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Franz Beckenbauer könnten die Alleingänge zum Verhängnis werden

Früher, als Franz Beckenbauer noch auf der von ihm erfundenen Liberoposition spielte, war er anders. Da stiefelte er aus der eigenen in des Gegners Spielhälfte, fand Gerd Müller, spielte mit ihm einen wunderschönen Doppelpass und schoss dann oft aufs Tor und gelegentlich auch dort hinein.  

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Franz Beckenbauer   | Foto: dpa
Franz Beckenbauer Foto: dpa
Beckenbauer brauchte also einen Mitspieler, einen wie Torjäger Müller, der die Aufmerksamkeit auf sich lenkte, damit "Kaiser Franz" danach freie Bahn hatte. Das war in den 1970er Jahren, es war die erste Erfolgsepoche des FC Bayern München im europäischen Fußball. Franz Beckenbauer war damals schon ein wenig eigen, aber immerhin benötigte er auf dem Rasen noch einen Mitspieler wie Gerd Müller, um in der Offensive zu glänzen.

Nun ist es anders. Als Funktionär ist der inzwischen 70-Jährige vor allem für Alleingänge bekannt. Solange er sie mit seinem belanglosen Lieblingssatz "Schau’n mer mal" in Verbindung brachte, war ihm die ungeteilte Gunst der Fans gewiss: Der Franz wird’s schon richten, hieß es nonchalant. Manche glaubten gar, Beckenbauer könne als Lichtgestalt des deutschen Fußballs ein Stadion von ganz allein zum Leuchten bringen.

Doch so langsam wird es dunkel um die Lichtgestalt. Franz Beckenbauer ist allem Anschein nach die Schlüsselfigur bei der skandalumwitterten Vergabe der Fußball-WM 2006 nach Deutschland: Er schien der ideale Botschafter des deutschen Fußballs zu sein: charmant, galant, charismatisch, aber auch unverbindlich und manchmal ein bisschen aufgekratzt. Er wurde Chef des Organisationskomitees der WM 2006 – und als Beckenbauer zur Heim-WM per Helikopter einschwebte, da schien selbst Petrus beeindruckt: Er schenkte den Deutschen zu ihrer WM vier Wochen Sonnenschein – aus dem erst das Sommermärchen entstehen konnte. Wann immer in jenen Tagen "Ein Münchner im Himmel", die humoristische Satire des bayerischen Schriftstellers Ludwig Thoma, erwähnt wurde, konnte man meinen, sie wäre für Franz Beckenbauer geschrieben worden. "Kaiser Franz" fühlte sich tatsächlich wie im Himmel. Dass knapp zehn Jahre später ein großes Donnerwetter heraufziehen würde, das hat er damals wohl nicht für möglich gehalten.

Nun sieht’s anders aus. Bei Beckenbauer sind die Fäden zusammengelaufen bei der immer noch ungeklärten 6,7-Millionen-Euro-Überweisung des Deutschen Fußball-Bundes an den Fußball-Weltverband (Fifa). Eine Manipulation bei der Vergabe der WM 2006 hat es aus seiner Sicht zwar nicht gegeben. Aber dass der Deal mit der Fifa ein fragwürdiger gewesen war, ist inzwischen auch ihm klar. Beckenbauer soll nach den Erkenntnissen des Nachrichtenmagazins Der Spiegel dafür gesorgt haben, dass der inzwischen verstorbene frühere Adidas-Chef Robert-Louis Dreyfus aus seinem Privatvermögen 6,7 Millionen Euro zur Verfügung gestellt habe.

Für Bestechung? Das ist letztlich noch nicht geklärt – aber auch noch nicht ausgeräumt. "Für diesen Fehler trage ich als Präsident des damaligen Organisationskomitees die Verantwortung", sagte Beckenbauer am Montag ein bisschen zerknirscht.

Viel mehr sagte er aber nicht. Noch hofft der Weltmeisterspieler von 1974 und Weltmeistertrainer von 1990 auf die Milde des deutschen Fußball-Publikums. Er setzt darauf, dass es ihm wohlgesonnen bleibt. Tief in seinem Inneren glaubt "Kaiser Franz" aller Wahrscheinlichkeit immer noch, im Sinne des deutschen Fußballs gehandelt zu haben, und dass der Deal mit Dreyfus richtig sowie legitim gewesen ist – um die Chancen zu erhöhen, die Weltmeisterschaft nach Deutschland zu holen.

Ein ausgeprägter Sinn für die Stimmungen im Land wird Franz Beckenbauer ja nicht nachgesagt. Und manchmal macht er mit seiner Art auch den Eindruck, nicht alle Finessen des Fußballgeschäfts zu kennen. Eben ein hemdsärmeliger, inzwischen aber auch leicht vergesslicher "Schau’n-mer-mal-Typ". Es könnte genau die Masche sein, mit der sich Franz Beckenbauer nun durch den Skandal laviert. Ungeschoren wird er nicht davon kommen. Aber ob er groß Schaden nimmt? Schau’n mer mal.

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