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Recherche für die Zukunft: mit Google den stillen Gönner finden

Für die Bewerbung bei der Journalistenschule heißt es blitzartig die Unterlagen zusammenstellen - und eine gute Reportage schreiben. Der Rest ist Warten.  

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Jetzt sind sie da - und jetzt muss alles ganz schnell gehen. Ich starre auf die Bewerbungsunterlagen und fühle mich wie ein gehetztes Tier: Knapp zwei Wochen gibt mir die Berliner Journalisten-Schule, um meine Bewerbung vollständig, fehlerfrei und überzeugend einzusenden. Inklusive einer Reportage über eines der fünf zur Auswahl stehenden Themen. Und was für Themen! Nummer eins: "Wie ein EU-Gesetz einem EU-Bürger hilft oder schadet". Ein Interview mit einem Bauern kommt mir da in den Sinn, wie er auf unsinnige Verordnungen "von oben" schimpft. Bei diesem Geistesblitz bleibt es dann aber auch. Ich verwerfe das Thema.

Genauso wie: "Der Traum vom Gold in Peking - Wie der deutsche Sport Olympia-Talente findet und fördert". Von Sport habe ich keine Ahnung. Zwei wertvolle Tage lang bin ich hin- und hergerissen und entscheide mich schließlich für: "Tue Gutes und sprich nicht drüber - ein Porträt eines stillen Gönners". Weshalb? Das weiß ich auch nicht so genau, aber ich kann nicht länger warten. Die Recherche beginnt ziellos.

Von virtuosem Einfallsreichtum beseelt gebe ich bei Google den Begriff "stiller Gönner" ein und werde mit vier nichts sagenden Treffern belohnt. Die mentale Suche scheint mehr zu fruchten. Wie ein Raubtier umkreise ich das Thema. Grüble wie Rodins "Denker" und zweifle wie Hamlet im Doppelpack. Dann komme ich schließlich darauf, wo ich so jemanden aufspüren könnte.

Und ich finde meinen "stillen Gönner". Die Anrufe bei allen Stiftungen, die Freiburg zu bieten hat, haben sich ausgezahlt. Ich habe eine gute Geschichte. Aber die Zeit läuft. Noch fünf Tage, bis ich im Postamt stehen muss. Aber ich habe eine Geschichte und zwei auskunfts-und hilfsbereite Interviewpartner.

Ungefähr 400 Leidensgenossen mit demselben Magendrücken

Donnerstagmorgen beginne ich auszuwerten. Ich laufe mit der Zeit um die Wette und zwar auf der Zielgeraden. Mein Lebenslauf, in handgeschriebener und tabellarischer Form, ist fertig, das Passbild gemacht, der Rechercheweg formuliert. Ich schreibe bis Mitternacht an meinem Text und nur die vertraute Freude daran leistet mir Gesellschaft.

Aber die Reportage verlangt auch den Freitag. Gut getarnte Fehler verstecken sich widerspenstig in meiner Arbeit, holprige Formulierungen und inhaltliche Unklarheiten nerven mich. Und dann die Horrorvorstellungen von verloren gegangenen braunen Umschlägen und unvollständigen Unterlagen auf dem Weg zum Postamt. Später kann ich nichts mehr beeinflussen. Das große Zweifeln ist zu Ende, das lange Warten beginnt. Das lange Warten kaut Nägel. Ob sich der Aufwand gelohnt hat, wird sich Anfang November zeigen. Wenn alles gut geht, steht dann der Eignungstest in Berlin an, eine noch viel größere Hürde, die zu überwinden wäre. Aber fast jeder, der in den Journalismus will, bewirbt sich an einer Journalistenschule. Das, so heißt es, sei der so genannte Königsweg. Absolventen anderer Schulen geben nur vage Auskunft und mäßig Hoffnung: "Man kann es schaffen" oder "Man muss nur so gut wie die anderen sein". Die anderen, das sind ungefähr 400 Leidensgenossen, denen dieselben Erwartungen Magendrücken verursachen. Und doch kämpft jeder für sich allein. Niemand kann wirklich sicher sein, eingeladen zu werden, denn die Konkurrenz ist nicht einschätzbar. Bis zur Benachrichtigung bleibt nichts zu tun. Außer Warten.

Antonia Kurz

Ressort: Zisch

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