Friedrich-Gymnasium
Smartphone gehört an Freiburger Schule zum Unterricht
Im Physikunterricht am Freiburger Friedrich-Gymnasium schauen die Schüler nicht mehr nur heimlich auf Handy und Tablet. Das Smartphone wird dort Teil des Unterrichts.
dpa
Fr, 28. Okt 2016, 8:16 Uhr
Computer & Medien
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Der Physikunterricht am Freiburger Friedrich-Gymnasium hat sich radikal gewandelt: "Hefte raus", hieß es früher. Heute werden auf Geheiß des Lehrers Smartphones und Tablets gezückt. Mit ihnen versuchen sich Schüler an physikalischen Experimenten. So filmten sie mit dem Smartphone und einer Wurfmaschine den Flug von Schokoküssen und analysierten in einer App mathematisch die Flugkurve. Sie bestimmten auf einem Hometrainer über verschiedene Messverfahren mit dem Smartphone den menschlichen Puls. Und sie fingen per Handy-Video die Fahrgeräusche eines Autos ein und berechneten die Fahrgeschwindigkeit.
"Es ist der Versuch, den Unterricht auf die Höhe der Zeit und näher an die Lebenswirklichkeit der Schüler zu bringen", sagt Patrick Bronner. Der 38-Jährige ist Physiklehrer an dem humanistischen Gymnasium. Gemeinsam mit Kollegen hat er das Projekt "Smartphones und Tablets im Unterricht?" entwickelt. "Die Schüler erforschen eigenständig, welche Experimente mit dem Smartphone möglich sind – ergebnisoffen. Es ist für uns alle Neuland", sagt Bronner. "Die Schüler zeigen, wie es geht." Der Vorteil: Die Schüler sind motiviert, weil sie sich mit dem Smartphone auskennen. Dadurch sind sie bereit, sich auch dem Unterrichtsstoff zu widmen. Davon profitiere die Schule.
"Ich habe die Erfahrung gemacht, die vermutlich alle Lehrer machen", sagt Bronner. Während des Unterrichts greifen Schüler zum Handy: Ein Facebook-Check unter der Bank, schnell noch eine SMS und in WhatsApp wird während der Klassenarbeit über die richtige Lösung diskutiert. Auf die Pausen, so wie es sein sollte, blieb das Handy nicht beschränkt. "Wir wollten deshalb schauen, ob das Smartphone auch sinnvoll im Sinne des Unterrichts verwendet werden kann." Das hat funktioniert. Das mobile Telefon sei eine sinnvolle Ergänzung, zumindest im Physikunterricht. Mit seinen zahlreichen fest eingebauten Sensoren und Funktionen sei es hierfür gut geeignet.
Doch einfach ist die Umstellung auf modernen Unterricht nicht, berichtet Schulleiter Stefan Gönnheimer. Zunächst musste die Schulordnung geändert werden. Denn die hatte das Handy im Unterricht verboten. Zudem gab es Vorbehalte. "Mit Eltern gab es Debatten zur sozialen Gerechtigkeit, da die Schüler eigene Smartphones für den Unterricht benötigen", sagt Bronner. Die Frage war, ob Schüler ausgegrenzt werden, die gar kein oder kein modernes Handy haben.
Doch es gab diese Probleme nicht, sagt Bronner: "Es ist in der Tat so, dass praktisch alle Jugendlichen über ein eigenes Internethandy verfügen." Dies hat auch eine Untersuchung des Branchenverbandes Bitkom ergeben. Schon für die Zwölf- bis Dreizehnjährigen gehöre ein Smartphone zur Standardausstattung, sagt ein Sprecher des Verbandes. Der Verbreitungsgrad in dieser Altersgruppe liege bei 84 Prozent. Fast alle nehmen das Handy auch in die Schule mit.
Umstellen müssten sich die Lehrer, erzählt Bronner: "Nahezu jeder Schüler ist auf dem Gebiet der Smartphone-Nutzung eine Art Experte und den meisten Lehrern – mich eingeschlossen – hoffnungslos überlegen." Die Lehrkräfte müssten bereit sein, von Schülern und Schülerinnen zu lernen.
Wissenschaftlich begleitet wird das Projekt von der Pädagogischen Hochschule (PH) Freiburg. Das Friedrich-Gymnasium dient als Lehrbeispiel, wie Schulunterricht im Handy-Zeitalter modernisiert werden kann, heißt es. Lernen davon will auch Baden-Württembergs Kultusministerin Susanne Eisenmann. "Die Digitalisierung ist derzeit eines der zentralen Themen in der Bildung", sagt sie. Freiburg gehe "ohne Scheuklappen" vor und sei damit ein Vorbild.
Kommentare
Liebe Leserinnen und Leser,
leider können Artikel, die älter als sechs Monate sind, nicht mehr kommentiert werden.
Die Kommentarfunktion dieses Artikels ist geschlossen.
Viele Grüße von Ihrer BZ