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Flüchtlinge dürfen drei Jahre bleiben

EU-Innenminister beschließen ein vereinfachtes Aufnahmeverfahren für Ukrainer / Macron nach Gespräch mit Putin ernüchtert.  

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Menschen flüchten vor dem Krieg aus de...itzen in einem Zug am Bahnhof in Lviv.  | Foto: DANIEL LEAL (AFP)
Menschen flüchten vor dem Krieg aus der Ukraine: Diese Kinder sitzen in einem Zug am Bahnhof in Lviv. Foto: DANIEL LEAL (AFP)

. Die Staaten der Europäischen Union haben sich am Donnerstag auf eine vorübergehende Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine geeinigt. Die Innenminister der Mitgliedsländer haben hierzu die Richtlinie für temporären Schutz aktiviert. Sie garantiert Ukraine-Flüchtlingen einen einjährigen Schutzstatus, der auf bis zu drei Jahre verlängert werden kann. Der Beschluss fiel einstimmig und in Rekordzeit.

"Wer vor Putins Bomben flieht, ist in Europa willkommen. Wir werden Menschen Schutz bieten, die Zuflucht suchen, und auch denjenigen helfen, die auf einem sicheren Weg nach Hause zurückkehren möchten", versicherte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Die Richtlinie gewährt den aus der Ukraine ankommenden Menschen sofort Zugang zur Sozialversicherung, zum Arbeits- und Wohnungsmarkt und zur Krankenversicherung. Langwierige Asylprozeduren entfallen, wodurch das System beweglicher werden soll. Bereits am Mittwoch hatte die EU-Kommission erklärt, auch Menschen aus Drittstaaten und Staatenlose, die sich legal in der Ukraine aufgehalten haben und nicht in ihr Herkunftsland zurückkehren können, innerhalb der Union Schutz zu gewähren.

"Wir haben zwischen den Innenministerinnen der Europäischen Union einstimmig eine historische Einigung getroffen, die bis vor wenigen Tagen kaum denkbar gewesen wäre", sagte Nancy Faeser am Donnerstag in Brüssel nach den Beratungen mit ihren Kollegen. "Erstmals nehmen alle Staaten der EU gemeinsam, schnell und unbürokratisch aus dem Krieg geflüchtete Menschen auf", so die deutsche Innenministerin.

Laut UN haben seit Beginn des Krieges mehr als eine Million Menschen die Ukraine verlassen, die Hälfte fand Zuflucht in Polen. Deutschland registrierte 5000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Da an EU-Binnengrenzen keine Kontrollen stattfinden, dürften es mehr sein.

Unterdessen trafen sich Delegationen Russlands und der Ukraine zum zweiten Mal zu Verhandlungen in Belarus. Dabei verständigten sie sich darauf, humanitäre Korridore in besonders umkämpften Gebieten der Ukraine zu schaffen. Es soll eine dritte Verhandlungsrunde geben.

Indes steht nach Einschätzung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im russischen Krieg gegen die Ukraine "das Schlimmste" noch bevor. Das verlautete aus dem Élyséepalast nach einem Telefonat Macrons mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Es sei Putins klares Ziel, die gesamte Ukraine unter seine Kontrolle zu bringen. Putin erklärte nach dem Gespräch, Russland werde seinen Kampf "kompromisslos" fortsetzen.

Russland verstärkte die Luftangriffe. Laut ukrainischen Behörden gab es Tote und Verletzte. Die russische Armee nimmt laut US-Regierung zunehmend Zivilisten ins Visier. Russland bringe "extrem tödliche Waffen" ins Land, sagte die US-Botschafterin bei der UNO, Linda Thomas-Greenfield – auch Streubomben, die international geächtet sind und "keinen Platz auf dem Schlachtfeld" haben.

Putin sagte in einer TV-Ansprache: "Die spezielle Militäroperation verläuft streng nach Plan." Experten sehen dagegen eine hohe Moral unter den ukrainischen Soldaten und der Bevölkerung sowie überraschende logistische Schwierigkeiten bei der russischen Armee. Putin sagte, dass es sich um einen Kampf gegen "Neonazis" handele, von denen das Nachbarland befreit werden müsse. Er behauptete, die Ukrainer hätten ausländische Studenten als Geiseln genommen. Die Familien getöteter Soldaten erhielten umgerechnet 105 000 Euro, so Putin.

Selenskyj zeigte sich kämpferisch

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich kämpferisch: "Sie werden hier keinen Frieden haben, sie werden hier kein Essen haben, sie werden hier keine ruhige Minute haben", sagte er in einer Videobotschaft über die Invasoren. Nach ukrainischen Angaben wurden seit Beginn des Kriegs etwa 9000 russische Soldaten getötet. Das kann nicht unabhängig überprüft werden.

Der Chefankläger des Weltstrafgerichts, Karim Khan, leitete Ermittlungen zu Kriegsverbrechen ein. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) sagte beim UN-Menschenrechtsrat: "Schwere Menschenrechtsverletzungen müssen strafrechtlich verfolgt werden."

Der russische Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow warnte vor der Gefahr eines Atomkriegs. "Das wäre natürlich ein Albtraum, aber ich schließe nicht aus, dass es irgendwann tatsächlich Versuchungen geben könnte, auf den nuklearen Knopf zu drücken", sagte er. Angesichts solcher Warnungen warf Russland dem Westen Panikmache vor. "Alle wissen, dass ein Dritter Weltkrieg nur ein nuklearer sein kann", sagte Außenminister Sergej Lawrow. Diese Frage stelle sich aber nur in den Köpfen westlicher Politiker und nicht in denen der Russen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier rief Nato und EU dazu auf, weiter geschlossen zusammenzustehen gegen die Aggression Russlands. Beim Besuch des von der Bundeswehr geführten Nato-Gefechtsverbandes in Litauen sagte er, Putin sei es nicht gelungen, den Westen zu spalten. "Im Gegenteil, er hat die innere Stärke unserer Demokratien mobilisiert, unseren Willen gestärkt, uns gegen Bedrohungen zur Wehr zu setzen."

Ressort: Ausland

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Fr, 04. März 2022: PDF-Version herunterladen

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