Interview
Freiburger Professorin: "Scham ist die Hüterin der Würde"
Es ist eines der unangenehmsten Gefühle, das wir kennen: sich zu schämen. Wir wünschen, der Boden würde sich auftun, so dass wir darin versinken können. Dabei hat die Scham durchaus ihre guten Seiten.
So, 23. Okt 2022, 10:32 Uhr
Panorama
Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen
Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.
Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.
AkzeptierenMehr Informationen
BZ: Frau Immenschuh, wissen Sie noch, wann Sie sich das letzte Mal geschämt haben?
Immenschuh: Ich bin sicher, dass ich mich jeden Tag schäme. Das Interessante ist ja, dass wir oft gar nicht die Scham an sich wahrnehmen, sondern nur die Schamabwehr. Da hätten wir schon mal ein konkretes Charakteristikum der Scham.
BZ: Fangen wir mal vorne an: Was genau ist Scham?
Immenschuh: Eine abgrundtiefe Emotion, die neurophysiologisch in derselben Hirnregion verortet ist wie Angst und Schmerz. Wie massiv wir Scham empfinden, zeigt sich an der starken körperlichen Reaktion: Wir zittern, wir werden rot, uns bleibt die Spucke weg und wir wollen im Boden versinken. Wir wollen uns abschotten und bloß nicht von anderen gesehen werden, Scham ist also eine sehr stark soziale Emotion. Sie ist übrigens so heftig und akut, dass wir in dem Moment, wenn wir sagen "Ich schäme mich", uns eigentlich schon nicht mehr schämen. Nur die wenigsten, sehr reflektierten und schambewussten Menschen können das wirklich direkt in der beschämenden Situation realisieren. Ich ...