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Nahost-Konflikt

Mehr als 270 Tote und 1000 Verletzte bei Israels Angriffen im Libanon

  • dpa

  • Mo, 23. September 2024, 18:00 Uhr
    Ausland

     

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Israel erhöht den Druck auf die Hisbollah immer weiter. Bei Angriffen im Libanon meldet das Gesundheitsministerium viele Tote und Verletzte. Ein umfassender Krieg wird wahrscheinlicher.

Ein Mann sieht zu, wie Rettungskräfte ... durchsuchen.<Bildquelle></Bildquelle>  | Foto: Hassan Ammar (dpa)
Ein Mann sieht zu, wie Rettungskräfte die Trümmer nach Vermissten des israelischen Angriffs vom Freitag in den südlichen Vororten von Beirut durchsuchen. Foto: Hassan Ammar (dpa)

Bei israelischen Luftangriffen im Libanon sind nach Angaben des libanesischen Gesundheitsministeriums mindestens 274 Menschen getötet und mehr als 1.000 verletzt worden. Unter den Opfern seien auch Kinder und Sanitäter. Es ist die höchste Zahl an Toten und Verletzten im Südlibanon seit Beginn der kriegsähnlichen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der Hisbollah vor bald einem Jahr. Zunächst war von mindestens 50 Toten und mehr als 300 Verletzten die Rede gewesen.

Israels Armee hatte die Angriffe im Nachbarland in den vergangenen Tagen bereits ausgeweitet. Auch dabei gab es Tote und Verletzte. Die Armee ist Fragen, ob auch eine Bodenoffensive des Militärs möglich sei, bisher ausgewichen. Bei einem Einmarsch israelischer Truppen im Libanon wäre eine noch größere Beteiligung verbündeter Milizen der Hisbollah in der Region oder des Irans nicht ausgeschlossen. Allein am Montag meldete das israelische Militär mehr als 300 Angriffe auf Hisbollah-Ziele.

Panik im Südlibanon: Menschen fliehen vor israelischen Angriffen

Im Süden des Libanon sind deshalb viele Anwohner in Panik. Viele Menschen würden unter anderem aus Vororten der Stadt Tyros im Süden fliehen, sagten Anwohner. Einige eilten ins Zentrum der Küstenstadt und zum dortigen Gelände der UN-Beobachtermission Unifil. Die Straßen füllten sich mit Autos von Menschen, die offenbar in Richtung Beirut oder anderer Orte im Norden des Landes fahren wollten. Auf den Straßen kam es zum Stau. Es herrsche "Panik und Chaos", berichteten Augenzeugen. In der Küstenstadt Sidon, die etwa auf halber Strecke zwischen Tyros und Beirut liegt, kam der Verkehr zeitweise komplett zum Erliegen. Autofahrer teilten Videos in sozialen Medien, die zeigen, wie offenbar massenhaft Libanesen in Richtung Norden fahren.

Die Hisbollah und Israel liefern sich seit bald einem Jahr fast täglichen Beschuss. Dabei wurden mehr als 500 Hisbollah-Kämpfer, zwei Dutzend Zivilisten im Libanon sowie 48 Soldaten und Zivilisten in Israel getötet. Zudem mussten 150.000 Menschen auf beiden Seiten der Grenze ihre Wohnorte verlassen. Die kriegsähnlichen Auseinandersetzung hat sich nach der Explosion Tausender Kommunikationsgeräte im Libanon sowie einem israelischen Angriff auf die Hisbollah-Führung nahe Beirut mit mehr als 50 Toten, darunter auch Zivilisten, in der vergangenen Woche noch einmal verstärkt.

Krankenhäuser im Libanon bereiten sich auf Verletzte vor

Nach den verstärkten israelischen Luftangriffen im Libanon bereiten sich die Krankenhäuser auf viele Verletzte vor. Das Gesundheitsministerium forderte die Häuser im Süden und einige im Osten des Landes auf, nicht dringend notwendige Operationen zu verschieben. Damit solle Platz geschaffen werden für Verwundete der sich verstärkenden israelischen Angriffe.

Das Gesundheitssystem im Libanon ist auch wegen einer jahrelangen Krise in dem kleinen Land völlig überlastet. Die Schulen im Süden und teils im Osten des Landes blieben geschlossen und sollten auch am Dienstag nicht öffnen. Die aktuelle Lage gefährde die Sicherheit von Schülern, sagt Bildungsminister Abbas al-Halabi. Einige Schulen hätten begonnen, Vertriebene aufzunehmen, und würden in Notunterkünfte verwandelt, sagt Al-Halabi dem Fernsehsender LBCI.

