Altkleider
Mit alten Kleidern lässt sich viel Geld machen
Altkleider sind ein begehrter Stoff – eine Million Tonnen fallen jedes Jahr an / Auch Gemeinden mischen in dem Geschäft mit.
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BERLIN. Einige locken mit einem Aufruf zur Spende für Arme, andere versuchen es erst gar nicht über die Mitleidstour: Dubiose Sammler stellen immer wieder Altkleidercontainer auf – ohne Genehmigung. Mit ausrangierten Kleidern lässt sich viel Geld machen.
"Angesichts der Mengen an gebrauchten Textilien ist es zunächst mal unrealistisch anzunehmen, dass alle Spenden an Bedürftige weitergegeben werden können", sagt Thomas Ahlmann, Sprecher des Verbandes Fairwertung, in dem sich gemeinnützige Altkleidersammler zusammengeschlossen haben. "Die Spenden übersteigen den Bedarf in Deutschland um ein Vielfaches – auch wenn man die Flüchtlingshilfe mit einbezieht."
Sowohl gemeinnützige als auch gewerbliche Sammler verkaufen die Altkleider in der Regel ungeöffnet an Textilsortierbetriebe. Gemeinnützige Organisationen wiederum steckten die Erlöse in ihre soziale Arbeit, sagt Ahlmann.
So gibt das Deutsche Rote Kreuz etwa an, 2013 allein 13,5 Millionen Euro durch den Verkauf gebrauchter Kleidung erzielt zu haben. Das Geld sei unter anderem in die Altenhilfe oder den Katastrophenschutz geflossen.
"Alles in allem werden etwa 90 Prozent einer Sammlung stofflich verwertet", erklärt Ahlmann. Marktkenner schätzen, dass in Deutschland insgesamt etwa 600 bis 800 Millionen Euro Umsatz pro Jahr mit gebrauchten Textilien gemacht werden. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat den jährlichen Gewinn pro Altkleidercontainer vor einigen Jahren auf lukrative 5000 Euro beziffert. In der Branche gilt diese Summe aber heute als unrealistisch. Unter dem Strich blieben 1000 bis höchstens 2000 Euro übrig, heißt es. Um Stücke von diesem Kuchen wird hart gekämpft. In Städten und Gemeinden tauchen seit Jahren an Straßenecken oder auf Parkplätzen immer wieder illegal aufgestellte Kleidercontainer auf – versehen mit dem Aufruf zur Spende für Menschen in Not. Die Besitzer sind selten ausfindig zu machen. "Wir schätzen, dass es bundesweit über 10 000 nicht genehmigte Container gibt", sagt Ahlmann.
Dubiose Firmen gingen nicht nur ohne die nötige Sondernutzungserlaubnis der Straßenbehörden ans Werk, erklärt der Berliner Rechtsanwalt Frank Wenzel, Spezialist für Abfallrecht. Die Aufsteller zeigten ihre Sammlung auch nicht bei der zuständigen Abfallbehörde an, noch könnten sie nachweisen, dass sie die Textilien ordnungsgemäß verwerten.
Den Behörden bereiten diese schwarzen Schafe eine Menge Arbeit. Im Berliner Bezirk Mitte wurden allein im vergangenen Jahr 65 unerlaubt aufgestellte Container geräumt. Der Bezirk Lichtenberg hat in den vergangenen vier Jahren mehr als 200 Behälter entfernt und 107 Verfahren wegen illegal aufgestellter Container eingeleitet.
Die Besitzer dieser Container fechten die Ordnungsverfügungen der Kommunen nicht selten vor Gericht an. Wenzel schätzt die Zahl der zuletzt laufenden Prozesse zwischen privaten Entsorgern und Behörden auf etwa 100. In vielen Fällen sind die Antragsteller den Richtern bekannt, da sie bereits mehrfach gegen Straßenrecht verstoßen haben und die korrekte Verwertung der Kleidung nicht nachweisen konnten.
Auch die Kommunen sehen in den Textilien seit ein paar Jahren eine zusätzliche Einnahmequelle. Einige Städte und Gemeinden haben teils eigene Sammelsysteme aufgebaut. "Das Geschäft ist trotz der gesunkenen Preise attraktiv", sagt der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Patrick Hasenkamp. Die Erlöse aus der Vermarktung der Altkleider kämen den Bürgern zugute. "Sie werden genutzt, um die Gebühren zu stabilisieren." Wer selbst sammele, könne zudem das Stadtbild ansprechender und einheitlicher gestalten.
Andere Kommunen lassen sich die Container-Stellplätze bezahlen, indem sie etwa Konzessionen vergeben. Gemeinnützige und gewerbliche Sammler müssen sich dafür an Ausschreibungen beteiligen. Entschieden wird auch im Losverfahren, teilweise allerdings ohne genaue Prüfung der Bewerber. Wir fordern die Kommunen immer wieder auf, die Eignung der Bieter genau zu prüfen", sagt Hasenkamp. Unseriöse Firmen, die die korrekte Verwertung der Kleidung nicht nachweisen könnten, dürften nicht zum Zuge kommen.
HINTERGRUND
Jeder Beutel mit ausrangierter Kleidung ist ein Gemisch von Textilien unterschiedlicher Art und Qualität und muss geprüft werden. Die Altkleidersäcke aus Containern werden daher in der Regel ungeöffnet an Sortierbetriebe verkauft, die Abnehmer für die Stoffe suchen. Nach Angaben des Verbands Fairwertung, in dem sich gemeinnützige Sammler zusammengeschlossen haben, kann mit durchschnittlich 55 Prozent nur etwas mehr als die Hälfte einer Sammlung wieder getragen werden. Zwei bis vier Prozent der Textilien sind von besonders guter Qualität und werden direkt an Secondhand-Läden in Deutschland und Westeuropa verkauft. Sechs bis acht Prozent werden als Qualität I bezeichnet, weitere 30 bis 32 Prozent der Kleidung gelten als Qualität II.
Diese Textilien gehen an Abnehmer in Osteuropa, Afrika und dem Mittleren Osten. Wieder verwendbare Schuhe machen etwa sechs bis acht Prozent einer Sammlung aus. Die andere Hälfte der ausrangierten Klamotten ist den Angaben nach nicht mehr tragbar. Saugfähige Stoffe (etwa 15 bis 17 Prozent) werden an Putzlappenschneidereien verkauft. Weitere 17 bis 19 Prozent der Sammelware können zur Herstellung anderer Materialien verwendet werden. Diese Textilien verkauft der Sortierbetrieb unter anderem an Hersteller von Dachpappe oder von Abdeckungen für die Automobilindustrie. Rund 90 Prozent einer Sammlung werden damit stofflich wiederverwertet. Der Rest muss als Rest- oder Textilmüll kostenpflichtig entsorgt werden.
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