Juden im Land haben zunehmend Angst
Antisemitismusbeauftragter Michael Blume warnt vor Anfeindungen in sozialen Netzwerken.
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Es habe in den vergangenen Jahren einige Vorfälle gegeben, die die Gemeindemitglieder verunsichert hätten, sagte Traub. Der Vorsitzende der IRG in Baden, Rami Suliman, berichtete von Mitgliedern, die keine Post mehr von der Gemeinde bekommen wollten mit einem Davidstern auf dem Kuvert. "Das Sicherheitsgefühl der Mitglieder ist nicht so gut."
Der Beauftragte Blume sagte, die Verunsicherung habe auch etwas mit den digitalen Medien zu tun. Schüler befürchteten, dass sie in den sozialen Netzwerken für ihren Glauben angefeindet werden könnten. Im engen Freundeskreis und in der eigenen Klasse gebe es hingegen oft gar keine Probleme. Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) hatte die öffentlichen Schulen jüngst aufgerufen, diskriminierende Vorfälle an die Schulverwaltung weiterzumelden, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen und über Gegenmaßnahmen beraten zu können.
Das Gemeindezentrum der IRG Württembergs in Stuttgart wird nach den Worten von Vorstandsmitglied Michael Kashi gerade auch unter Sicherheitsaspekten umgebaut. Er finde es sehr traurig, dass jüdische Gemeindemitglieder so viele Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg immer noch Angst hätten vor Rechtsradikalen. Zudem seien in den vergangenen Jahren viele Muslime nach Deutschland gekommen, die keinen Unterschied machten zwischen Juden und Israelis. "Sie haben in ihren Ländern gelernt, dass Israelis ihre Feinde sind und man sie vernichten muss. Sie kommen nach Deutschland und meinen, Juden seien wie Israelis und man müsse sie irgendwie bekämpfen." Daher müsse die IRG in Sicherheit investieren. "Wir hätten das Geld lieber gespart oder für andere Sachen ausgegeben. Aber wir müssen es machen." Kashi betonte, dass die Zusammenarbeit mit der Polizei gut sei. Doch die Beamten könnten nicht rund um die Uhr physisch anwesend sein. Deswegen gebe es im Gemeindezentrum in Stuttgart eigene Mitarbeiter, die sich um die Sicherheit kümmerten.
Innenminister Thomas Strobl (CDU) sagte am Donnerstag bei einem Besuch des Gemeindezentrums der IRG Württembergs, er trete dafür ein, dass sich jeder in diesem Land frei bewegen könne – egal, welchen religiösen Glauben ein Mensch habe. Für Antisemitismus dürfe es keinen Raum geben. "Wehret jeglichen Anfängen", mahnte er.
Im Jahr 2016 gab es in Baden-Württemberg 95 antisemitische Straftaten – im vergangenen Jahr waren es nach Angaben des Innenministeriums 99 Taten. Im Dezember hatten Unbekannte in Heilbronn einen öffentlich aufgestellten Chanukka-Leuchter zerstört. In Ulm war die neue Synagoge im Spätsommer mit Füßen und Metallpfosten traktiert und beschädigt worden. Das sind aber nur die Vorfälle, die strafrechtlich relevant sind und angezeigt wurden.
Nach Blumes Angaben gibt es bislang keinen Überblick über alle antisemitischen Vorfälle und somit auch keine verlässliche Aussage darüber, ob die Zahlen zunehmen. Blume soll dem Landtag im Juli 2019 einen Bericht vorlegen, der eine Zustandsbeschreibung und auch Handlungsempfehlungen enthält.
Die Israelitischen Religionsgemeinschaften Württembergs und Baden haben zusammen rund 8000 Mitglieder. Nach Schätzungen der IGR gibt es in Baden-Württemberg aber etwa doppelt so viele Juden, denn nicht alle haben sich jüdischen Gemeinden angeschlossen.