruhe. Dublin wehrt sich gegen eine "harte Grenze" quer durch die Grüne Insel.
Do, 19. Jan 2017, 0:00 Uhr
Ausland
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Die schottische Regierungschefin Nicola Sturgeon hält in dieser Situation eine erneute Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Schottlands für "so gut wie unvermeidlich". In Edinburgh wird bereits über einen Abstimmungstermin im Frühjahr 2018 spekuliert. Sturgeon, die die Schottische Nationalpartei (SNP) führt, hatte seit dem EU-Referendum stets erklärt, dass das klare Mehrheitsvotum der Schotten bei kommenden Verhandlungen Londons mit der EU berücksichtigt werden müsse. Die Minimalforderung Schottlands war der Verbleib Großbritanniens – oder wenigstens Schottlands – im gemeinsamen Zoll- und Wirtschaftsbereich der EU. Im Gegenzug wollte Sturgeon das Verlangen der SNP nach schottischer Unabhängigkeit "hintan" stellen.
Mays Entscheidung für einen "harten Brexit" habe nun neue Tatsachen geschaffen. Die angestrebte radikale Abkoppelung von Europa sei "gegen Schottlands nationale Interessen", erklärte Sturgeon. Ein "harter Brexit" sei wirtschaftlich "eine Katastrophe". Darüber hinaus stelle sich die Frage, was für ein Land Großbritannien sein wolle. Falls es zum Billiglohn- und Niedrigsteuer-Land werde, das zentrale europäische Werte preisgebe, wolle Schottland damit nichts zu tun haben. Dann müssten die Schotten "die Chance haben, zwischen so etwas und einer anderen Art von Zukunft zu wählen".
Bisher zögert Sturgeon noch mit dem zweiten Unabhängigkeits-Referendum. Jüngsten Umfragen zufolge fände eine schottische Abspaltung kaum eine Mehrheit. In Edinburgh geht man davon aus, dass der Unabhängigkeitswunsch stärker wird, je deutlicher sich negative Folgen eines "harten Brexit" für die schottische Bevölkerung zeigen. 2014 hatten 45 Prozent der Schotten für nationale Eigenständigkeit und 55 Prozent für den Verbleib im Vereinigten Königreich gestimmt.
Die Aussicht auf einen britischen Ausstieg aus der Zollunion mit der EU haben im Norden und Süden Irlands derweil große Angst ausgelöst. Die nordirischen Sozialdemokraten befürchten, dass Mays Pläne "nirgendwo mehr Schaden anrichten werden" als in Nordirland. Die Republikaner-Partei Sinn Fein sieht schon "eine harte Grenze" quer durch Irland, mit Zöllnern, Zollschranken und Polizei-Patrouillen. Mays Versicherung, London wolle "keine Rückkehr zu den Grenzen der Vergangenheit", sei "wertlos", sagte Nordirlands bisheriger Vize-Regierungschef, der Sinn-Fein-Politiker Martin McGuinness.
Dieser Meinung sind offenbar auch viele Politiker in der Irischen Republik, die bisher alles daran gesetzt haben, eine "neue Teilung Irlands" zu vermeiden. Das Außenministerium in Dublin erklärte nach Mays Rede, man sei sich "der potenziellen Risiken äußerst bewusst". Allerdings hoffe man, dass May – wie sie gelobt habe – die traditionelle Freizügigkeit zwischen Großbritannien und Irland, die sogenannte "Geimeinsame Reisezone", bewahren wolle.
Wirklich? Irischen Zeitungsberichten zufolge ist diese Hoffnung "eine Illusion" und "unrealistisch". Selbst Regierungschef Enda Kenny, heißt es, sei der Ansicht, dass andere EU-Regierungen auf einer "harten" und mit Zöllnern bemannten Grenze bestehen werden. Auch die Irisch-Britische Handelskammer hat nach Mays Brexit-Plänen Alarm geschlagen. Der irische Industriellenverband spricht sogar von einem "aggressiven Brexit-Kurs" Londons, der "den britisch-irischen Beziehungen Schaden zufügen" werde. In Nordirland selbst, wo gerade die Regierung zurückgetreten ist und Republikaner und Unionisten sich in einem bitteren Streit verheddert haben, besteht außerdem die Sorge, dass die neue Entwicklung den Frieden gefährden könnte.
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