"Nu sind wenig Leut Latein gelert"
In der Volkshochschule werden Poster und einige Faksimile deutschsprachiger Bibelübersetzungen aus der Zeit vor Luther gezeigt.
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Dass das "finstere Mittelalter" bei weitem nicht ganz so dunkel war, hat sich ja inzwischen herumgesprochen. Auf breiter Ebene entwickelte sich vom 13. Jahrhundert an in Europa eine Laienbewegung, deren Verlangen nach religiöser Unterweisung in ihrer Muttersprache nicht mehr zu überhören war. "Nu sind wenig Leut Latein gelert", rechtfertigte etwa ein anonymer österreichischer Übersetzer im 14. Jahrhundert seine Bemühungen, "das man uns der latein zu deutsch pring (...) das die layen damit ze andacht pracht werden".
Wie stark aber diese Zeitströmung war, aus der heraus Martin Luther sich dann an die Aufgabe einer vollständigen, und für die Geschichte der deutschen Sprache so folgenreiche Bibelübersetzung machte, ist im Detail jetzt in der Ausstellung zu erkunden, die aus einem Seminar des Mediävisten Balázs J. Nemes an der Universität Freiburg hervorging. Da gibt es Seiten aus Gebets- und Andachtsbüchern zu bewundern, Apokalypsenkommentare und Plenare, aber auch "Lesebücher" wie die Historienbibeln, eine Art Readers Digest des Mittelalters, in denen Prosaübersetzungen der Highlights aus der Bibel sich mit Nicht-Biblischem, Legenden und Beispielen aus der Profangeschichte zusammenfanden (in den Einbänden findet sich da auch schon einmal ein hastig notiertes Kochrezept). Da auch im Mittelalter der Mensch ökonomisch dachte, springt der entstehende Buchmarkt im 15. Jahrhundert natürlich auf diesen Trend auf. Als um 1466 in Straßburg mit der Mentelin-Bibel die erste vollständige deutschsprachige Bibel im Druck erschien, gab es kein Halten mehr. Allein in Oberdeutschland erschienen dreizehn vorlutherische Bibelausgaben, die auf diese Übersetzung zurückgingen. Dabei waren die frühen Drucke keineswegs günstig. 12 Gulden musste man für ein Exemplar der Mentelin-Bibel aufbringen, damals der Gegenwert von vier Ochsen.
In Emmendingen darf der Besucher keine Originale erwarten. Aus Gründen der Konservierung und Sicherheit gibt es in der "Posterausstellung" lediglich Abbildungen, einige wenige Faksimile-Ausgaben und späte Drucke zu sehen (der älteste Titel ist eine Herder-Ausgabe aus dem 18. Jahrhundert). Die sehr anschaulichen Fotografien von Nasser Parvizi vermitteln aber einen Eindruck vom Bilderreichtum und der Stofflichkeit der wertvollen Schätze. Ausgiebige Bildtexte liefern ebenso wie eine Begleitbroschüre detaillierte Informationen.
Mit einer kleinen Feier eröffnete Ralf Karl Oenning, der Leiter der Volkshochschule Nördlicher Breisgau, die Ausstellung. Balázs J. Nemes informierte in einem kurzen Vortrag die etwa 20 Gäste. Für die musikalische Umrahmung sorgte das Bläserquintett der Musikschule Nördlicher Breisgau.
Die Ausstellung ist noch bis zum 19. Januar 2018 im Flur des VHS-Gebäudes zu besichtigen. Die Öffnungszeiten sind montags bis donnerstags von 9 bis 20 Uhr und freitags von 9 bis 12.30 Uhr. Der Eintritt ist kostenlos. Am kommenden Dienstag, 17. Oktober, referiert um 9.30 Uhr Nikolaus Henkel zum Thema "Vor Luther − Erfolgsgeschichten deutscher Bibelübersetzungen vor 1520", am Dienstag, 16. Januar, Martina Backes zum Thema: "Erzählen vom Ende: die Apokalypse in volkssprachigen Bibelübersetzungen des Mittelalters". Für die Vorträge der Freiburger Professoren in der benachbarten Musikschule wird je eine Gebühr von sechs Euro erhoben.
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