Fragen und Antworten
Kann das Fangverbot die Felchen im Bodensee retten?
Einst der ertragreichste Speisefisch, gehen den Fischern am Bodensee kaum noch Felchen ins Netz. Und auch die Wissenschaft findet kaum noch Jungtiere. Gründe für den Schwund gibt es einige.
Aleksandra Bakmaz
Do, 22. Jun 2023, 17:56 Uhr
Südwest
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
Das Fangverbot ist aus Sicht der Wissenschaft alternativlos, um die Blaufelchen zu retten. Die Forscher registrieren immer weniger Jungtiere. Eier und Larven am Ufer gebe es kaum noch, sagt der Leiter der Fischereiforschungsstelle in Langenargen, Alexander Brinker. Das mache den Experten mehr Sorgen als die massiv gesunkenen Fangzahlen.
Aber auch die Erträge sprechen eine klare Sprache: Im vergangenen Jahr haben die 64 Berufsfischer laut IBKF lediglich 21 Tonnen Felchen gefangen. Das sei ein Einbruch von mehr als 80 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in dem noch 107 Tonnen gefangen wurden. Schaut man sich das Mittel der vergangenen zehn Jahre an, haben sich die Erträge um 89 Prozent verschlechtert. Die Situation wurde nun als besorgniserregend eingestuft.
Die Gründe für den Schwund sind vielfältig. Die Felchen finden zum einen weniger Futter, weil das Binnengewässer zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz zu nährstoffarm für die Süßwasserfische geworden ist. Aus der Luft werden Fische am Ufer von einem fischfressenden Zugvogel angegriffen, dem Kormoran.
Zum anderen gibt es im See immer mehr invasive Arten wie die eingewanderte Quagga-Muschel, die den für die Produktivität des Gewässers wichtigen Phosphor am Boden bindet und sich explosionsartig vermehrt hat. Allerdings wird sich dieser Effekt laut Experten erst in der Zukunft bemerkbar machen. Doch der noch größere Konkurrent unter der Wasseroberfläche ist laut Experten der Stichling.
Der kleine silberne Fisch wurde Anfang der 1950er Jahren erstmals im Bodensee nachgewiesen. Seitdem hat auch er sich explosionsartig vermehrt. Laut der Fischereiforschungsstelle macht er mittlerweile mehr als 90 Prozent der Fische im Freiwasser aus. Er frisst den Felchen das Plankton weg. Es gibt laut Wissenschaft auch Hinweise, dass er die Eier und Larven der Felchen frisst.
Wie sich der Klimawandel auf den Bestand auswirkt, lässt sich Wissenschaftlern nach aktuell schwer beurteilen. Die Rolle des Klimawandels werde gerade ausführlicher untersucht, sagt Brinker von der Fischereiforschungsstelle. "Felchen etwa sind kälteliebende Fische." Die heute wärmeren oberen Wasserschichten würden sie eher meiden, obwohl dort Nahrung zu finden wäre. Der Blaufelchen gilt bisher offiziell nicht als gefährdet, so Brinker. Die aktuellen Maßnahmen sollen dazu beitragen, dass es auch nicht dazu kommt.
Zu den gefährdeten Fischen am Bodensee gehören laut Fischereiforschungsstelle die Seeforelle und die Esche, die besonders bei Anglern sehr beliebt ist. Für die Quappe ist der See zu warm geworden, was ihre Fortpflanzung stört. Bei den für die Fischerei nicht relevanten Kleinfischen gilt der Strömer als gefährdet.
Blaufelchen hat wenig Gräten ist wegen seiner vielseitigen Zubereitungsmöglichkeiten besonders beliebt bei Fischern und Gastronomen. "Als Räucherfisch, ganzer Fisch oder Filet ist er auf dem Teller präsentierbar", sagt Berufsfischer Stohr. Außerdem biete der große See mit seinem vielen Freiwasser eigentlich die besten Bedingungen für den Speisefisch. Klassisch werde er serviert auf "Müllerin Art" mit Petersilien-Kartoffeln.
Eine Felchenzucht am Bodensee wurde vor Jahren diskutiert, weil der Ertrag die hohe Nachfrage schon länger nicht mehr decken kann. Häufig landen am Bodensee deshalb importierte Felchen auf den Tellern. Mit Schiffskorsos hatten Bodenseefischer 2020 gegen die Fischmast protestiert, weil die Übertragung von Krankheiten auf Wildtiere und die Verunreinigung des Sees befürchten. Das Projekt einer Genossenschaft aus einigen wenigen Berufsfischern, Fischzüchtern und Fischhändlern wurde auf Eis gelegt.
Ganz besonders von den Fischern vermarktet wird aktuell das Rotauge. Der Fisch biete zwar nicht so viele Verwendungsmöglichkeit wie der Felchen, weil er etwa nicht geräuchert werden könne, so Berufsfischer Stohr. Doch er sei eine immer beliebtere Alternative. Zu den beliebteren Bodensee-Fischen zähle auch der Barsch und der Hecht. Die Erträge bei diesen beiden Fischarten sind relativ stabil.