Summer Graffiti Jam
Neue Graffiti zieren die Schwabentorbrücke
„Reclaim your Space“ – beanspruche deinen Raum – hieß das Motto, unter dem sich am Samstag rund 20 Graffitikünstler den Brückenabschnitt an der Dreisam auf Höhe der Schwabentorbrücke vornahmen. Die Aktion „Summer Graffiti Jam“ des Kulturaggregats fand zum zweiten Mal statt.
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FREIBURG-WIEHRE. Ziel war es diesmal, nicht nur Graffiti zu malen, sondern auch ein politisches Statement zu setzen – gegen die Gentrifizierung und gegen die "Zero-Tolerance" Haltung, die nach Veranstaltermeinung den Sprayern entgegengebracht werde.
Durch die Aktion möchten sie ein Statement setzen, erklärt der 34-jährige Sebastian Rauch, der den Künstlernamen Kid Pone trägt. Die Stadt unternehme nichts gegen das beständige Bauen von Luxuswohnungen und gebe gleichzeitig 370 000 Euro im Jahr dafür aus, immer wieder an den gleichen Orten die Graffiti in der Stadt zu entfernen. "Es ist ein Irrglaube, dass konsequentes Überstreichen etwas bringt", stellt er klar, "das ist Geldverschwendung." Für ihn setzt die Stadt falsche Prioritäten. An diesem Tag möchten er und seine Künstlerkollegen auf symbolische Weise zeigen, dass sich die Freiburger ihren Wohnraum und die Sprayer ihre Flächen zurückholen sollten.
"Kunst und Kultur brauchen Freiräume, um sich auszuprobieren", fordert auch Darwin Zulkifli, erster Vorsitzender des Kulturaggregats und Organisator des Summer Graffiti Jams. Für die Graffitikünstler bedeute das die Bereitstellung von ausreichend legalen Flächen durch die Stadt. Das müssten sich die Künstler allerdings erkämpfen. 14 genehmigte Freiflächen für Graffiti gebe es in Freiburg. Damit gehöre Freiburg zu den Städten mit den meisten legalen Flächen in Deutschland. Abgesehen von der Wand bei der Leo-Wohleb Brücke am Schwabentor seien die meisten davon allerdings unterirdisch, was die Attraktivität der Plätze für die Künstler mindere. "Klar geht es beim Sprayen auch um öffentliche Selbstverwirklichung und Fame", erklärt Sebastian Rauch die Motivation der Künstler.
"Fame" – Aufmerksamkeit – bekommen sie an diesem Tag von zahlreichen Zuschauern. Die 32-jährige Veronika und die 40-jährige Jessica stehen auf der Brücke und machen Fotos von den Werken der Sprayer. Sie waren schon morgens hier und kamen nachmittags wieder, um sich die Fortschritte anzuschauen. Sie freue sich, immer neue Kunstarten kennenzulernen, so Veronika. Graffiti seien für sie etwas Besonderes und könnten so manche graue Wand verschönern, wenn sie gut gemacht seien. Nur auf privaten Wohnhäusern möge sie keine Graffiti.
Anderer Meinung ist der Sprayer David Braschler. Für ihn seien seine Bilder Geschenke an andere. Dass das jemandem nicht gefalle, könne vorkommen. Dann sei das eben so, als ob man zu Weihnachten das unbeliebte Paar Socken bekomme. Der 33-jährige Stuttgarter studierte Kunst und ist nun selbständig – als Theaterschauspieler, Bühnenbildner, Tätowierer und seit mehr als 20 Jahren als Sprayer. Er hat gerade ein kleines Steinmännchen in der Dreisam aufgebaut und malt an einem Schriftzug in Form eines Raumschiffes. Durch die Szene habe er Freunde überall auf der Welt. Die meisten sähen das Sprayen als ein Ventil, um Protest gegen die gesellschaftlichen Normen auszudrücken. Am meisten schätze er das familiäre an der Szene: "Es ist egal, wo du herkommst oder was du machst." Das merke man auch durch diese Aktion, so Sozialarbeiter Hasib Hassarli. Man male zusammen an einem Bild und das verbinde, obwohl sich nicht alle kennen. Der 33-Jährige habe mit Breakdance angefangen und sei dann "in die Szene reingerutscht". Für ihn ist das Sprayen eine Lebenseinstellung: "Ich kann nicht mehr ohne", erklärt er.
Am Ende soll auf der vorwiegend in Lila-, Pink- und Blautönen besprühten Wand der Weltraum zu sehen sein – inklusive Aliens, Raumschiffen und den graffititypischen Schriftzügen. Eine Metapher für das Motto "Reclaim your Space".
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