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Rickenbach steht ganz im Zeichen des fairen Handels

  • Sa, 28. September 2024
    Rickenbach

     

Basu Dev Tiwari kommt aus Nepal, lebt aber seit 20 Jahren in Deutschland und vertreibt Textilwaren aus seiner Heimat. Beim "Abend des Fairen Handels" in Rickenbach erklärte er, wie es funktioniert, Waren fair herzustellen.

Elche als gefilzte Eierwärmer: Sie sind neben Topfuntersetzern aus Filzkugeln ein Beispiel für die Vielfalt nepalischer Handwerkskunst. Foto: Ralph Fautz
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Fair Trade ist in aller Munde. Beim "Abend des Fairen Handels" in Rickenbach in der Naturparkschule wurde gezeigt, was sich hinter diesem schillernden Begriff verbirgt und wie er umgesetzt wird. Die Hotzenwaldgemeinde hatte den Abend zusammen mit den Weltläden in Murg und Wehr organisiert und als Festredner den Nepalesen Basu Dev Tiwari eingeladen. Er ist das Bindeglied zu den Arbeitskräften in seinem Heimatland.

Lieb und lächelnd schauen die gefilzten Elche oder Pinguine drein, die am Donnerstagabend auf dem Tisch stehen. Kaufen kann man zumindest die Pinguine nicht, sie sind quasi Prototypen. Sie, die Elche und die bunten Topfuntersetzer aus Filzkugeln sind nicht nur optische Hingucker, sondern auch unter menschenwürdigen Bedingungen entstanden. Vom Himalaya fanden sie ihren Weg in den Hotzenwald.

Dieser Weg führte über Basu Dev Tiwari. Der gebürtige Nepalese lebt seit mehr als 20 Jahren in Deutschland und wollte ursprünglich zum Maschinenbaustudium kommen. In Freiburg blieb er hängen und entwickelte mit der Zeit ein Fair-Trade-Business. "Nepalaya" heißt es. Das Wort ist eine Wortmischung aus "Nepal", dem Land des Filzes, und "Himalaya", dem höchsten Gebirge der Welt.

Basu Dev Tiwari präsentierte eindrückliche Bilder und Videos, die zeigten, wie erwachsene Menschen in Nepal etwa Filzblumen herstellen. Sie sind kranken- und sozialversichert, gehören unterschiedlichen Konfessionen an und arbeiten zusammen. Nebenbei erklärt der Nepalese, dass sein Heimatland ein Vielvölkerstaat mit mehr als hundert Glaubensrichtungen sei. Auch dort gebe es Kasten und so genannte "Unberührbare". Diese Grenzen würden überwunden, den Menschen Arbeit gegeben. Die Herstellung von Filz aus Wolle und Filzarbeiten, so erfuhren die rund 40 Gäste, hätte in Nepal eine Tradition, die – nach europäischen Maßstäben – bis ins Mittelalter zurückreiche.

Blüten treibt die Bürokratie in Nepal. Sie trage nicht dazu bei, Probleme zu lösen, so Basu Dev Tiwari. So sei es vom Gesetz her gut gemeint, wenn man erst mit 18 Jahren arbeiten dürfe, was aber, wenn junge Menschen schon mit 16 die Schule beendet hätten – so wie er damals? Nepal leide unter einer enormen Abwanderung junger Menschen und brauche dringend Arbeits- und Weiterbildungsmöglichkeiten.

Fair Trade, das machte dieser Abend deutlich, ist ein komplexes Zusammenspiel aus Gütern, die umweltverträglich und unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt werden. Es braucht umfangreiche Maßnahmen vor Ort, die regelmäßig überprüft und verbessert werden. Dies ist durch den persönlichen Kontakt Tiwaris gewährleistet. Während in westlichen Gesellschaften Re- und Upcycling Trends sind, sind sie in Nepal seit jeher Teil des Wirtschaftens und finden – etwa in wiederverwerteten Reissäcken – Eingang in die Fair-Trade-Produkte.

Rickenbach hat im vergangenen Jahr einstimmig beschlossen, Fair-Trade-Gemeinde zu werden. Bürgermeister Dietmar Zäpernick freut sich, dass seine Gemeinde nicht nur Fair-Trade-Kaffee ausschenkt, sondern auf dem Weg zum Titel auch ein Restaurant gefunden hat, welches gerecht erzeugte und gehandelte Nahrungsmittel verarbeitet. Zu Details möchte er sich noch bis zur Zertifizierung im kommenden Jahr zurückhalten. Er sieht es als "ein wichtiges Signal nach außen". Das Format "Abend des Fairen Handels" wurde 2014 von den Weltläden in Wehr und Murg ins Leben gerufen. Dabei soll die Gelegenheit zum Austausch und zur Begegnung zwischen Produzenten, Händlern und Endkunden von Fairhandelsprodukten geschaffen werden.

Ressort: Rickenbach

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