Y7-Gipfel in Tokio
Lisa Murken: „Einbringen, Lösungen vorbringen“
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BZ: Frau Murken, warum haben Sie sich für den Jugendgipfel beworben?
Lisa Murken: Ich finde es wichtig, dass in dem G-7-Prozess, der ja als sehr intransparent gilt, andere Akteure mit einbezogen werden und dass Jugendliche eine Stimme bekommen.
BZ: Worüber wird diskutiert?
Murken: Es gibt drei große Themenkomplexe: nachhaltige Entwicklung, Wirtschaft und Arbeit, Terrorismus und Flüchtlinge. Ich bin Delegierten für den ersten Komplex und dort für die Unterthemen Geschlechtergerechtigkeit, Bildungsgerechtigkeit und soziales Unternehmertum zuständig.
BZ: Welche Ideen bringen Sie mit?
Murken: Ich werde einen Antrag einbringen, dass man die unterschiedliche Betroffenheit von Geschlechtern beim Klimawandel mehr berücksichtigen muss. Ich beschäftige mich intensiv mit dem Thema Klimamigration, also damit, wie Menschen in Entwicklungsländern dem Klimawandel ausgesetzt sind. Weiterhin erarbeiten wir Lösungen, damit in Entwicklungsländern junge Unternehmer und ihre innovativen Ideen schnell und besser finanziell unterstützt werden können.
BZ: Was liegt Ihnen besonders am Herzen?
Murken: Das Thema Divestment. Diese Wortneuschöpfung bedeutet, dass man dafür kämpft, Investitionen aus fossilen Energien abzuziehen. Damit kann Großkonzernen die Grundlage entzogen werden – und somit der Klimawandel aufgehalten werden.
BZ: Dienen die Jugendlichen in Tokio nicht nur als Feigenblatt für die Herrschenden?
Murken: Nein. Das, was wir machen, ist keine Simulation von Politik. Wir erarbeiten Abschlusskommuniqués, die dann zur Kenntnisnahme den Entscheidern des G-7-Gipfels übergeben werden. Inwieweit das tatsächlich Wirkung zeigt, weiß ich allerdings nicht. Ich hoffe natürlich, dass man uns ernst nimmt. In den vergangenen Jahren hat der Y-7-Gipfel aber schon eine Aufwertung erfahren; die Strukturen sind professioneller geworden.
BZ: Woher kommt Ihr Interesse für Politik und Umwelt? Haben Sie zum Beispiel schon als Mädchen Kröten über die Straße geholfen?
Murken: Tatsächlich, das war damals im Kindergarten (lacht). In meinem Elternhaus gibt es die Tageszeitung, schon immer haben wir über tagespolitische Sachen am Frühstückstisch geredet. Nachrichten im Fernsehen haben mich ebenfalls von klein auf interessiert. Später wurde ich Schülersprecherin. Bei einer Projektwoche in der Schule ging es einmal um Landminen in Afghanistan. Wir haben uns in dieses Thema eingearbeitet und Briefe an Politiker geschrieben. Das hat mich sehr beeindruckt. Da war ich 13 oder 14 Jahre alt.
BZ: Ihre Generation gilt als angepasst, wenig rebellisch und apolitisch...
Murken: So würde ich das nicht sagen. Engagement ist heute nicht mehr so sehr an Parteien und an der großen Politik orientiert. Viele junge Leute bringen sich etwa in der sogenannten Flüchtlingskrise ein oder anderen Themen auf lokaler Ebene.
BZ: Glauben Sie, dass man im Kleinen die Welt verbessern kann?
Murken: Es wäre doch traurig, wenn ich das nicht glauben würde. Falsch ist, vor der Größe der Probleme zu kapitulieren.
BZ: G-7-Gipfel werden in der Regel von lautstarken Protesten begleitet. Die Globalisierungsgegner und Autonomen haben meist das gleiche Alter wie Sie. Sie sind nun Teil der G-7-Maschinerie. Was rufen Sie diesen jungen Menschen entgegen?
Murken: Ich kann ihre Kritik sehr gut verstehen. Die G 7, dieser Zusammenschluss der sieben mächtigsten westlichen Industrienationen, steht durchaus für eine veraltete Weltordnung. Mein Problem mit den Protesten ist, dass sie mir zu wenig konstruktiv sind. Sicher, man kann und sollte demonstrieren. Aber man sollte auch eigene Anliegen, Ideen und Lösungsvorschläge vorbringen. Das kann man auf so einem Jugendgipfel.
BZ: Vervollständigen Sie den Satz: "Wenn ich Bundeskanzlerin wäre..."
Murken: ...würde ich wegen der Klimaschutzziele möglichst schnell aus der Kohle aussteigen, damit aufhören, die Autoindustrie zu protegieren und mich ernsthafter dafür einsetzen, dass Entwicklungsländer fairere Chancen bekommen.
BZ: Und diesen: "Eine bessere Welt ist für mich eine, in der..."
Murken: ... es möglichst keine Ungleichheit gibt und in der wir mit der Natur leben und nicht gegen sie.
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