Libanons Regierung wirft Israel "Vernichtungskrieg" vor

Die Regierung des Libanon hat Israel angesichts der verstärkten Angriffe "einen Vernichtungskrieg in jedem Sinne des Wortes" vorgeworfen. Israel verfolge einen "destruktiven Plan", um libanesische Dörfer und ländliche Gegenden zu zerstören, sagte der geschäftsführende Ministerpräsident Nadschib Mikati bei einer Kabinettssitzung in Beirut. "Wir als Regierung arbeiten daran, diesen neuen Krieg Israels zu stoppen und einen Abstieg ins Unbekannte zu verhindern", sagte Mikati.

Mikati verwies auch auf Äußerungen von UN-Generalsekretär António Guterres, der in einem Interview mit dem Fernsehsender CNN gewarnt hatte, der Libanon könne sich in ein "weiteres Gaza" verwandeln. Dieser Verweis des UN-Chefs auf den verheerenden Krieg im Gazastreifen müsse ein "Weckruf" sein für die Weltgemeinschaft, den Druck auf Israel auch im Krieg mit der islamistischen Hamas zu erhöhen, sagte Mikati. Die Vereinten Nationen und der UN-Sicherheitsrat müssten handeln, um auch die "Aggression" Israels im Libanon aufzuhalten.

Die Hisbollah ist heute deutlich stärker bewaffnet als im Krieg vor 20 Jahren

Israel und die Hisbollah haben bereits 1982 und 2006 Krieg gegeneinander geführt. Die vom Iran unterstützte Miliz ist heute deutlich stärker bewaffnet als während des Kriegs vor fast 20 Jahren. Sie handelt nach eigener Darstellung aus Solidarität mit der islamistischen Hamas, die im Gazastreifen gegen Israel kämpft. Hisbollah und Hamas werden vom Iran unterstützt.

Israels Armee hat die Zahl seiner Angriffe in Gaza zuletzt verringert und konzentriert sich zunehmend auf die Hisbollah. Israel will erreichen, dass sich die Miliz wieder hinter den 30 Kilometer von der Grenze entfernten Litani-Fluss zurückzieht - so wie es die UN-Resolution 1701 vorsieht, die das Kriegsende 2006 markierte. Der Resolution zufolge darf die Hisbollah entlang der Grenze gar nicht präsent sein. Dies wird aber weder von der UN-Beobachtermission noch von der libanesischen Armee durchgesetzt. Israel hat die Rückkehr seiner Anwohner in ihre Wohnorte im Norden zu einem der Ziele im Gaza-Krieg erklärt.

Die Hisbollah ist nach mehreren Angriffen geschwächt und hat zuletzt die schwersten Schläge seit Jahrzehnten erlitten. Insgesamt habe die Hisbollah binnen knapp eines Jahres mehr als 8800 Raketen und Drohnen auf israelisches Gebiet gefeuert, erklärte das israelische Militär. Vor Beginn der Hisbollah-Angriffe am 8. Oktober 2023 lagen die Schätzungen des Hisbollah-Arsenals bei 150.000 Raketen, Drohnen und Marschflugkörpern.

Ressort: Ausland

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Kommentare (2)

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Detlef von Seggern

815 seit 11. Sep 2020

Und die Spirale der Gewalt dreht sich unaufhörlich weiter. Wobei auch nicht wenige, unschuldige Menschen, Frauen, alte Männer und Kinder ihr Leben verlieren. Bei den "gezielten" Angriffen der israelischen Luftwaffe, auf führende Köpfe der Hisbollah, sowie deren Waffenarsenale. So dürfte es auch nur eine Frage der Zeit sein, bis die Terrororganisation Hisbollah - wieder genügend Nachschub an Waffen und Munition, aus dem Iran erhält.

Klaus Kienzler

1403 seit 19. Mär 2019

Es sollte den Europäern nicht egal sein, dass bei den Angriffen Israels auf den Libanon oder auf den Gazastreifen tausende Zivilisten d.h. Kinder, Frauen und Männer die nichts mit der Hamas oder der Hisbollah zu tun haben, zu Tode kommen oder verletzt an Leib und Seele werden. Dieses Europa redet von Menschenrechten und vom internationalen Gerichtshof, aber konsequent nicht nur gegenüber Russland, sondern auch gegenüber Israel ist Europa nicht. Deutschland meint, eine besondere Beziehung zu Israel zu haben, das mag sein, rechtfertigt aber nicht das Akzeptieren von über 35.000 toten Zivilisten in Gaza und jetzt schon hunderte von Toten und tausende Verletzte im Libanon. Keine lauwarmen Worte, sondern klare und empfindliche Sanktionen gegen Israel wären wohl das mindeste. Wir bezeichnen die Hamas und die Hisbollah als Terrororganisationen. Ein Großteil der Staaten dieser Welt meint aber, es seien Freiheitskämpfer, die für ihr Recht kämpfen. Eines ist sicher, Israel „züchtet“ mit seinen Aktionen eine neue Generation von Terroristen? oder Freiheitskämpfern? heran.


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