Gegenbach
Ein Treffen mit dem Macher des Adventskalenders End
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Auf den Treppenstufen sitzen Schulkinder, die gerade das Museum Haus Löwenberg besucht haben und sich eine kurze Pause gönnen. Drinnen hallen Hammerschläge durch die leeren Räume, eine große Rolle Silberfolie liegt zum Schneiden bereit, verpackte Bilder lehnen an Wänden. Selbst der ehemalige Bürgermeister der Stadt fasst mit an, damit die Ausstellung rechtzeitig fertig wird. Mittendrin Reinhard End, Sägestaubspuren am Troyer, die knappe Freizeit spiegelt sich in einem grauen Viertagebart.
Das kleine, von einem rührigen Verein getragene Museum zeigt Andy Warhol. Aber nicht nur das. Denn parallel gilt es, den Adventskalender zu installieren. Beim Blick aus dem Fenster sieht End zufrieden, dass Mitarbeiter des städtischen Werkhofes schräg gegenüber die Dekoration an der klassizistischen Fassade des Rathauses anbringen. Es geht also voran. Und ein paar Tage bleiben ja bis zum 30. November, wenn um 18 Uhr das erste Licht eingeschaltet wird. Bis die "Schatztruhe der Fantasie", wie End den Kalender nennt, ihr erstes Türchen öffnet.
In dieser Welt leben Katzen und Vögel friedlich nebeneinander, strahlt an Weihnachten sommerlich warm die Sonne, wimmelt es von Hexen, Geistern und Scheinriesen. In diesem Jahr wird End in Gengenbach 24 Bilder von Andy Warhol zeigen: hochformatige Tierbilder, colorierte Zeichnungen, Buchillustrationen. Jeweils 1,4 auf 1,2 Meter groß, passend in jeweils eines der Fenster des von Victor Kretz entworfenen Rathauses. Die Bilder in Form von Fotofolien werden auf Acrylplatten aufgezogen, sie werden hinterleuchtet wie riesige Dias. Einige der Bilder hat man noch nie so gesehen, denn die Originale liegen nur als Tuschebilder auf weißem Papier vor, für den Gengenbacher Adventskalender wurden sie farbig unterlegt. Denn weder ein weißer noch ein transparenter Hintergrund hätte Wirkung entfaltet. Dafür mussten für jedes einzelne Bild Rechte geklärt, die Veränderungen exakt abgesprochen werden. "Zeitweise hatten wir täglichen Mailkontakt mit der Warhol-Foundation in New York", erzählt End.
Am Ende konnte der 67-Jährige die Nachlassverwalter des Künstlers von seinem Konzept überzeugen. Man ahnt aber, welcher Aufwand dafür nötig war – und das alles im Ehrenamt. Aber man spürt auch den Stolz, das Bewusstsein, etwas Besonderes geschaffen zu haben. "Das Konzept hat überzeugt, wir haben sehr detaillierte Entwürfe nach New York geschickt", sagt er und zeigt auf den Hintern eines nackten rosa Schweinchens. "The End" ist da zu lesen. "Das ist doch wohl ein Zeichen. Das hat Andy für uns gezeichnet."
Vor gut 20 Jahren war Reinhard End weit entfernt von solchen Späßen und der Gelassenheit und Zuversicht von heute. Er fuhr mit der in einer Brainstorming-Runde entstandenen Idee des Rathaus-Kalenders im Kopf nach Hamm und besuchte dort den Maler und Illustrator Otmar Alt. "Wenn einer so etwas umsetzen, ja uns nur beraten kann, dann er", sagt End. Man besprach den Vorschlag – und am nächsten Morgen traf er Alt in seinem Atelier. Er hatte noch über Nacht einen Entwurf ausgebrütet, angetan von der Idee. Otmar Alt gestaltete den ersten Kalender, es folgten zahlreiche Kinderbuch-Illustratoren, dann Marc Chagall und Tomi Ungerer. End hatte mit vielen Künstlern Kontakt in dieser Zeit, manche haben abgewunken. Von denen, die mitgestaltet haben, seien manche eher kompliziert, viele aber sehr umgänglich und entgegenkommend gewesen. So wie jetzt auch die Verwalter von Warhols Nachlass – was wohl damit zusammenhängt, dass End in dem Kunstsammler Frieder Burda, der vor 80 Jahren in Gengenbach geboren wurde, einen Türöffner fand.
Gut 50 000 Euro kostet der Kalender pro Jahr, finanziert wird er über Patenschaften sowie den Verkauf von Kalendertassen an den Glühweinständen. Bis zu 5000 Besucher kommen an manchen Tagen, wenn um 18 Uhr (am Vorabend) das nächste Licht angeht, verbunden mit einer kleinen Zeremonie. Die Reisebusse verraten, dass Gäste aus Mailand, Basel und Heidelberg kommen, bei einigen Adventstouren in den Schwarzwald ist Gengenbach eine feste Station. Natürlich sei der Kalender in erster Linie ein Beitrag zum Stadtmarketing, sagt End, aber ein wenig auch Kunstevent. Er habe da keinerlei Berührungsängste. So wie Warhol sie nie hatte.
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