Account/Login

Ausbildungsmarkt

Gute Chancen für den Nachwuchs: In fast 400 Berufen sind in Südbaden noch Lehrstellen zu vergeben

Das Ausbildungsjahr hat zwar schon begonnen, aber noch sind in der Region viele Plätze frei. Einzelhandelskaufleute, Handelsfachwirte und zahnmedizinische Fachangestellte werden dringend gesucht.  

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Wer reicht die Sonntagsbrötchen über d...mangelt an Bäckereifachverkäuferinnen.  | Foto: Jens Kalaene (dpa)
Wer reicht die Sonntagsbrötchen über die Theke? Es mangelt an Bäckereifachverkäuferinnen. Foto: Jens Kalaene (dpa)

Es ist noch nicht zu spät: Bis in den Dezember hinein unterstützen Beraterinnen und Berater der Agenturen für Arbeit in Freiburg, Lörrach und Offenburg junge Menschen dabei, einen geeigneten Ausbildungsplatz zu finden. Der Bedarf bei den Unternehmen ist riesig.

Insbesondere im Verkauf von Lebensmitteln, in der Kunststoff- und Kautschukverarbeitung, dem Handel und der Gastronomie sind auch gut zwei Monate nach Beginn des Ausbildungsjahres noch viele Lehrstellen unbesetzt. "Junge Menschen, die in eine Berufsausbildung gehen möchten, haben hier in der Region wirklich gute Chancen", betont Anna Melchior, die stellvertretende Leiterin der Arbeitsagentur Freiburg.

"Abitur und Ausbildung passen bereits heute sehr gut zusammen"Simon Kaiser

Das gilt zum Beispiel auch für das Friseur- und Bäckerhandwerk, wo die Ausbildungszahlen in den vergangenen zehn Jahren deutlich zurückgegangen sind. Gleiches gilt für Maurer sowie Beton- und Stahlbetonbauer. Letztere werden beispielsweise benötigt, um die vielen sanierungsbedürftigen Brücken in der Bundesrepublik wieder instand zu setzen. Ob Fleischer oder Köche, medizinische oder zahnmedizinische Fachangestellte, Verkäufer oder Fachkräfte in der Lagerlogistik – in fast 400 Berufen sind noch Lehrstellen zu vergeben.

Immer mehr Schüler mit Abitur oder Fachhochschulreife entscheiden sich für eine duale Ausbildung

Erfreulich ist aus Melchiors Sicht, dass sich immer mehr Schülerinnen und Schüler mit Abitur oder Fachhochschulreife für eine duale Ausbildung entscheiden. "Ihre Zahl an Bewerbenden hat am stärksten zugelegt", sagt Melchior. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich im südbadischen Handwerk beobachten: Hier liegt der Anteil der Azubis mit Abitur oder Fachhochschulreife nach Angaben der Handwerkskammer Freiburg inzwischen bei 15,5 Prozent. Im Jahr 2010 waren es noch nicht einmal sechs Prozent.

Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein liegt die Abiturientenquote unter den Auszubildenden seit zehn Jahren stabil bei über 15 Prozent. "Diese Entwicklung freut uns", sagt Simon Kaiser, IHK-Geschäftsführer für Aus- und Weiterbildung. "Abitur und Ausbildung passen bereits heute sehr gut zusammen. Diesen Trend wollen wir weiter verstärken", so Kaiser.

Insgesamt hat die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge bei der IHK noch nicht wieder das Vor-Corona-Niveau erreicht. Mit 4054 Ausbildungsverhältnissen waren es Ende September ungefähr so viele wie im Vorjahr. Im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 4194, ein Jahr zuvor sogar 4536 gewesen. "Da ist noch Luft nach oben", räumt Kaiser ein.

Eine wichtige Rolle spielen im Handwerk junge Menschen ohne deutschen Pass

Anders im südbadischen Handwerk: Hier bewegen sich die Ausbildungszahlen mit 2463 neu abgeschlossenen Verträgen "wieder auf dem Niveau der 2010er-Jahre, die Corona-Delle ist komplett kompensiert", sagt Christof Burger erfreut, der Präsident der Handwerkskammer Freiburg. Eine wichtige Rolle spielen dabei junge Menschen ohne deutschen Pass: Ihre Zahl hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. So haben aktuell 554 Auszubildende eine nicht-deutsche Staatsangehörigkeit, 2014 waren es noch 277. "Das Handwerk übernimmt eine wichtige Rolle bei der Integration von Geflüchteten", betont Burger.

"Es sind Jugendliche mit Migrationshintergrund, die den Ausbildungsmarkt über Wasser halten"Anna Melchior

Auch bei der IHK zeigt diese Kurve nach oben: Bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen hat gut jeder fünfte Azubi einen ausländischen Pass. "Das ist eine erfreuliche Entwicklung, die zeigt, dass es unserer Wirtschaftsregion gelingt, Migranten erfolgreich zu einem qualifizierten Berufsabschluss zu führen. Das duale Ausbildungssystem stellt damit seine enorme Integrationskraft unter Beweis", meint IHK-Geschäftsführer Kaiser.

