Account/Login

Social Media

Modisch auf Zeitreise: Instagramer präsentiert seine Liebe für den Vintage-Look

Die Videos von Valerio Bonanno werden auf Instagram millionenfach angeschaut. Der Kölner trägt Kaisers alte Kleider und sieht sich als Wanderer zwischen den Zeiten.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
1/5
Valerio Bonanno zündet in seinem Wohnzimmer mit Originalmöbeln aus der Zeit des Kaiserreichs Kerzen an. Foto: Oliver Berg (dpa)
Es gibt Menschen, die gern in eine andere Rolle schlüpfen und sich verkleiden. Valerio Bonanno wirkt nicht wie einer von ihnen. Es ist etwas an ihm, das den Eindruck erweckt, er wäre wirklich ein Abkömmling des Deutschen Kaiserreiches. Ist es die auffallende Blässe seines Gesichts, das streng nach hinten gegelte Haar? Die Goldrandbrille mit den runden Gläsern, der gepflegte Schnurrbart und die kerzengerade Haltung? Oder eben doch die Kleidung: der weiße Stehkragen, die Fliege, die Smoking-Jacke mit der bestickten Weste darunter? "Kommen Sie bitte herein", sagt er. Der ungewöhnlich lange Gang, der von seiner Haustür ins Wohnzimmer führt, wirkt wie ein Zeitkorridor.

Bonanno ist gebürtiger Sizilianer

Valerio Bonanno ist vielen Instagram-Nutzern ein Begriff. Er hat 160.000 Follower, seine Videos werden nach seinen Angaben bis zu zwölf Millionen Mal abgerufen. Dabei geschieht dort eigentlich nicht viel mehr, als dass sich der 31-Jährige ankleidet. "Get ready with me" ist das Motto – "mach dich mit mir ausgehfertig". Am Anfang steht er noch in langer Unterhose da, am Ende ist er dick verpackt in mehrere Schichten mit einem Sherlock-Holmes-artigen Cape als äußerer Schale. Diese Kleidung ist nicht etwa nachgeschneidert, sondern entstammt original der Zeit um 1900. Verblüffend ist, dass sie weder abgenutzt noch angestaubt aussieht.

Auf dem Wohnzimmertisch, der mit einer Art Teppich bedeckt ist, serviert Bonanno einen Espresso. Das ist nicht unbedingt zeitgemäß, aber seiner italienischen Herkunft geschuldet. Er ist Sizilianer. Erst 2018 ist er für sein Studium nach Deutschland gekommen. Seine besonders artikulierte Sprechweise verstärkt den Eindruck, dass er nicht ins 21. Jahrhundert gehört.

Hohe Decken treffen auf Dunkelheit

Bonannos Wohnung befindet sich im ersten Stock eines denkmalgeschützten Hauses im Kölner Agnesviertel, das für seine vielen schönen Gründerzeitbauten bekannt ist – eine Seltenheit in der schwer bombardierten Stadt. Bonanno lebt gern in Köln, er schätzt die Offenheit und Toleranz der Einwohner. Denn, so betont er, im politischen Sinn fühlt er sich absolut nicht mit dem Kaiserreich verbunden. Er sei durch und durch demokratisch und progressiv eingestellt. "Was ich mache, hat nichts Politisches." Allerdings findet er: "Auch unser heutiger Lebensstil fußt auf der Ausbeutung von Menschen in anderen Ländern, etwa was unsere Kleidung und unsere Lebensmittel betrifft." Von daher gebe es keinen Grund zur Selbstzufriedenheit. "Und in puncto Ästhetik hätte ich auf jeden Fall lieber damals gelebt."

Wir benötigen Ihre Zustimmung um Instagram Content anzuzeigen

Unter Umständen sammelt Instagram Content personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Obwohl seine Wohnung hohe Decken hat, wirkt sie dunkel. Das liegt zum einen an den schweren Samtvorhängen, die das Tageslicht abschirmen, und zum anderen an den dunkelbraunen Holzmöbeln. "Ich mag es, wenn es ein bisschen dunkler und gemütlicher ist", sagt der promovierte Philosoph.

Die Schränke hängen voller Kleidung, die 100 oder gar 130 Jahre alt ist. "Dieser Kleidungsstil ist wirklich der einzige, der mir an meinem Körper gefällt", beteuert er. In Jeans und T-Shirt hat er sich nie wohl gefühlt. Wenn er zur Arbeit in einer Unternehmensberatung geht, trägt er normale Bürokleidung, weil er nicht weiter auffallen will. Aber sobald er zu Hause ist, schlüpft er in des Kaisers alte Kleider.

Begeisterung für damalige Mode kam zuerst

Moderne Hosen findet er zu eng geschnitten, die damaligen fielen weiter aus und wurden mit Gürteln, Hosenträgern und Schnallen der Figur angepasst. Eine solche Mode sei nachhaltiger, sagt Bonanno: "Man kann die Hose zehn Jahre lang tragen, weil die Qualität entsprechend ist und weil sie auch dann noch passt, wenn man ein paar Kilo zugelegt hat."

Die Begeisterung für die damalige Kleidung war zuerst da, als nächstes kam dann das Verlangen nach den passenden Möbeln. "Eine komplette Einrichtung zusammenzustellen, ist natürlich eine Lebensaufgabe. Das beschäftigt mich jeden Tag." Er durchforstet Flohmärkte und Internetplattformen, ständig kommt etwas Neues an. Eine besondere Attraktion ist sein Grammofon von 1917 – fast ohne Nebengeräusche, doch nach jeder Platte muss man die Nadel austauschen.

Wenn Bonanno der Stimme italienischer Schlagersänger von damals lauscht, fühlt er eine Verbundenheit mit den Menschen, die dem Grammofon schon vor mehr als 100 Jahren zugehört haben. So ähnlich ergeht es ihm mit allen Gegenständen. Über die Instagram-Videos will er dieses Gefühl weiter vermitteln – wie ein Wanderer zwischen den Zeiten.

Mehr zum Thema:

Ressort: Panorama

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 20. Februar 2024: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel