Musk bläst Twitter-Kauf ab
Der Kurznachrichtendienst will den Tesla-Chef nun gerichtlich zur Übernahme zwingen.
afp & dpa
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(dpa/AFP). Die turbulente Twitter-Übernahme durch Elon Musk hat die Chaos-Stufe erreicht: Der Tech-Milliardär tritt vom Kauf zurück, doch die Firma will den Deal vor Gericht durchboxen. Die Plattform steuert damit auf Monate der Ungewissheit zu. Auch wenn Experten den Kurznachrichtendienst im Rechtsstreit in einer besseren Position sehen, bleibt unklar, ob man den reichsten Menschen der Welt zu einer Übernahme zwingen möchte, die er nicht will.
Die Twitter-Führung kündigte umgehend an, vor Gericht ziehen und Musk mit juristischen Mitteln zu einem Vollzug des Kaufs zwingen zu wollen. Die zwischen beiden Seiten getroffene Kaufvereinbarung sieht eine Vertragsstrafe von bis zu einer Milliarde Dollar vor, wenn sich eine Partei zurückzieht. Jetzt werde eine Gerichtsschlacht vergleichbar mit "Game of Thrones" folgen, prophezeite der Analyst Dan Ives.
Musk hatte seit Wochen die Twitter-Zahlen öffentlich angezweifelt. Er stellte in Frage, dass die Fake-Accounts wirklich – wie von Twitter angegeben – weniger als fünf Prozent aller Konten ausmachen. Das wurde von Beobachtern als Versuch interpretiert, den Preis zu drücken. Zu seinem Gebot wäre der Deal mehr als 44 Milliarden Dollar (rund 43 Milliarden Euro) schwer, während Twitter an der Börse zuletzt rund 28 Milliarden Dollar wert war. Beobachter hatten spekuliert, dass Musk angesichts der Preisdifferenz nicht mehr gewillt war, an dem ursprünglichen Angebot festzuhalten. Fake-Accounts sind gefälschte Nutzerkonten, die bestimmte Zwecke verfolgen, zum Beispiel von Kriminellen.
Musk hatte im Frühjahr von sich aus zum Kauf von Twitter angesetzt. Er hat seither wiederholt betont, es gehe ihm nicht um Geld, sondern vor allem darum, die Redefreiheit auf der Online-Plattform zu stärken. So kündigte Musk an, er würde den von Twitter verbannten einstigen US-Präsidenten Donald Trump wieder zulassen. "Ich würde das Verbot aufheben", sagte er mit Blick auf die Sperrung von Trumps Nutzerkonto nach der Erstürmung des Kapitols im Januar 2021.
Der Twitter-Verwaltungsrat hatte sich zunächst gegen Musks Gebot von 54,20 Dollar je Aktie gesperrt, es dann aber doch akzeptiert. Als Nächstes sollten in den nächsten Monaten die Aktionäre über den Verkauf ihrer Anteile abstimmen. Musks Angebot wäre für viele ein guter Deal: Bereits vor seinem Rückzieher am Freitag ging das Papier bei nur 36,81 Dollar aus dem US-Handel. Die 2006 gegründete Plattform kämpfte schon vor dem Übernahmedrama mit ihrer Profitabilität.
Mitte Mai hatte Musk unter Verweis auf unvollständige Angaben zu den Fake-Konten vorläufig auf Eis gelegt. Musks Anwälte behaupten nun, Twitter habe es versäumt, Musk und seinem Beraterstab ausreichende Datenzugänge zur Überprüfung der Angaben zu Fake-Accounts bereitzustellen. Musks Seite bezeichnet das als einen Bruch der Vertragspflichten, der eine Auflösung der Kaufvereinbarung rechtfertige. Ob das Gericht im US-Bundesstaat Delaware das genauso sieht, vor dem die Klage landen würde, bezweifeln US-Beobachter.
Twitters Verwaltungsratschef Bret Taylor zeigte sich überzeugt, dass man sich in einem Rechtsstreit durchsetzen würde. Doch einige Experten sehen ein großes Problem: Was, wenn Musk sich dem Urteil einfach nicht beugt? "Man steckt Leute nicht ins Gefängnis, nur weil sie etwas nicht kaufen", sagte etwa Zohar Goshen, Professor an der Columbia Law School dem Wall Street Journal.
Musk ist bereits Twitter-Großaktionär mit einem Anteil von gut neun Prozent, den er vor Ankündigung der Übernahmepläne Anfang April an der Börse zusammengekauft hatte. Auch hier gab es Ärger. So hielt Musk die Frist nicht ein, in der das Überschreiten der Marke von fünf Prozent öffentlich gemacht werden muss. Da nach dieser Mitteilung der Aktienpreis hochsprang, wird Musk in einer Anlegerklage vorgeworfen, er habe mit der Verzögerung viel Geld beim Kauf weiterer Anteile gespart.
Der Chef der Raumfahrtfirma Space X ist zwar der mit Abstand reichste Mann der Welt. Sein auf über 220 Milliarden Dollar geschätzter Besitz besteht jedoch hauptsächlich aus Aktien. Die Tesla-Aktie legte am Freitag im nachbörslichen Handel um zwei Prozent zu – seit Ankündigung der Twitter-Übernahmepläne war der Kurs um rund 30 Prozent abgesackt.
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