Narrenrufe in Gebärdensprache
Wie Aulendorf die Fastnacht auch für Blinde und Gehörlose zum Erlebnis macht.
Kathrin Drinkuth (dpa)
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Bei dem Schauspiel sollen die Masken, die der Legende nach am Aschermittwoch des Vorjahres verbannt wurden, wieder befreit werden. Zudem ist Schob mit einer Kollegin beim Narrenumzug durch die Stadt dabei. "Die Infos vom Kommentator – zum Beispiel woher die teilnehmenden Gruppen kommen, was ihre Geschichte ist – lassen sich gut übersetzen. Aber die schwäbischen Narrenrufe, die sind schon schwieriger." Da müsse sie sich noch eine gute Strategie überlegen.
Die Idee zu dem ungewöhnlichen Dolmetscher-Auftrag hatte Franz Erwin Kemper, der seit November Behindertenbeauftragter von Aulendorf ist. Er habe sich überlegt, wo man ansetzen könne – und sei auch bei der Fastnacht gelandet. So vereinbarte Kemper mit der örtlichen Narrenzunft etwa, dass Plätze für Rollstuhlfahrer frei gehalten werden. "Sonst sehen diese Zuschauer nämlich vor allem eins: prächtige Ärsche", sagt er mit trockenem Humor. Zudem übersetzte Kemper, der selbst blind ist, eine Fastnachts-Broschüre in Blindenschrift. Durch diese Arbeit bekam der gebürtige Rheinländer selbst Spaß an der schwäbisch-alemannischen Fastnacht. "Ich hab’ vorher stark gefremdelt", sagt er.
Der Zunft sei bisher gar nicht so richtig bewusst gewesen, dass Blinde, Gehörlose und auch Rollstuhlfahrer anders einzubeziehen seien, sagt der stellvertretende Zunftmeister Florian Angele. Die Fastnacht in diesem Jahr sei auch eine Art Test, erklärt Kemper. Nächstes Jahr finde nämlich das regionale Landschaftstreffen der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte (VSAN) in Aulendorf statt. "Das heißt, wir müssen jetzt schon unseren Probelauf machen, um uns nächstes Jahr nicht zu blamieren", sagt er lachend. Angele ergänzt: "Mit der Aktion kann man sich nicht blamieren. Und viel falsch machen kann man auch nicht – viel schlimmer ist es eigentlich, nichts zu machen."
Wie viele Menschen von den Ideen des Behindertenbeauftragten und der Zunft letztendlich profitieren, lasse sich nicht genau einschätzen, sagt Kemper. Dass eine Dolmetscherin das Geschehen übersetze, hätten sie aber über den Hörbehindertenverband deutschlandweit und besonders auch in Baden-Württemberg verbreitet. Er rechne mit rund 20 bis 30 Leuten. "Es ist wohl das erste Mal, dass es so etwas überhaupt gibt." Die Kosten dafür übernimmt die Stadt Aulendorf.
"Solche Initiativen finde ich toll", sagt der VSAN-Präsident Roland Wehrle. Allerdings seien die Strukturen nicht überall gleich. "Das muss jede Stadt für sich entscheiden, ob es notwendig ist." Ein Dolmetscher-Einsatz sei aber zum Beispiel beim nächsten großen Narrentreffen der VSAN durchaus denkbar, sagt Wehrle.
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