Katastrophe
Lennart Waliño Fernandez aus Müllheim hat die Flut bei Valencia hautnah erlebt
Während eines Besuchs war Lennart Waliño Fernandez plötzlich mitten drin in der Flutkatastrophe bei Valencia. In der Nähe hat es auch Todesopfer gegeben. Nun wird in Müllheim ein Benefizkonzert organisiert.
Do, 7. Nov 2024, 20:00 Uhr
Müllheim
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Lennart Waliño Fernandez, der in Müllheim aufgewachsen ist, hat einen spanischen Vater. Ihn und seine Verwandtschaft hat er zusammen mit seiner Frau und den zweijährigen Zwillingen besucht. Ausgerechnet jetzt. Denn während des Besuchs passierte die Unwetter-Katastrophe mit einem historischen Ausmaß. Nachdem sich Unmengen an Niederschlägen an den Gebirgen bei Valencia abgeregnet hatten, schwollen eigentlich trockene Flussbetten voll mit reißendem Wasser.
Das Szenario steckt Lennart Waliño Fernandez jetzt, einige Tage nach der Katastrophe, noch derart in den Knochen, dass es ihm schwerfällt, das Geschehene zu beschreiben. Der Ort seines Vaters heißt Picanya, es ist, wie auch das direkt benachbarte Paiporta, ein Vorort der 800.000-Einwohner-Stadt Valencia, welche am Mittelmeer südwestlich von Barcelona liegt.
In der selben Straße gab es auch Todesopfer
In der Straße, in der er und seine Familie lebten, hat es Todesopfer gegeben. "Wir Überlebenden hatten viel Glück." Nachbarn haben sich gegenseitig geholfen. Das Alarmsystem habe nicht funktioniert. Sechs Stunden nachdem das Wasser kam, habe sein Handy Alarm gegeben.
Eigentlich hatten Lennart Waliño Fernandez und seine Frau einen zweieinhalbwöchigen Urlaub geplant. Ein Tag vor dem Rückflug nach Berlin kam das Wasser. "Es sind alle Brücken eingestürzt, Autos wurden zusammengeschoben, Straßen wurden unpassierbar und der Schlamm stand hinterher kniehoch", schildert er. Diese Dramatik sei so nicht zu erahnen gewesen. Regen habe es vor Ort gar keinen gegeben, der sei weit entfernt gefallen.
In der Nacht noch flohen Lennart Waliño Fernandez in eine private Unterkunft, eine Matratzenfabrik. Dann wurden sie in ein im Bau befindliches Altenheim evakuiert. "Wir hatten Glück, dass es dort fließend Wasser gibt", sagt er. Inzwischen seien die Bewohner der Unterkunft gut versorgt.
Das Haus seines Vaters muss abgerissen werden
Klar sei für ihn aber, dass das Haus seines Vaters abgerissen werden müsse. In der Straße sehe es aus, als ob ein kriegerischer Angriff passiert sei. In den Häuserwänden gebe es große Löcher – alles verursacht durch die Gewalt der Wassermassen. "Bei uns in der Straße kam das Wasser mit voller Wucht und der Sog zerstörte die Häuser." Viele, fast alle hätten alles verloren, alles sei kaputt. Sein Vater habe selbst seinen Geldbeutel und den Pass verloren.
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Zugleich ist Lennart Waliño Fernandez sicher, dass weitere Schäden noch sichtbar würden. Auch an Gebäuden, die jetzt noch bewohnbar erschienen. Die meisten, so seine Erfahrung, seien zwar versichert und es gäbe auch teilweise Soforthilfen der Regierung – "doch das fängt die Schäden und Verluste niemals auf", fürchtet er. Und ob die Soforthilfen ankämen, sei nicht sicher.
Lennart Waliño Fernandez berichtet vom tollen Zusammengehörigkeitsgefühl
Sehr positiv sei allerdings das Zusammengehörigkeitsgefühl der Menschen. "Alle kennen sich, alle helfen sich", hat er beobachtet. Jetzt in dieser Situation kämen allerdings viele bei Verwandten unter, so dass die engen Nachbarschaften auseinanderfielen. Die Orte, wo man sich trifft, Geschäfte, Cafébars, Restaurants - "all das ist zerstört".
Jetzt, für den Freitag, ist der Heimflug nach Berlin geplant, wo er seit zwölf Jahren lebt. Die Familie reist mit gemischten Gefühlen ab. Sie lassen schlimme Schicksale hier, sagt Lennart Waliño Fernandez. Aber es gehe ihm und seiner Frau um ihre zweijährigen Zwillinge, die sie keinen weiteren Gefahren aussetzen wollen. Beeindruckend ist für ihn, wie in die betroffenen Orte Freiwillige als Hilfskräfte strömen und beim Aufräumen helfen.
Er wünscht sich, dass die Menschen hier nicht vergessen werden. "Es wäre schön, wenn, wer kann, sie unterstützt" - auch noch in den kommenden Monaten, wenn keiner mehr über das Unglück berichtet. "Es wird noch lange dauern und viel Hilfe benötigt, bevor hier wieder ansatzweise Normalität einkehren kann."
Am Sonntag, 24. November, 17 Uhr gibt es in der Martinskirche in Müllheim ein Benefizkonzert für die von der Flut betroffenen Menschen, zu dem viele lokale Musikgrößen ihre Teilnahme zugesagt haben. Mit dabei sind: Neele Pfleiderer und Esther Perales (beide Gesang), Dorothea Gädeke (Rezitation(Gesang), Felix Borel (Violine), Mike Schweizer (Saxofon), Uli Binetsch (Posaune), Albrecht Haaf, Tilman Günther und Philipp Moehrke (alle Klavier), Thomas Bergmann und Peter Kleindienst (beide Gitarre), Jörgen Welander und Winfried Holzenkamp (beide Bass), Wolfgang Minarik, Frank Bockius und Matthias Füchse (alle Schlagzeug).
BZ
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