Datenschutzrichtlinie

Europa will den US-Internetfirmen Zügel anlegen

Die neue Datenschutzrichtlinie wird die Auswertung von Nutzerdaten einschränken. Dafür muss sie aber auch durchgesetzt werden, wie BZ-Redakteur Thomas Steiner herausarbeitet.  

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Wer bekommt mit, was auf unseren Laptops passiert?  | Foto: dpa
Wer bekommt mit, was auf unseren Laptops passiert? Foto: dpa
Europa macht weiter mobil gegen Facebook, Google und Co. Im Oktober erst fällte der Europäische Gerichtshof das aufsehenerregende Urteil, in dem er das "Safe Harbor"-Abkommen zwischen EU und USA für ungültig erklärte. Damit war Firmen wie Facebook und Google die Speicherung der Daten europäischer Nutzer in den USA untersagt. Dort seien die Daten rechtlich nicht so geschützt wie in Europa, so der Gerichtshof.

Und nun wird auch noch dieser Datenschutz in Europa so verstärkt, dass Facebook und Co sich an neue Standards hier gewöhnen müssen. Am Dienstag haben sich Europaparlament, EU-Ministerrat und EU-Kommission auf den Entwurf einer neuen Europäischen Datenschutzrichtlinie verständigt. Danach dürfen Internetdienstleister die Daten ihrer Nutzer nur noch weiterverarbeiten, etwa für die Optimierung von Werbeanzeigen, wenn die Nutzer dem ausdrücklich zustimmen.

Ob sich, über die kritische Minderheit hinaus, viele Nutzer der Weiterverarbeitung verweigern werden, das ist noch nicht abzusehen, genauso wenig, welche Folgen dies für das Geschäftsmodell von Google oder Facebook haben wird. Aber allein, dass die Internetfirmen die Standardeinstellungen ihrer Produkte künftig so datenschutzfreundlich wie möglich gestalten müssen, schiebt einer ungehemmten Auswertung all dessen, was die Nutzer suchen, posten oder mailen, einen Riegel vor. Zumal der Entwurf bei Verstößen gegen die Richtlinie wesentlich höhere Strafen für die Firmen vorsieht, als es sie bisher gibt.

Bisher standen nur mehrere hunderttausend Euro als Bußgeld im Katalog – und das auch nur in einigen EU-Staaten. Die US-Internetfirmen suchten sich bislang als Sitz ihrer europäischen Ableger jene Länder aus, in denen die laxesten Bestimmungen gelten. Facebook Europa etwa sitzt in Irland. Die neue Richtlinie soll nun in allen EU-Ländern gleichermaßen gelten und damit den Datenschutz europaweit einheitlich regeln. Und als Strafen gegen Verstöße sieht die Richtlinie bis zu vier Prozent des Jahresumsatzes einer Firma vor. Wie die Süddeutsche Zeitung vorrechnete, würde etwa Alphabet, der umstrukturierte Google-Konzern, dann bis zu 1,1 Milliarden Dollar zahlen müssen, sollte er europäische Datenschutzvorschriften ignorieren.

Eine der Regelungen in dem Entwurf betrifft Kinder und Jugendliche. Sie sollen Online-Dienste wie Facebook oder Whatsapp künftig bis zu einem Alter von 16 Jahren nur mit Zustimmung ihrer Eltern nutzen dürfen. Gegen diese Regelung seien die Lobbyisten der US-Internetfirmen noch in letzter Minute Sturm gelaufen, berichtet die Financial Times. Die Zielgruppe der jüngsten Internetnutzer ist ihnen besonders wichtig. Sollten sich die Firmen an eine Vorschrift halten müssen, die den Zugang für Kinder und Jugendliche zu ihren Plattformen einschränkt, fürchten sie um die Basis ihres Geschäfts – die massenhafte Nutzung.

Freier Zugang zu Facebook erst ab 16 Jahren
Die Frage ist allerdings, ob ihnen die Europäer da wirklich in die Quere kommen. Vielleicht könnten sich Facebook und Co auch mit Tricks in ihren Nutzungsbedingungen durchmogeln. Damit Verstöße gegen die Datenschutzrichtlinien wirklich – und womöglich mit Milliardenstrafen – geahndet werden, müsste die Einhaltung dieser Richtlinie erst einmal konsequent kontrolliert werden, und es müssten entsprechende Verfahren überhaupt in Gang gesetzt werden.

Dass es damit aber hapert, zeigt der Umgang mit den US-Firmen in einem anderen Bereich. Ebenfalls am Dienstag hat sich einmal mehr Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) mit Vertretern von Facebook, Google und Twitter getroffen. Es ging um die Hassbotschaften, die auf ihren Plattformen gepostet werden, insbesondere gegen Flüchtlinge.

Niemand dürfe im Umgang mit Hassbotschaften firmeneigene Nutzungsbestimmungen über deutsches Recht stellen, sagte der Minister hinterher. Genau das aber tut Facebook seit Jahren. Selbst wenn Nutzer die Firma auf Postings hinweisen, in denen eindeutig zu Gewalt aufgerufen wird, bleiben die meisten davon im Netz. Sie verstießen nicht gegen seine "Gemeinschaftsstandards", redet sich Facebook in diesen Fällen raus. Und ignoriert damit dreist deutsches Recht.

Dass Staatsanwälte deshalb endlich ermitteln, dazu bedurfte es erst der Initiative eines einzelnen Anwalts aus Würzburg, der vor einigen Wochen die Geschäftsführer von Facebook Deutschland angezeigt hat. So wie es ja auch der Initiative eines einzelnen österreichischen Jurastudenten bedurfte, damit der Europäische Gerichtshof sein "Safe Harbor"-Urteil sprach.

Eine neue europäische Datenschutzrichtlinie ist gut und richtig. Aber es braucht auch den Willen, sie durchzusetzen. Sich mit ein paar US-Firmenvertretern zu treffen und sich ihres guten Willens zu versichern, wird nicht genügen.

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