Kiew gibt Mariupol auf

Moskau: Alle Kämpfer in Azovstal-Werk haben sich ergeben / Selenskyj spricht von "Hölle" im Donbass.  

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Ein zerstörtes Wohngebiet in Mariupol,... ist das umkämpfte Stahlwerk zu sehen.  | Foto: ANDREY BORODULIN (AFP)
Ein zerstörtes Wohngebiet in Mariupol, im Hintergrund ist das umkämpfte Stahlwerk zu sehen. Foto: ANDREY BORODULIN (AFP)

In der ukrainischen Hafenstadt Mariupol haben sich nach russischen Angaben nun alle Kämpfer in dem belagerten Stahlwerk Azovstal ergeben. Die Industriezone sei damit vollständig unter russischer Kontrolle, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Freitagabend mit. Außerdem haben die russischen Truppen nach eigenen Angaben weitere Etappenziele erreicht.

Der Vormarsch im östlichen Donbass-Gebiet sei erfolgreich und die "Befreiung" der von Moskau anerkannten Luhansker Volksrepublik nähere sich dem Abschluss, sagte der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu am Freitag.

Die zuletzt verbliebenen ukrainischen Verteidiger des von russischen Truppen eingeschlossenen Stahlwerks in der Hafenstadt Mariupol hatten am Freitag erklärt, dass sie laut einem Befehl ihrer Armeeführung die Verteidigung der Stadt einstellen sollen. Dies sagte der Kommandeur des umstrittenen Nationalgarderegiments "Asow", Denys Prokopenko, in einer Videobotschaft. Damit sollten Leben und Gesundheit der Soldaten der Garnison geschützt werden. Am Abend meldete die russische Armee die "vollständige Befreiung" des Stahlwerks. "Heute am 20. Mai hat sich die letzte Gruppe von 531 Kämpfern ergeben", sagte Igor Konaschenkow, Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Insgesamt hätten sich seit Montag "2439 Nazis des Asow-Regiments und ukrainische Soldaten, die in der Fabrik festsaßen, ergeben".

Die russischen Streitkräfte konzentrierten derweil nach eigenen Angaben ihre Luftangriffe auf das frontnahe Hinterland der Ukraine. Laut dem Verteidigungsministerium wurden mehrere Ortschaften in den Gebieten Donezk und Charkiw attackiert. Raketenstreitkräfte und Artillerie hätten Depots und Artillerie- und Raketenwerferstellungen zerstört. Unabhängig konnten diese Angaben nicht überprüft werden. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj bezeichnete die Situation im Donbass als "Hölle".

Im Gebiet Saporischschja im Süden der Ukraine behindern die russischen Besatzungstruppen angeblich die Flucht von Zivilisten auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet. "Derzeit befinden sich in der Stadt Wassyliwka vor dem russischen Checkpoint mehr als 1000 Fahrzeuge, die nicht auf das von der Ukraine kontrollierte Gebiet gelassen werden", sagte die Vizechefin der Gebietsverwaltung von Saporischschja, Slata Nekrassowa, der Nachrichtenagentur Ukrinform.

Die sieben führenden Industrienationen wollen die Ukraine mit zusätzlichen kurzfristigen Budgethilfen in Höhe von 9,5 Milliarden Dollar (knapp 9 Milliarden Euro) unterstützen. Darauf verständigten sich die Finanzminister der G7-Staaten auf dem Petersberg bei Bonn. Seit Jahresbeginn hätten sie damit 19,8 Milliarden Dollar an Finanzhilfen mobilisiert, hieß es in der Abschlusserklärung. Das Geld soll helfen, die staatlichen Leistungen des Landes aufrechtzuerhalten und Finanzierungslücken zu schließen. In den USA billigte nun auch der Senat ein Ukraine-Hilfspaket mit einem Volumen von fast 40 Milliarden Dollar (38 Milliarden Euro).

Im ersten ukrainischen Kriegsverbrecherprozess forderte die Verteidigung einen Freispruch für den angeklagten russischen Soldaten. "Er hat einen Befehl ausgeführt, wenngleich es ein verbrecherischer Befehl war", sagte sein Anwalt gemäß einer Meldung der Onlinezeitung Hromadske. Der Angeklagte sei bedroht worden. Der 21-Jährige habe den 62-jährigen Zivilisten im Dorf Tschupachiwka im Gebiet Sumy nicht töten wollen. Die Staatsanwälte hatten zuvor eine lebenslängliche Haftstrafe gefordert. Das Urteil wird am Montag erwartet.
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