EU-Wettbewerb
Google hat seine Dominanz im Netz ausgenutzt
2,42 Milliarden Euro Strafe soll Google an die EU-Kommission bezahlen. Das Unternehmen habe seine Dominanz im Netz auf Kosten der Konkurrenz ausgenutzt.
Mi, 28. Jun 2017, 9:36 Uhr
Wirtschaft
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"Da es uns nicht gelungen ist, das Problem durch Verhandlungen mit Google zu lösen, habe ich mich für einen anderen Weg entschieden", sagte am Dienstag EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Sie kommt zu dem Schluss, dass der Spezialdienst Shopping, den die Suchmaschine anbietet, die marktbeherrschende Stellung des Unternehmens missbraucht.
Die lange Verfahrensdauer – die EU-Kommission untersucht den Fall seit fast sieben Jahren – erklärt sie mit der enorm aufwendigen Untersuchung. "Bevor wir diese Entscheidung trafen, haben wir 2,5 Terabytes an Suchergebnissen analysiert – das entspricht 400 Millionen Kopien meiner heutigen Ausführungen. Ich würde 17 000 Jahre brauchen, um sie Ihnen vorzulesen," sagte Vestager.
Google-Nutzer werden in den vergangenen Jahren selbst festgestellt haben, dass die Suchmaschine zunehmend einem Marktplatz ähnelt. Selbst wer nicht auf die Shopping-Liste zugreift, sondern sich alle Ergebnisse zu einem Begriff anzeigen lässt, stößt auf immer mehr bezahlte Werbung. Der rechte Teil der Seite mit Produktfotos der hauseigenen Shopping-Liste soll die Nutzer möglichst rasch zu diesem Dienst weiterlotsen. Google hat die Kommissionskritik bislang stets mit dem Argument zurückgewiesen, Amazon und Ebay hätten eine ebenso starke Marktstellung.
Das sieht Vestager anders, da beide Unternehmen keine allgemeine Suchmaschine anbieten, sondern nur die Suche nach Produkten ermöglichen, die auf der jeweiligen Plattform erworben werden können. Genau bei der allgemeinen Suche aber, dem Googeln, habe das Unternehmen die marktbeherrschende Stellung erworben. Das allein ist noch nicht wettbewerbswidrig, wie die EU-Behörde auf ihrer Internetseite erläutert. "Wenn das Unternehmen seine Stellung jedoch dazu benutzt, Mitbewerber auszuschalten, wird dies als Missbrauch angesehen", heißt es dort.
Nur 90 Tage werden dem Unternehmen eingeräumt, um diesen Missbrauch abzustellen. Danach droht für jeden weiteren Tag eine Strafe von fünf Prozent des Tagesumsatzes des Mutterkonzerns Alphabet – das wären 12,5 Millionen Dollar täglich. Zudem könnten diskriminierte Konkurrenten den Konzern auf Schadensersatz verklagen.
Shopping wird der Konzern nicht so leichten Herzens aufgeben, da er mit Werbung einen erheblichen Teil seines Umsatzes generiert. Viel wahrscheinlicher ist, dass Google ein ganzes Heer von Anwälten damit beauftragen wird, die Kommissionsentscheidung vor Gericht zu Fall zu bringen. So erwägt Google, die Geldbuße anzufechten. Dies wäre vor dem Europäischen Gerichtshof möglich. Das Unternehmen erklärte am Dienstag im Internet, Google-Nutzer wünschten Internetlinks, "die sie direkt zu den von ihnen gewünschten Produkten führen, nicht zu Websites, wo sie ihre Suche wiederholen müssen". Weiter hieß es in der Erklärung: "Wenn Sie Google für Produktsuchen nutzen, versuchen wir Ihnen zu geben, wonach Sie suchen." Würde Google zahlen und sein Shopping-Portal für Konkurrenten öffnen, wäre das nur der Startschuss für weitere Klagen. Am Dienstag bereits deutete Vestager an, dass sie auch andere Dienste wie Google-Maps oder Images im Visier hat.
Beobachter fragen sich, welche Auswirkungen die Kommissionsentscheidung auf die transatlantischen Beziehungen haben könnte. Die US-Wettbewerbsbehörde FTC stellte ein Verfahren gegen Google wegen unfairer Praktiken vor einiger Zeit ein. Vestager bestätigte, dass sie in diesem Fall nicht mit den Kollegen der FTC zusammenarbeite. Sie wies den Vorwurf, US-Unternehmen besonders streng zu behandeln, aber zurück.
Aus dem Europaparlament gab es durch die Fraktionen Applaus für Vestagers Entscheidung. Jan Philipp Albrecht von den Grünen sagte: "Sollten Plattformen wegen der Verflechtung in direkte Konkurrenzangebote nicht zu Neutralität in der Lage sein, muss auch eine Entflechtung bestimmter Dienste in Betracht gezogen werden", fordert er. Das Wettbewerbsrecht müsse den Anforderungen der digitalen Welt angepasst werden.
Die deutschen Presseverleger und Interessenverbände der Fotobranche, darunter der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) und die Journalisten-Gewerkschaft DJU, begrüßten die Bußgeldentscheidung. Sie sei von "historischer Tragweite", erklärten der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger.
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