"Mit der Lässigkeit ist es vorbei"
BZ-INTERVIEW mit dem Freiburger Politikwissenschaftler Wilhelm Hennis über die Lage der Nation, der Regierung und der Politik.
r gehört zu den unabhängigsten Köpfen der deutschen Politikwissenschaft. Mehr als einmal hat er sich damit (partei-)politisch heimatlos gemacht. Seiner Autorität hat das nicht geschadet: Wilhelm Hennis. Mit dem Freiburger Emeritus, der am Dienstag 80 Jahre alt wird, sprachen die Redakteure Elisabeth Kiderlen und Stefan Hupka.
EBZ: Herr Professor Hennis, wie ist die Lage der Nation? Und wo will diese Nation hin?
Hennis: Ihre Lage ist schlecht. Und wo sie hinwill, ist nicht erkennbar. Die Ziele mögen ja allerorts die gleichen sein - mehr Wohlstand, mehr "Lebensqualität", auch wenn ich dieses Wort hasse. Aber dass ein Land, das dermaßen in Konkurrenz mit anderen Ländern steht und immer mehr stehen wird - das bedeutet ja "Globalisierung" - sich jetzt nicht rappelt, in Form bringt und seine natürliche Trägheit überwindet, ist verhängnisvoll. Da fällt mir nur Max Weber ein: Satte Völker haben keine Zukunft.
BZ: Man könnte einwenden, die gegenwärtige Politik sei ja schon dabei, das Volk wieder hungrig zu machen. Im Ernst: Können Politiker das Volk neu motivieren?
Hennis: In einem Land wie diesem können Sie nicht ...