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Gelriebli und Kiemesalat im Samengarten

  • Do, 17. Oktober 2024
    Eichstetten

     

Der Heimat- und Geschichtsverein Eichstetten und die Stiftung Kaiserstühler Garten setzen sich für die Sortenvielfalt ein. Sie bieten einen Saatgut-Workshop im Samengarten an und zeigen Apfel-Raritäten im Dorfmuseum.

Biologin Judith Trefzger (links) zeigt...te Sorten im Eichstetter Samengarten.   | Foto: Christa Rinklin
Biologin Judith Trefzger (links) zeigt interessierten Besuchern samenfeste Sorten im Eichstetter Samengarten. Foto: Christa Rinklin
Seit zehntausend Jahren betreibt der Mensch Ackerbau. Von der Sortenvielfalt, die es um das Jahr 1900 gab, existiert heute nur noch jede vierte Sorte. Mit dieser Entwicklung beschäftigten sich die Besucher des Samengartens und des Eichstetter Dorfmuseums.

Mensch und Natur liegen sowohl dem Heimat- und Geschichtsverein Eichstetten als auch der Stiftung Kaiserstühler Garten am Herzen. In einer Gemeinschaftsaktion haben sie Interessierte dazu eingeladen, an einer Führung mit Saatgut-Workshop im Samengarten teilzunehmen und im Dorfmuseum Raritäten aus Kaiserstühler Anbau zu verkosten. Man versuche, alte Gemüse- und Obstsorten zu erhalten, berichtete Judith Trefzger, die durch den außergewöhnlichen Garten führte. Das wirklich gelbe "Gelriebli" hat es den Verantwortlichen im Samengarten besonders angetan. Aber auch die Kohlrübe, mit deren Trieben man "Kiemesalat" zubereitet, darf sich wieder in Eichstetten wohlfühlen. Verloren gingen die vielen Sorten, weil die Saatgutvermehrung aus Effizienzgründen nicht mehr auf den Höfen, sondern durch eine Handvoll Großkonzerne erfolge, erklärte Trefzger. Diese produzierten zudem Hybridsaatgut, das sich nicht mehr einfach vermehren lasse. Auch wenn sie sich darüber freut, dass sich in der Branche einiges tut und kleinere Betriebe entstanden sind, die samenfeste Sorten anbieten, macht sich bei Judith Trefzger Ernüchterung breit: "Bei vielen Konsumenten fehlt das Bewusstsein für samenfeste Sorten und den Riesenverlust, den wir gerade erleben." Aus diesem Grund hat das Team der Stiftung Kaiserstühler Garten es sich zur Aufgabe gemacht, dieses Bewusstsein zu schaffen.

Dass Eichstetter mittlerweile den größten Anteil unter den mehr als 200 Mitgliedern des Samengarten-Fördervereins ausmachen, zeige, dass gerade dieses Wein- und Gemüsedorf sich mit dem Anliegen identifiziere. Um die Initiative für samenfeste Sorten nach außen bekannter zu machen, ist das Gartenteam mit Samen auf Märkten in Freiburg und Breisach präsent, wo man auf Verständnis und Interesse auch bei Landwirten stoße. Hürden ständen eher durch die Gesetzgebung im Weg, so Trefzger. Gerne sei man aber bestrebt, das "Gelriebli" irgendwann zur Anmeldung zu bringen, so dass diese Mohrrübe im Idealfall im großen Stil angebaut werden könne.

Im Dorfmuseum konnte man derweil alte Apfelsorten wie Champagner-Renette, Bohnapfel, den Kohlenbacher, den man in Eichstetten auch "Grooßiliepfel" nannte, sowie "Zieweleäpfel" verkosten. Bei Letzteren scheiden sich die Geister, ob der Name an die vormals flache Form der Zwiebeln erinnert oder auf die lange Lagerfähigkeit zurückzuführen ist, da sich die Äpfel so lange halten, bis im Frühjahr die Zwiebeln gesteckt werden. Eine köstliche Kürbiscremesuppe hatte das Küchenteam aus der samenfesten Hokkaidosorte "Red Kuri" gezaubert. Fürs Auge bot Dorffilmer Hans Schöberl einen Film über die Anfänge des Eichstetter Samengartens aus dem Jahr 2003.

Ressort: Eichstetten

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