Sinus-Studie
Jugendliche sind problembewusster als vor zwölf Jahren
Treue, Toleranz, Hilfsbereitschaft: Alle vier Jahre gibt die Sinus-Studie Einblick in das Leben der 14- bis 17-Jährigen. Die Forscher haben dieses Jahr auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie erfragt.
dpa
Do, 23. Jul 2020, 20:30 Uhr
Panorama
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Die Untersuchung ist nicht repräsentativ, weil nur 72 Jugendliche zwischen 14 und 17 Jahren befragt wurden. Die langen und persönlichen Interviews erlauben Forschern aber einen guten Einblick in das Denken der Teenager. In der Sozialforschung ist diese Methode wegen ihrer offenen Herangehensweise und der daraus resultierenden Tiefenschärfe anerkannt.
"Die Jugendlichen sagen natürlich über sich selbst: "Hey, wir wollen Spaß im Leben haben", sagte Forschungsdirektor Marc Calmbach vom Sinus-Institut in Berlin. Wenn man sie dann aber genauer befrage, äußerten sie sich bodenständiger, gemäßigter und problembewusster als bei der ersten Sinus-Studie vor zwölf Jahren.
Gleichzeitig werden Konkurrenzgesellschaft und Ellbogenmentalität aber kritischer wahrgenommen. "Wichtig ist ihnen zusehends die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ein 70-Stunden-Job ist selbst bei einem Spitzengehalt keine Wunschvorstellung", erläuterte Calmbach. Die "neue Ernsthaftigkeit" der Jugend erklärt sich nach Einschätzung der Forscher zu einem guten Teil aus der Sorge um die Umwelt und das Klima. Daneben seien auch Migration und soziale Gerechtigkeit große Themen. "Es ist eben nicht mehr die Spaßgesellschaft wie in den 90ern", sagte Calmbach. "Wir stehen ja heute tatsächlich vor großen Herausforderungen, und die werden sensibel wahrgenommen."
Der frühere Hedonismus sei stark zurückgegangen.
Damit verbunden sei eine neue Politisierung der nachwachsenden Generation. Nicht in dem Sinne, dass sich nun alle generell für Politik interessieren, wohl aber in der Hinwendung zu dem überragenden Thema Klimaerwärmung. "Das Klimaproblem wird zur zentralen Frage der Generationengerechtigkeit erhoben." Sichtbares Zeichen dafür: die "Fridays for Future"-Demonstrationen.
"Wir gehen davon aus, dass der Einsatz der Jugend für den Klimaschutz nicht abebben wird", sagte Calmbach. "Ich finde es manchmal eine ziemlich arrogante Erwachsenenhaltung, die Jugend daran zu bemessen, wie lange sie durchhält, so nach dem Motto: "Nach den Sommerferien ist es bestimmt vorbei mit dem Engagement." Das werde einer Generation nicht gerecht, die sich dieses Thema effektiv und kreativ angeeignet habe.
Von der Politik fühlten sich die Jugendlichen kaum gehört und repräsentiert. Um auch die Auswirkungen der Corona-Pandemie mit aufzunehmen, haben die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im April und Mai erneut geforscht. Hier zeigte sich, dass die meisten Jugendlichen der Politik in Deutschland ein gutes Zeugnis für ihr Krisenmanagement ausstellen. Vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann punkten.
Die im Zusammenhang mit dem Lockdown getroffenen Maßnahmen werden als alternativlos bewertet. Kritisiert wird am häufigsten die Wiedereröffnung der Schulen, die wie andere Lockerungen als risikoreich eingestuft wird. "Hier zeigt sich, dass die Jugendlichen es als ihre Verantwortung sehen, die Krise ernst zu nehmen und sich um ihre Mitmenschen zu sorgen, auch wenn sie von persönlichen Einschränkungen genervt sind", sagte Calmbach.
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