Walpurgisnacht
Nacht der Hexen und Streiche: Woher kommen die Bräuche?
Die Nacht auf den 1. Mai ist eine ganz besondere. Die Bräuche der Walpurgisnacht wurden von alten militärischen Traditionen, heidnischen Festen und literarischen Einflüssen geprägt. Ansgar Taschinski erklärt die Hintergründe.
Do, 30. Apr 2015, 0:00 Uhr
Panorama
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FREIBURG. Die Nacht auf den ersten Mai ist in vielen Gegenden Deutschlands ein besonderes Ereignis. Vor allem junge Menschen nehmen die Walpurgisnacht als Anlass für Streiche. Ihre Ursprünge reichen ins 17. Jahrhundert zurück, bekannt wurde die Hexennacht aber erst durch Goethes Faust-Tragödie.
Auch in den Folterberichten aus den Zeiten der Hexenverfolgung finden sich kaum Hinweise auf eine jährliche Hexenversammlung oder auf den Brocken als Versammlungsort. "Meistens nannten die angeblichen Hexen Festwiesen oder andere bekannte, nahegelegene Versammlungsorte, schließlich sollte es für ihre Folterer vernünftig klingen", erklärt der Historiker Thomas Becker von der Universität Bonn.
Die Ursprünge der Walpurgis- als Hexennacht liegen seiner Meinung nach wahrscheinlich in dem Buch "Blockes Berges Verrichtung" von Johann Praetorius. In diesem reißerischen Sachbuch über allerlei Hexengeschichten beschrieb Praetorius im Jahr 1668 die Walpurgisnacht. Eine große Leserschaft fand er allerdings nicht. Erst als einer seiner Leser die Geschichte für sein eigenes Werk übernahm, wurde der angebliche Hexenbrauch berühmt. "Ein bißchen Diebsgelüst, ein bißchen Rammelei. So spukt mir schon durch alle Glieder, die herrliche Walpurgisnacht", sagt Dr. Faustus in Goethes berühmter Tragödie voller Vorfreude.
Im Lauf der Zeit sollten zahlreiche weitere Geschichten und Figuren im Zusammenhang mit der Walpurgisnacht folgen, wie "Die kleine Hexe" von Ottfried Preußler oder "Bibi Blocksberg". Sogar in den wohl berühmtesten Zauberer-Romanen der Welt hinterließ die Walpurgisnacht ihre Spuren: So hießen die Todesser bei Harry Potter ursprünglich einmal Ritter von Walpurgis, wie die Autorin Joanne K. Rowling in einem Interview verriet.
Für wenig wahrscheinlich hält Becker die Theorie, dass die Walpurgisnacht auf der Tradition eines alten germanischen Frühlingsfests, Beltane genannt, beruhe. "Es gibt wohl keine Kontinuität des Beltanefestes. Während der Belagerung durch die Römer und durch die Völkerwanderung ist die Tradition dieses Festes für mehrere hundert Jahre verschwunden gewesen." Dass das Beltanefest ein fester Bestandteil der deutschen Geschichte sei, behaupteten erst die Nationalsozialisten. "Auf diese Weise wollten sie eine einheitliche und beständige deutsche Vergangenheit erdichten", bestätigt der Theologe Manfred Becker-Huberti von der Philosophisch-Technischen Hochschule Vallendar.
Die in der Walpurgisnacht gepflegten Bräuche und Traditionen haben in der Regel mit alten gesellschaftlichen Festen zu tun. So begingen die im Norden stationierten Römer zu dieser Zeit des Jahres für gewöhnlich ihre Heerschau. Die jungen Rekruten zogen mit ihren Familien ins Grüne und feierten. Der Tanz in den Mai könnte hier seine Wurzeln haben. Außerdem wurde gemäß dem bäuerlichen Kalender das erste Mal das Vieh auf die Weide getrieben.
Auch gab es den verbreiteten Brauch, dass Junggesellen am ersten Mai eine Partnerin suchten. Die Walpurgisnacht diente somit als eine Art Junggesellenparty, bei der die jungen Männer noch einmal Unfug treiben konnten, bevor sie ihre ehelichen Pflichten zu erfüllen hatten.
Auch wenn heute die wenigsten am 1. Mai auf Brautschau gehen, die Tradition des Streichespielens hat überlebt. In Bayern, wo die Walpurgisnacht auch Freinacht genannt wird, hängen Spaßvögel nicht nur Gartentore aus und schmieren Türklinken mit Rasierschaum ein. Vor allem auf dem Land werden gerne geheime Liebespaare öffentlich gemacht. Dazu wird mit Kreide oder Sägemehl eine Linie von Haustür zu Haustür der Verliebten gezogen.
Auch in Südbaden gibt es die Tradition des Streichespielens. So konnte sich man im vergangenen Jahr auf dem Herrischrieder Marktplatz sportlich betätigen, nachdem Unbekannte ein Trampolin dorthin getragen hatten. Beliebt ist auch die Umgestaltung oder das Vertauschen von Ortsschildern, wie Bahlingen am Kaiserstuhl und das württembergische Balingen 2012 feststellen durften.
In Freiburg und Umgebung ist die die Anzahl der Streiche in der Walpurgisnacht in den vergangenen Jahren jedoch zurückgegangen, sagt Dirk Klose, Pressesprecher der Polizei Freiburg. "Brauchtum existiert nur so lange, wie es sich wandeln kann" so Becker-Huberti.
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