Account/Login

Nur Hoffnung und langes Warten

Leben auf 4,5 Quadratmetern, mit knapp bemessenen Essensgutscheinen ausgestattet: Begegnung mit einem Flüchtling.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen

Er lächelt. Scheint zufrieden. Beim Einkaufen, zweimal in der Woche nimmt er einen Zettel und einen Stift mit. Er rechnet mit, um die 16,50 Euro nicht zu überschreiten. Satt wird man von dem gerade so. Schokolade oder Chips sind nicht drin. Aber er scheint zufrieden. "Besser als in Togo", sagt er schlicht, "ist es in Deutschland." Kojto Mjuhammi* ist Flüchtling. Seit acht Monaten lebt er im Freiburger Flüchtlingsheim in der Bissierstraße.

Momentan sind in diesem Flüchtlingswohnheim 168 Menschen aus 25 verschiedenen Nationalitäten untergebracht. Kojto Mjuhammi kam vor acht Monaten alleine nach Deutschland. Seine beiden Kinder im Alter von zwei und drei Jahren musste er in Togo zurücklassen. Sie waren zu klein, um sie auf eine ungewisse und beschwerliche Flucht mitzunehmen. Auch seine Ehefrau und seine Mutter ließ er in Togo zurück. Kojto Mjuhammi ist politischer Flüchtling. Er ist aus der Diktatur seines Heimatlandes geflohen.

Warum? Soldaten hatten den 29-jährigen an seiner Arbeitsstelle - Kojto Mjuhammi war Zollbeamter - überrascht. Sie waren nach der Arbeit bei ihm aufgetaucht. Sie schlugen ihn. Und sie drohten ihm an wiederzukommen. Gab es dafür einen Grund? "Ich weiß es nicht", sagt Kojto Mjuhammi, "ich habe mich vielleicht einmal gegen die Regierung geäußert." Nach diesem Vorfall beschloss er zu einem Freund ins Nachbarland Ghana zu fliehen. Bei ihm fand er für kurze Zeit Unterschlupf, dann vermittelte der Freund ihm einen "Schlepper". Das sind Menschen, die Flüchtlinge illegal und gegen gutes Geld aus ihrem Heimatland über eine europäische Grenze schaffen.

Seinem Schlepper gab Kojto Mjuhammi seine letzten 600 Euro. Der Schlepper sprach nur Englisch. Kojto Mjuhammi spricht Französisch. Als er in Frankfurt am Flughafen landete, wusste er nicht einmal, dass er in Deutschland angekommen war. Er verstand nichts. Ein großes Sammellager für Einreisende "solcher Art" ist in Karlsruhe. Hier erst erfuhr Kojto Muhammi, dass er sich in Deutschland befand.

In diesen großen zentralen Sammellagern für Flüchtlinge findet eine Verteilung auf die Flüchtlingsheime verschiedener Städte und Gemeinden statt. Kojto Mjuhammi kam von Karlsruhe aus nach Freiburg. Alleine. Ohne Freunde. Ohne Familie. Ohne Geld. Nun wartet er darauf, dass über seinen Asylantrag entschieden wird. Das kann bis zu sieben Jahre dauern. "Es ist sehr schwer, aber ich werde warten", erklärt Kojto Mjuhammi, "und ich bin optimistisch, dass ich den Antrag bewilligt bekomme." Er lächelt.

"Es ist sehr schwer, aber ich werde warten." Kojto Mjuhammi, Flüchtling

Die Zeit überbrückt er mit einem Deutschkurs. Sonst gibt es nichts zu tun, arbeiten darf Kojto Mjuhammi nicht. Einige Freunde hat er in der Kirche gefunden. Und im Deutschunterricht. Freunde fand er auch im Wohnheim. Zwei seiner Zimmermitbewohner sind auch aus Togo. Ein anderer ist aus Kamerun. Auch sie sind politisch Verfolgte. Vier Mann in einem Raum. Jeder mit seiner Geschichte. Und jeweils 4,5 Quadratmeter "Wohnfläche". Kojto Mjuhammi schläft in einem Stockbett. Er sagt: "Ich fühle mich hier frei - freier als in Togo." Er lächelt. Und er wird warten. Um den Asylantrag bewilligt zu bekommen, benötigt er einen Anwalt. Den bezahlt er von den 40 Euro im Monat, die ihm bar zustehen. Ohne Anwalt hätte er keine Chance. Wie lange er warten muss, weiß er nicht. Aber es ist besser als in Togo. Kojto Mjuhammi beklagt sich nicht. Er lächelt.

* Name von der Redaktion geändert

Dieser Beitrag entstand bei einem Workshop der Landeszentrale für politische Bildung. Dort findet man auch jede Menge weitere Infos zum Thema Flucht und Migration (http://www.lpb.bwue.de Aktuell gibt es dazu auch eine sehenswerte Dreiländerwanderausstellung "Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben" in der KTS in Freiburg, Basler Str. 103 (bis zum 14. Juni täglich zwischen 18.30 Uhr und 20.30 Uhr) - Infos: [TEL] 07681 / 409659 (ab 17 Uhr)

Ressort: Zisch

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel