Account/Login

Heftiger Gegenwind

Das von der EU angestrebte Klimagesetz stößt bei Umweltschützern auf starke Kritik.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen

BRÜSSEL. Ein vernichtendes Zeugnis hat Umweltaktivistin Greta Thunberg der EU-Klimapolitik ausgestellt. "Wenn Ihr Haus brennt, dann warten Sie doch nicht mehrere Jahre, bis sie mit dem Löschen anfangen", hielt sie gestern dem Umweltausschuss des Europäischen Parlaments vor. Zuvor hatte die Schwedin als Gast an der wöchentlichen Sitzung der EU-Kommission teilgenommen, die einen Fahrplan vorlegte, wie Europa bis 2050 Kohlendioxid (CO2)-neutral werden soll.

Das Gesetz für die angestrebte Klimaneutralität ist ein zentraler Baustein in Ursula von der Leyens Klimaschutzstrategie. Der von der EU-Kommissionspräsidentin angestrebte Green Deal soll mit milliardenschweren Investitionen den Wandel hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft im Sinne des Pariser Klimaschutzabkommens von 2015 ermöglichen.

Das neue Klimagesetz wird aber nicht von allen Mitgliedsstaaten unterstützt. Polen hatte es Ende Dezember ausdrücklich abgelehnt, das CO2-Ziel national umzusetzen. Auch Ungarn und Tschechien haben Zweifel angemeldet, ob Klimaneutralität mit der Versorgungssicherheit Osteuropas vereinbar und für ihre Bürger und Unternehmen bezahlbar sei.

Dem steht eine Gruppe von 12 Ländern unter französischer Führung gegenüber, die in der Klimaneutralität vor allem "eine große Chance" sehen. Sie haben sich in einem Brief an Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans dafür ausgesprochen, das Klimaziel der EU für 2030 von derzeit 40 Prozent auf mindestens 50 Prozent oder möglichst auf 55 Prozent heraufzusetzen. Das würde bedeuten, dass die EU ihren CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 bis dahin mindestens halbieren müsste.

In der Klimaverordnung der Kommission ist weder die Verschärfung des Reduktionszieles für 2030 vorgesehen noch ein Zwischenziel für 2040. Der für den European Green Deal zuständige Kommissar Timmermans begründete das damit, dass zunächst die Auswirkungen auf Wirtschaft, Industrie und Arbeitsmarkt sorgfältig berechnet werden müssten. Übereilter Aktionismus bringe gar nichts. Eine solche Bewertung könne man wohl erst im September vorlegen und dann ein vielleicht verschärftes Zwischenziel für 2030 festlegen.

Nicht nur Greta Thunberg geht das zu langsam. Umweltschutzverbände verlangen, dass die Kommission die Klimaziele sofort und ohne Rücksicht auf die Kosten anhebt, die Umweltminister der zwölf Vorreiter-Staaten wollen einen neuen Vorschlag spätestens vor der Sommerpause sehen. Eile sei geboten, damit die Europäer im Vorfeld der nächsten Klimakonferenz in Glasgow mit einem anspruchsvollen Angebot Druck auf die anderen Vertragsstaaten des Pariser Klimaabkommens ausüben könnten.

Die Klimaverordnung sieht vor, dass die Kommission für die Zeit nach 2030 einen Weg vorgibt, wie die EU ihr Ziel bis 2050 erreichen kann. Dabei soll sie aber nicht nur auf die Emissionen und die jüngsten Erkenntnisse der Klimaforschung achten, sondern auch auf Kosteneffizienz, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und auf die Energiepreise achten. Auch die soziale Verträglichkeit muss berücksichtigt werden.

Die Entscheidung darüber möchte die Kommission in Zukunft möglichst ungestört von Ministerrat und Parlament treffen. Die Klimapolitik soll weitgehend in die Hände ihrer eigenen Experten und die der Mitgliedsstaaten gelegt werden. Die Klimaverordnung sieht vor, dass ein gemeinsamer Ausschuss neue Klimaziele für die Zeit nach 2030 verfügen kann. Ministerrat oder das Europäische Parlament könnten das nur verhindern, wenn sie mit Mehrheit dagegen votieren. Oliver Geden von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagt über das EU-Klimagesetz: Es gehe dabei weniger um neue Ziele, als um Entscheidungsverfahren, insbesondere um eine Machtverschiebung in Richtung EU-Kommission. Quentin Genard vom Umwelt-Thinktank E3G prophezeit daher: "Die Mitgliedsländer und das Europaparlament werden das Gesetz hassen."

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 05. März 2020: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel