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In Brasilien ist die Nachfrage nach religiösen Tattoos in der Pandemie gestiegen

Immer mehr Menschen in Brasilien lassen sich religiöse Motive stechen. Beliebt sind Tätowierungen des leidenden Jesus oder der schützenden Gottesmutter. Dies hat offenbar mit der Pandemie zu tun.  

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Tätowierer Rodrigo Azevedo Santos stic...den in seinem Studio ein Jesus-Tattoo.  | Foto: Tobias Käufer
Tätowierer Rodrigo Azevedo Santos sticht einem Kunden in seinem Studio ein Jesus-Tattoo. Foto: Tobias Käufer
Anders als in Europa, wo das Christentum mehr und mehr in die Defensive gerät, zeigen Lateinamerikanerinnen und Lateinamerikaner deutlich offensiver ihren Glauben. Das berühmteste Jesus-Tattoo hat wohl Weltfußballer Lionel Messi aus Argentinien, auf dessen Oberarm ein großer Jesus mit Dornenkreuz zu sehen ist. Die Branche boomt, das liegt auch an der Pandemie, allein in Brasilien sind über 615 000 Menschen an Covid gestorben, Existenzen sind zerstört oder bedroht.

"Die meiste Nachfrage haben wir nach Bildern eines Jesus, der gegeißelt wird. Vielleicht weil sich viele Menschen aus den Armenvierteln in diese Lage hineinversetzen können. Sie fühlen sich Jesus, der Leid ertragen muss, eng verbunden", sagt Tätowierer Thiago Luz aus Rio de Janeiro. Vielleicht entstehe durch die Erfahrung von Leid die größere Nähe zu Jesus als im reichen Europa, vermutet Luz.

Am Strand will man die Tätowierungen zur Schau stellen

Zu Thiago Luz kommen viele Kunden, die religiös sind, aber nicht unbedingt in die Kirche gehen würden. Sie fühlen sich sicherer, wenn sie Jesus oder Maria immer bei sich haben, in diesem Fall halt auf der Haut. "Das Leben hier ist durch Unsicherheiten geprägt, da hilft es, wenn man etwas hat, woran man sich festhalten kann", sagt Tätowierer Luz. "Beliebte Motive sind die betenden Hände, das heilige Herz Christi oder das Panorama der Kreuzigung. Viele wollten sich Maria tätowieren lassen." Oft suchten sich die Menschen auch einen Löwen aus, der Jesus symbolisieren soll. "Es gibt Leute, die sich für den Löwen von Juda mit der Kreuzigung auf der Unterseite entscheiden."

Es gebe in Rio de Janeiro bei Jugendlichen eine große Nachfrage nach Tätowierungen, weil sich die jungen Leute damit am Strand zeigen wollen, sagt Danny Rocha aus dem Ortsteil Sao Cristavao. "Das gehört zum Körperkult." Das Zeigen und das Schmücken des Körpers sei hier sehr wichtig. Manchmal gebe es Widerstand in der Familie, weil die Eltern glaubten, eine Tätowierung beschmutze den Körper, erzählt Rocha. "Dann wählen die Jugendlichen lieber religiöse Darstellungen, weil diese von der Gesellschaft stärker akzeptiert werden. Sie sagen dann, das ist keine Sünde, das ist doch Jesus." Er habe etwa zehn Kunden pro Monat für religiöse Motive. Darunter sind auch Darstellungen aus anderen Religionen wie dem afrobrasilianischen Umbanda. "Für einen einfachen Jesus brauche ich etwa anderthalb Stunden, aber das hängt von der Größe und dem Detailreichtum ab. Wenn die Darstellung komplexer ist, dauert es drei bis vier Stunden", sagt Rocha.

Die Evangelikalen lassen sich weniger oft tätowieren

"Wir hatten schon immer eine starke Nachfrage nach religiösen Motiven, aber die Pandemie hat den Wunsch nach Jesus oder Maria auf der Haut noch einmal verstärkt", sagt Tätowierer Rodrigo Azevedo Santos. "Fast alle Kunden haben dafür persönliche Motive." Ein Familienangehöriger, der eine schwere Infektion überlebt hat, sei so ein Beispiel. "Andere haben einen schweren Verlust erlitten und bitten Jesus nun um die Aufnahme des verstorbenen Familienmitglieds in den Himmel", sagt der Tätowierer.

Als Dank ließen sie sich tätowieren. Es gebe einen Unterschied zwischen den Katholiken und den in Brasilien in der Zahl immer weiter zunehmenden evangelikalen Christen, sagt Rodrigo Azevedo Santos: "Die Evangelikalen lassen sich weniger tätowieren. Und wenn sie das tun, entscheiden sie sich meist für Zitate aus der Bibel statt für Bilder. Die Katholiken wählen dagegen mehr Symbole."

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