Im Bezirk der Arbeitsagentur Freiburg hat sich die Zahl der ausländischen Azubis seit 2014 sogar fast verdreifacht – während die Zahl der Auszubildenden mit deutschem Pass um 4,6 Prozent zurückgegangen ist. "Es sind Jugendliche mit Migrationshintergrund, die den Ausbildungsmarkt über Wasser halten", sagt Melchior.

Umso unverständlicher findet der Handwerkskammerpräsident, "dass die Bundesregierung aktuell plant, das Budget für Integrations- und Sprachkurse im kommenden Jahr massiv zu kürzen". Ob das nach dem Ampel-Aus auch so kommt, ist derzeit freilich unklar. Die gezielte Zuwanderung in Ausbildung sei eine wichtige Säule der Fachkräftesicherung, betont Burger.

Eine Herausforderung ist es, für die Azubis eine bezahlbare Wohnung zu finden

Ziel müsse eigentlich sein, die Rahmenbedingungen für die gezielte Nachwuchsgewinnung aus dem Ausland zu verbessern, darin sind sich die Kammern einig. Zunächst einmal brauche es eine Willkommenskultur, erklärt Wolfram Seitz-Schüle, der bei der Handwerkskammer den Geschäftsbereich Berufliche Bildung leitet. "Wir müssen gesellschaftlich anerkennen, dass ohne Migration unser Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zusammenbrechen würde", betont er.

Darüber hinaus müssten bürokratische Hürden abgebaut werden. Die größte Herausforderung aber liege darin, für die Azubis eine bezahlbare Wohnung zu finden. "Der Wohnraum ist unsere größte Hürde", sagt Seitz-Schüle.

Handlungsbedarf gibt es aus Sicht der IHK außerdem bei den Ausländerbehörden: Hier sei die Heterogenität in der Region sehr groß, "bei manchen läuft's wie ein Uhrwerk, bei anderen geht gar nichts voran", kritisiert Kaiser.

Noch viel Luft nach oben gibt es beim Frauenanteil unter den Auszubildenden: Im südbadischen Handwerk ist er von 23,5 Prozent im Jahr 2002 auf knapp 17 Prozent abgestürzt. Auch die IHK Südlicher Oberrhein verzeichnet einen Rückgang. Die Kammern erklären dies mit den rückläufigen Ausbildungszahlen in traditionellen Frauenberufen wie Friseurin oder Verkäuferin.

Ressort: Wirtschaft

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom So, 10. November 2024: PDF-Version herunterladen

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
die Kommentarfunktion ist aktuell geschlossen, es können keine neuen Kommentare veröffentlicht werden.

Öffnungszeiten der Kommentarfunktion:
Montag bis Sonntag 6:00 Uhr - 00:00 Uhr

Anton Behringer

10434 seit 14. Apr 2018

Wir haben ca. 3 Mio. Arbeitslose in D. und weitere Mio. die einer Tätigkeit nachgehen könnten. D. zahlt jährlich für sie viele Mrd. an entsprechenden Sozialleistungen.

Gleichzeitig gibt es freie Jobs, die nicht so beliebt sind: Gastro, Hotellerie, Baugewerbe, Pflege, Metzgereien, Landwirtschaft etc.

Für jeden freien Job oder Ausbildungsplatz würde sich aber jemand finden, wenn man die Attraktivität entsprechend erhöht. Dazu ist man allerdings nicht bereit bzw. sieht sich dazu nicht im Stande.

Ein Grund dafür dürfte sein, dass man die Politik dazu gebracht hat, das Fachkräfteeinwanderungsgesetzt massiv aufzuweichen. War dies früher nur für IT-Experten, Wissenschaftler und wirklich sehr Qualifizierte gedacht, können heute z.B. Menschen aus Indien eine Lehre hier machen, vorausgesetzt, sie haben rudimentäre Deutschkenntnisse.

Anstatt also die Bedingungen und die Vergütung mancher Jobs zu verbessern, wird das Problem outgesourced. Die meisten Nicht-EU Ausländer die nach D kommen, um hier in Problembranchen zu arbeiten, machen das zwar nicht mit großer Freude, aber das Visum für D und die EU motivieren sie entsprechend.

Die Jobs werden dadurch natürlich nicht attraktiver, das Gegenteil dürfte der Fall sein, denn das Image verschlechtert sich.

Die Migranten werden nicht üppig bezahlt und sind auf günstigen Wohnraum angewiesen. Dieser fehlt in vielen Regionen. Am Ende gewinnen Vermittler und die politischen Ränder und die diversen Haushaltslöcher werden immer tiefer.


Weitere Artikel