Südbaden
Moscheen in der Region: Auf Protest folgt oft Annäherung
Das Verhältnis zwischen Christen und Muslimen entwickelt sich oft positiv, auch wenn es zunächst Spannungen gibt: Das zeigt der Blick auf die – existierenden und geplanten – Moscheen in Südbaden.
Do, 28. Jan 2016, 0:00 Uhr
Südwest
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Ähnlich wie in Lahr tragen die Gegner in Freiburg keine prinzipiellen Einwände gegen Muslime und den Bau einer Moschee vor. Auch sie verweisen auf den Standort. Dieser sei ungeeignet, heißt es. Er liegt in einem Industrieviertel. "Die Kritiker meinen, es sei zu laut für uns, weil Güterzüge direkt neben der Moschee vorbeifahren würden", erzählt Musawar Khawaja von der Ahmadiyya Muslim Jamaat in Freiburg. Äußerungen gegen Muslime habe er keine gehört, betont er. Er hofft nun, dass die Stadt Freiburg die Bauvoranfrage positiv bescheiden wird. Die Stadt hat zugesagt, die Anfrage prüfen zu wollen.
Schon als einer der ältesten Moschee-Bauten in der Region, die Alperenler Moschee in Rheinfelden (1996 errichtet), später noch ein Minarett erhalten sollte, waren die Proteste heftig, erinnert sich Dagmar Henninger, die Vorsitzende des Christlich-islamischen Vereins Hochrhein (CIHV). Es gab lautstarke Demonstrationen. Viele äußerten Ängste vor dem Islam, die Stimmung war feindselig gegenüber den muslimischen Mitbürgern, die ein repräsentatives Gotteshaus mit Minaretten begehrten.
In Rheinfelden hat sich das Verhältnis zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen inzwischen aber positiv entwickelt (Interview mit Abdelhamid Baioui aus Rheinfelden). Das gilt auch für Buggingen, Emmendingen, Offenburg, Kehl, Gengenbach und Waldshut-Tiengen, wo es ebenfalls seit etlichen Jahren neu gebaute Gotteshäuser gibt – nicht alle haben ein Minarett. Ähnlich wie in Rheinfelden haben sich als Konsequenz aus den Protesten mancherorts Vereine gebildet, die sich dem Dialog zwischen den Religionen widmen. "Hier in Rheinfelden sieht man die Moschee inzwischen als völlig normal", meint Dagmar Henninger.
Gleichwohl gab es vor etwa fünf Jahren eine kleine Anschlagserie: Moschee-Fenster wurden eingeschlagen, Hakenkreuze an die Außenmauern gesprayt. Doch auch da zeigten sich die positiven Seiten der intensiven Zusammenarbeit. Der Christlich-islamische Verein spendete Überwachungskameras. In den vergangenen Jahren ist nichts mehr passiert. Auch bei einem anderen Vorfall bewährten sich die engen Kontakte zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen. Ein paar Gemeindemitglieder hatten entgegen der Absprache für den Gebetsruf Lautsprecher auf dem Minarett installiert. Unter Vermittlung des Christlich-islamischen Vereins wurden sie wieder abgebaut. Die Muslime entschuldigten sich bei der Stadt.
Auch in anderen Orten hat sich eine gute Zusammenarbeit zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen entwickelt. Alle Moschee-Gemeinden bieten Führungen durch ihre Moscheen an. Oft kommen Schulklassen mit ihren Lehrern, um sich über den Islam zu informieren. Allein in Rheinfelden haben etwa 1500 Schüler seit der Moschee-Eröffnung vorbeigeschaut. In Emmendingen besucht der Imam an Heiligabend den Gottesdienst und hält eine kleine Ansprache. Es gibt dort zudem einen Verein, der das Verständnis zwischen Juden, Christen und Muslimen fördern will. "Je besser man sich kennt, desto besser versteht man sich", sagt Mehmet Bagcaci von der Moschee-Gemeinde in Offenburg. Er berichtet, dass Vertreter der Stadt und interessierte Bürger im Fastenmonat Ramadan zum Fastenbrechen eingeladen werden.
Ditib: Die meisten Moscheen in Südbaden gehören zur Türkisch Islamischen Union der Anstalt für Religion (Ditib), auch sechs von sieben Moschee-Neubauten. Die Ditib steht auch hinter dem Vorhaben in Lahr. Die Ditib ist dem türkischen Religionsministerium unterstellt. Dieses entsendet Imame nach Deutschland. Seit die islamisch-konservative AKP in der Türkei an der Macht ist, beklagen manche Muslime, die Ditib sei konservativer geworden. Die Ditib wird nicht vom Verfassungsschutz beobachtet. Sie unterhält die meisten Moscheen in Deutschland.
Milli Görüs: In Lauchringen baut der türkische Verband Milli Görüs aktuell eine Moschee. Dieser steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen deutete 2015 allerdings an, dass diese Organisation aus der Beobachtung fallen könnte. Milli Görüs steht für einen konservativen Islam.
Ahmadiyya: Die geplante Moschee in Freiburg und die fertige in Waldshut-Tiengen, die mit Minaretten ergänzt werden soll, sind von der Ahmadiyya Muslim Jamaat (Muslimische Gemeinschaft Ahmadiyya). Sie stammt aus Pakistan. Dort werden die Anhänger oft von strengen Sunniten verfolgt. Die Ahmadiyya gilt als friedfertig.
Problematische Moschee: In Freiburg gibt es eine Moschee, die arabische Ibad-ur-Rahman-Moschee, die eine klar islamistische Orientierung hat. Sie steht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Mehrfach gab es in dem Moschee-Gebäude, das kein Neubau ist, bereits Razzien durch die Polizei.
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