Nachgefragt

Ottmar Hitzfeld beim Schüler-Talk "Nachgefragt" in Freiburg

Bei der Talk-Show im Freiburger Rotteck-Gymnasium hat sich Fußball- und Trainerlegende Ottmar Hitzfeld gut geschlagen. Auch einen Mittelfinger vom Spielfeldrand konnte er einleuchtend erklären.  

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Unterhaltsames vom großen Fußballtrainer: Die Moderatoren Yara Rieper und Constantin Peter (rechts) mit Ottmar Hitzfeld Foto: Ingo schneider
Priester also hätte er werden sollen. Es war der Wunsch von Mutter Helvetia gewesen, weshalb Ottmar Hitzfeld in seiner Jugend auch irgendwann in ein Internat in St. Gallen einrücken musste. Freilich nur vorübergehend. Längst war der am 12. Januar 1949 in Lörrach geborene Jüngling dem Fußball verfallen. Wie seine älteren Brüder samt dem Vater. Der Ball war sein Leben, nicht die Soutane. Als Stürmer auf dem Spielfeld, später nebendran auf der Trainerbank, sollte es Hitzfeld zu sportlichem Ruhm und großer Popularität bringen.

Am Montagabend saß Hitzfeld nun im proppenvollen Foyer des Rotteck-Gymnasiums, der von den Medien "General" oder wahlweise "Gentleman" genannte Lörracher war Gast bei "Nachgefragt", der längst über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Schülertalkshow der Kursstufe 2 der zwölften Klassen. Wie er da saß und plauderte, akkurat das graue Haupthaar und im perfekt sitzenden dunkelblauen Anzug, seine Mutter hätte sicherlich ihre Freude an ihrem Jüngsten gehabt. Auch wenn er heute kein Kollar trägt, den weißen, ringförmigen Stehkragen der Priester.

Persönliche Ansprachen an die Spieler

Hitzfelds Vita als Spieler und Trainer ist beeindruckend. Beim FC Basel war er aktiv, wobei der zuvor beim FV Lörrach kickende Hitzfeld dem damaligen Basler Trainer Helmut Benthaus seine Dienste per Telefon höchstpersönlich antrug; "ich hab’ ihn im Telefonbuch gefunden". Dem VfB Stuttgart hat er mit seinen Toren 1977 zum Wiederaufstieg in die Bundesliga verholfen, der FC Lugano und der FC Luzern waren weitere Stationen als Aktiver, zu deren Zeit er 1972 auch in der deutschen Olympiaauswahl bei den Spielen in München stand.

Als Trainer indes wurde Hitzfeld dann zur ganz großen Nummer. Nach Stationen beim SC Zug und dem FC Aarau ging’s zum Grasshopper Club Zürich, dem er fünf nationale Titel bescherte. Anschließend, mit Borussia Dortmund, gewann er zwei Meistertitel, die Champions League dazu. Sein Umzug nach München trug dem FC Bayern gleich vier Meistertitel ein, zwei Pokalsiege, ebenfalls der Sieg in der Champions League. Erfolgreicher war damals kein Trainer, weshalb 1997 sogar Real Madrid um Hitzfeld buhlte. Er sagte ab. "Bis ich Spanisch kann, bin ich bei denen entlassen", habe er damals gedacht. Weil: "Die persönliche Ansprache an die Spieler ist wichtig, da kann ich keinen Dolmetscher gebrauchen."

Im Rotteck wurde aber auch deutlich, dass der Trainerjob nicht nur ein schillernder ist. Hitzfeld kennt auch die Kehrseite. Nicht den sportlichen Misserfolg, sondern körperliche Ausgebranntheit, geistige Leere; "Schwäche darf man in diesem Job keine zeigen". Weshalb er, nach der Weltmeisterschaft in Brasilien seinen Job auch an den Nagel gehängt hat. Nach dem Aus als Nationaltrainer der Schweiz im Achtelfinale gegen Argentinien (0:1). "Musste das sein?", fragte er die beiden unerschrockenen Moderatoren des Abends, Yara Rieper und Constantin Peter, als diese ihm noch einmal die Bilder der letzten Minuten dieses dramatischen Spiels vor Augen führten. Hitzfeld ist sich noch heute sicher: "Wir hatten das Zeug, um Argentinien zu besiegen."

Christian Streich, ein ausgezeichneter Kollege

Es ist ein äußerst unterhaltsamer Abend mit dem Trainer i. R., der heute viel golft (Handicap 16,5) und der früher auch "ein passabler Zocker" gewesen ist. Schokolade beziehungsweise Pralinen liebt er über alles, der ihm zum Probieren gereichte "Steinbeißer Alpenschnaps" schien ihm dagegen nicht so zu schmecken. Dafür freute er sich über eine Flasche "guten Weins", wie die Gastgeber sagten, von Fritz Keller. Den Gastronomen, Winzer und Präsidenten des SC Freiburg kenne er "leider noch nicht", sagte Hitzfeld, der aber dem Sportclub um so kräftiger die Daumen drückt – was ihm viel Beifall einbrachte. Ebenso wie die Bemerkung, dass er den SC-Coach Christian Streich für einen ausgezeichneten Kollegen hält.

Hitzfeld offenbarte auch eine gehörige Portion Witz und Schlagfertigkeit. Als die Themen Respekt, Ethik und Moral an der Reihe waren, seine Rolle als Vorbild, wurde ein Foto eingespielt, das ihn erregt am Spielfeldrand zeigt, mit erhobenem Mittelfinger. Wie das mit seiner Vorbildfunktion in Einklang zu bringen sei, wollten die Schüler wissen. Hitzfeld geriet nicht ins Lavieren. Der Schiedsrichter habe in diesem Spiel viele Fehler gemacht, sagte er und befand: "Das war ein Idiot. Ich hätte viel früher so reagieren sollen."

Hitzfeld, der auch studierter Mathematiklehrer ist, blickt zufrieden auf seine Karriere zurück. "Ich habe viel erreicht und eine schöne Zeit gehabt. Vor allem aber war ich nie arbeitslos." Für Hitzfeld ist das ein Wert an sich.

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