Meisterpianist Mundrov zeigt sein ganzes Können

Beim traditionellen Neujahrskonzert in Wehr sitzt Pianist Georgi Mundrov am Flügel. Er präsentiert auch Stücke für musikalische Feinschmecker.  

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Georgi Mundrov beim Neujahrskonzert im Bürgersaal des Alten Schlosses  | Foto: Michael Gottstein
Georgi Mundrov beim Neujahrskonzert im Bürgersaal des Alten Schlosses Foto: Michael Gottstein
Nicht ganz so altehrwürdig wie das Wiener Vorbild, aber ebenfalls seit vielen Jahren eine feste Größe im Kulturkalender sind die Neujahrskonzerte mit dem Pianisten Georgi Mundrov in Wehr. In seinem eineinhalbstündigen Gesprächskonzert am Sonntag im Alten Schloss begab er sich auf die Suche nach den "blauen Noten" und präsentierte Werke ukrainischer Komponisten. Diese hatte er durch die Studenten kennengelernt, die im Gefolge des Krieges an die Musikhochschule des Saarlandes, an der Mundrov lehrt, gekommen sind.

Während die Wiener Philharmoniker den Radetzkymarsch stets als Zugabe spielen, steht dieses Werk in Wehr immer am Beginn der Neujahrskonzerte. Auf die Hommage an Johann Strauss (Vater) folgte der ebenfalls mit rhythmischem Elan präsentierte Walzer "An der schönen blauen Donau" von Strauss (Sohn).

Jazz-Musiker sind stets auf der Suche nach der "blue Note", also jener Note, die in neue harmonische Bereiche führt. Georgi Mundrov als klassischer Musiker nutzte diesen Begriff aber auch im übertragenen Sinn: Seine erste "blue note" war der typische Tango-Rhythmus, der zunächst in einem Werk von Isaac Albéniz auftauchte. Der spanische Komponist verband die europäische Kunstmusik mit dem Flamenco, der in Form charakteristischer melodisch-harmonischer Wendungen das maurische Erbe verriet. Zu Beginn wurde mit Tremoli in lautmalerischer Manier die hitzeflirrende Landschaft Andalusiens gezeichnet, bevor sich eine kantable Melodie entfaltete, deren Tango-Rhythmus nahtlos zu Bizets Meisterwerk – der leidenschaftlichen Habanera der Carmen – führte und schließlich in Argentinien, bei Astor Piazzolla, endete.

Als Meisterpianist, der seine Virtuosität gerne zur Schau stellt, setzte Mundrov das Programm mit der ersten Etüde von Sergej Rachmaninow fort. Die für das Fin de Siècle typischen, sich gewaltig auftürmenden Akkordbrechungen und die Flut von Läufen präsentierte er wirkungsvoll, expressiv und zugleich kontrolliert. Die jazz-typischen ungeraden Takte kamen in der Jazz-Improvisation Rachmaninows zur Geltung, ebenso in der bulgarischen Volksmusik: Deutlich war der Fünfertakt zu hören, daneben bestachen die Werke durch burleske Melodien und einhämmernde Wiederholungsstrukturen.

"Ich bin kein Freund der Neuen Wiener Schule, die mit der Zwölftonmusik das tonale Zentrum der Musik weggesprengt hat", bekannte Mundrov. Aber er schätzt die ungeheure harmonische Raffinesse eines Alexander Skrjabin, der bei grundsätzlichem Festhalten an der Tonalität deren Möglichkeiten so weit ausreizte, dass er fast an die Grenze der Atonalität geriet. In den drei Werken Skrjabins – wahren Delikatessen für Feinschmecker – zeigte Mundrov nicht nur seine enorme Fingerfertigkeit, sondern seinen Sinn für subtile Tonmalerei und feinste dynamische Abstufungen, und er bewies großes Formbewusstsein bei der Gratwanderung, einen Melodiestrom nachzuzeichnen, der die Takteinteilungen und die Harmonien gerade noch zu erkennen gibt, diese aber gleichzeitig in einem unendlichen Fluss zu überspielen versucht, darin einem impressionistischen Gemälde ähnelnd.

Unbedingt eine Entdeckung wert ist der ukrainische Komponist Lewko Rewuzkyj. In seinem kurzen Werk war die Nähe zu Rachmaninow, mit dem zusammen er studiert hatte, zu erkennen, und bei genauerem Hinsehen hatte Mundrov entdeckt, dass dem Werk Rewutzkyjs die gleiche Begleitung wie Rachmaninows bekannter "Vokalise" zugrunde liegt; Letztere präsentierte er in gewohnter Souveränität und Kantabilität.

Den Abschluss widmete er dem ukrainischen Jazz-Musiker Nikolai Kapustin, der offenbar das Understatement pflegte. Seine Pastorale war für den Meister nur eine Fingerübung zum Einspielen, bis man ihn aufforderte, das Werk schriftlich festzuhalten. Und so blieb ein originelles Werk erhalten. Mit Chopins bekannte Polonaise als Zugabe rundete Mundrov das Konzert ab.
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