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Richtig schwierig: Normalität so spielen, dass sie natürlich wirkt

Die Theater AG des Berthold-Gymnasiums zeigt demnächst ein anspruchsvolles Stück über Gott, die Welt und den Antisemitismus: "Die Goldberg-Variationen".  

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Bittersüß ist die Frucht der Erkenntnis, das wissen wir aus der Bibel. Die Theater AG des Berthold-Gymnasiums wagt sich derzeit an ein schwieriges Theaterstück mit ähnlicher Essenz: "Die Goldberg-Variationen" von George Tabori.

Nur spärliches Licht lässt den Blick auf die - auf den Knien rutschende - Putzfrau Mrs. Mopp zu, die die leere Bühne putzt. George Taboris "Goldberg-Variationen" beginnen wie ein normaler Probentag im Theater eben beginnt. Unspektakulär. Nur der Schauspieler Goldberg gibt sich zufrieden: "Eine leere Bühne ist eine Stätte der Schönheit." Auf der ist so früh am Morgen auch noch nichts schief gegangen. Aber sobald Mr. Jay die Bühne betritt, beginnen die Probleme. Mr. Jay ist nicht nur Regisseur, sondern zugleich auch Gottvater. In dem Stück, das er hier auf die Beine stellt, soll die Bibelgeschichte erzählt werden. Allerdings verschwimmt die Grenze zwischen dargestellter und tatsächlicher Wirklichkeit zusehends. Goldberg muss als Jesus am Kreuz hängen und wird im gesamten Stück als Exempel für die lange Leidensgeschichte des Judentums herhalten. Mr. Jay ist als Regisseur ebenso wie als Gott derjenige, der die Fäden in den Händen hält und sie unbarmherzig und manchmal geradezu jähzornig lenkt.

So werden die Goldberg-Variationen zu einer verbitterten Religionskritik, deren Ausgang eine illusionslose Interpretation der Biografie Christi ist. Ein wirkliches Ende können die Goldberg-Variationen nicht beinhalten. Sie geben vielmehr einen Anstoß, die gesamte Geschichte der Menschheit zu hinterfragen - insbesondere aber auch die deutsche Geschichte, die so eng an die Glaubensgrundsätze der christlichen Religion gebunden ist.

"So werden die Goldberg- Variationen zu einer verbitterten Religionskritik."

Schwierig an Taboris provokativem Stück ist das Selbstverständliche, das Normale. Wie spielt man diese Normalität, mit der Tabori seine Figuren auftreten lässt? Schließlich ist es genau diese Normalität, die dazu führt, dass das Stück kein Stück bleibt, das seine Grenze am Rand der Bühne findet. Und nur, wenn das gelingt, kann seine inhaltlichen Aussagekraft auf die stets missverstandene Geschichte des Lebens projiziert werden. Die jugendlichen Akteure des Berthold-Gymnasiums unter Leitung ihres Regisseurs Johannes Rietmann versuchen diese schwierige Aufgabe zu lösen. "Auch gespielte Normalität muss für den Zuschauer natürlich wirken, das ist das Schwierige", stellt einer der jungen Schauspieler fest. Zusammen mit zwei seiner Schulkameraden sind sie für die Rolle der "drei Schauspieler", Raamah, Masch und Japhet vorgesehen. Deren Rollen sind irgendwie symbolisch für das Stück: ständig alternierend zwischen Darsteller und genervtem Ich.

Der wohl wichtigste Themenschwerpunkt ist die Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus, der die Menschen bis heute immer verfolgt - man denke an den unbegreiflichen Holocaust - und mit den Abgründen ihres Wesens konfrontiert. So bekennt sich in den "Goldberg-Variationen" der Regisseur (als "Gott"!) offen zum Judenhass - und muss später Goldbergs eintätowierte Nummer entdecken. Da wird klar, dass das Stück auf verschiedenen Ebenen spielt und die Figuren als Dreh- und Angelpunkte wirken. Aufgrund des hohen Anspruchs, den das Stück auch ans Publikum stellt, empfiehlt es die Theatergruppe für Zuschauer ab 16 Jahren - das kommt auch dem nicht ganz jugendfreien Text entgegen.

Raphael Mühlhölzer

Goldberg-Variationen in der Sporthalle des Berthold-Gymnasiums in Freiburg, Hirzbergstraße 12: vom 26. bis zum 29. Februar, jeweils um 20 Uhr.

Ressort: Zisch

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