Freiburger Frühjahrsmess’

"Breakdance": Kreischende Menschen in rotierenden Gondeln

Eine der Attraktionen auf der Freiburger Frühjahrsmess’ ist "Breakdance", ein Turbokarussell, das für Adrenalinkicks und lange Schlangen sorgt.  

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Auf einer aufwändigen Konstruktion basiert das Turbokarussell „Breakdance“. Foto: Thomas Kunz

Aus den Boxen dröhnt karibischer Reggae, künstlicher Nebel steigt auf, Lichter blinken rot, weiß, blau und grün. Jugendliche haben es sich in den Gondeln von "Breakdance Number One" bequem gemacht, einem der von Wartenden am heftigsten umlagerten Fahrgeschäfte auf der Freiburger Mess’, ein 3,3 Millionen Euro teures Turbokarussell, das Patricia Kinzler gehört.

Ein Jüngling mit umgedrehter Basecap gibt sich lässig, die Mundwinkel hängen nach unten, zwei Mädchen sehen nach schlechter Laune aus, ein Junge knabbert etwas nervös an Zuckerwatte. Zwei Teenies tratschen und kichern. Innerlich angespannt sind sie alle vor dem Ritt mit diesem Monster. Eine rauchige Stimme verkündet auffordernd: "Ready?! Einchecken bitte!" Und los geht’s. Von Null auf 50 in 20 Sekunden – für einen Sportwagen eine lasche Zeit, für ein Karussell ein irrsinniger Turbowert .

Irrsinnig teuer war auch die Anschaffung des Fahrgeschäftes. Für damals 3,3 Millionen Mark kaufte Fritz Kinzler 1988 das Breakdance. "Heute würde das Turbokarussell sicher dasselbe in Euro kosten", sagt Patricia Kinzler, die die Betreuung des Fahrgeschäftes von ihrem Vater übernommen hat. "Mein Papa wollte damals eine einzigartige Attraktion haben, um damit die größten Messeplätze zu besuchen", sagt die gebürtige Wormserin. Der Plan war mit hohem finanziellem Risiko verbunden, letzten Endes ging er jedoch auf. Weltweit gibt es nur drei Breakdance-Karussells in dieser Größenordnung. An Toptagen stehen sich die Messebesucher in der Schlange die Füße platt.

"Das ist so geil", flippt die 15-jährige Alina Rudolf aus, die mit ihrer Freundin Rebekka von Kirchbach nur wegen Breakdance auf die Frühjahrsmess’ kommt: "Das Geschäft geht einfach richtig ab." Das sieht Daniel Hohwieler aus dem Stadtteil Stühlinger genauso. Achtmal hintereinander sei sein Rekord gewesen. "Danach konnte ich nur noch so laufen", sagt er und torkelt umher wie ein angeschlagener Boxer. "Der absolute Hammer. Du kriegst nirgends so einen Adrenalinkick." Ob er Angst bekommen hat? "Ach was", winkt der 19-Jährige cool ab. "Es kann mir ja nix passieren."

Mit Überrollbügeln sind die mitfahrenden Kreischer gesichert. Zu einem Unfall sei es in 27 Jahren nicht gekommen, versichert die Betreiberin Patricia Kinzler. "Die Sicherheitsstandards sind in Deutschland extrem hoch." Das koste zwar Zeit und Geld, lohne sich aber dennoch. "Wir befördern Menschenleben, da ist jede Vorsicht geboten."

Täglich wird das 50 Tonnen schwere Monstrum gewartet. Die beiden Hauptantriebe müssen ebenso laufen wie die sechs Motoren der Gondeln und die Luftkompressoren, die das Bremsen steuern. Schweißnähte werden gecheckt, die Lichtanlage getestet, Gelenke der Drehkreuze abgeschmiert. Vier Stunden lang sind fünf Fachkräfte damit beschäftigt, alles wird in einem Buch lückenlos dokumentiert. Zudem kommt alle drei Jahre eine Untersuchung des TÜV, der das Fahrgeschäft auf Schraube und Niete überprüft. Auch nach jedem Aufbau an den verschiedenen Messestandorten wird das Breakdance technisch abgenommen. "Viel mehr Vorsorge geht kaum", findet Kinzler.

Zu knapp 15 Messen jährlich touren Kinzler, ihre sechs Mitarbeiter und die fünf Transportwagen mit dem nur kurzzeitig stillstehenden Fahrgeschäft. Zwei Tage dauert der Aufbau, zwölf Stunden anschließend der Abbau. Es geht zum Schützenfest nach Hannover, zum Stuttgarter Volksfest, zur Düsseldorfer Kirmes oder eben nach Freiburg auf die Frühjahrsmess’. Macht der Stress noch Spaß? "Ohne Messen würde mir sicher etwas fehlen", sagt Kinzler. "Es ist aber auch anstrengend. Dennoch sitze ich lieber im Kassenhäuschen als daheim im Wohnzimmer."

Hinter der Glasscheibe ist Patricia Kinzlers Welt. Sie steuert die Musik, das Licht, die Geschwindigkeit ihres brausenden Breakdance-Babys. Am Mikrofon heizt sie ein, ihre markante Stimme ist auf dem Messegelände kaum zu überhören. "Habt ihr noch Böcke?", ruft sie den Insassen in den Gondeln zu. Ein lautes Gekreische antwortet ihr. Dann gibt Patricia Kinzler noch einmal drei Runden Vollgas. Danach ist gut, langsam trudelt das Monsterkarussell aus. Nach dem Aussteigen stehen alle Insassen wieder sicher, wenn auch etwas wackelig und nach Luft ringend, auf dem knallharten Betonboden. "Schluss, aus, Mickey Mouse", kommt es aus den Lautsprechern. Dann beginnt der Spaß wieder von vorne – die Schlange der ungeduldig Wartenden auf einen Höllenritt ist lange.

Frühjahrsmess’: Geöffnet am Samstag und Montag, 14 bis 23 Uhr, Sonntag, 11 bis 23 Uhr. Montag 22.30 Uhr Abschlussfeuerwerk. Die Fahrt im Breakdance kostet drei Euro, vier Tickets für zehn, zehn für 20 Euro.

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