Interview

"Ehrenamt ist das Rückgrat"

Florian Matthiß hat kürzlich die Landesehrennadel erhalten - für sein Engagement beim VfR Pfaffenweiler. Im Interview spricht er über Fluch und Segen des Ehrenamts und einen Trainer, der nie kam.  

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Florian Matthiß ist seit 2014 VfR-Vorsitzender.  | Foto: Helene Altgelt
Florian Matthiß ist seit 2014 VfR-Vorsitzender. Foto: Helene Altgelt 
BZ: Wie groß war die Überraschung, als Sie die Landesehrennadel erhalten haben?
Es war eine Riesenüberraschung! Es gibt so viele Leute hier im Ort und in der Umgebung, die sich ehrenamtlich engagieren und eine Auszeichnung verdient hätten. Ehrlicherweise habe ich gar nicht gewusst, dass es so etwas überhaupt gibt. Eigentlich sollte die Mannschaft als Doppelmeister geehrt werden, und ich habe gar nicht verstanden, warum plötzlich über mich geredet wurde.

BZ: Sie spielen selbst bei den Alten Herren. Was sind Ihre Stärken auf und neben dem Platz als Vorstand?
Als Spieler bin ich immer über die Schnelligkeit gekommen, aber im Alter lässt das leider nach. Ein Weltfußballer wäre ich nie geworden. Als Vorstand ist meine Stärke, dass ich zu jedem einen guten Draht habe, und dass ich die Leute motivieren kann. Ich stelle mich nicht in den Vordergrund, sondern gehe lieber voran, wenn es schlecht läuft, und nehme dann die Haue, damit die anderen in Ruhe weiterarbeiten können.

BZ: Woher nehmen Sie die Motivation für Ihr Ehrenamt?
Meine Motivation ist der Verein. Er ist und war schon immer was Besonderes. Ich will erhalten, was die früheren Vorstandsmitglieder aufgebaut haben. Die sind immer noch fast jeden Sonntag auf dem Sportplatz und würden alles für den Verein tun. Wenn das Ehrenamt niemand mehr macht, dann wird man denjenigen, die das jahrelang gemacht haben, nicht gerecht. Wenn das Ehrenamt mal wegfällt, dann sind wir auch in der Gesellschaft kaputt. Wenn es die Vereine nicht mehr gibt und jeder nur noch auf sich schaut, dann gehen wir ganz schweren Zeiten entgegen. Natürlich gibt es aber auch mal Phasen, in denen es einem alles auf den Keks geht und man sich denkt: Wofür mache ich das eigentlich?

BZ: Wie erleben Sie die Motivation für das Ehrenamt heutzutage?
Immer weniger Leute wollen sich ehrenamtlich engagieren. Natürlich wird immer der Beruf vorgeschoben. Aber jeder, der will, kann sich einmal in der Woche zwei Stunden freischaufeln. Nicht jeder kann eine Mannschaft trainieren, aber es gibt so viel Arbeit in einem Verein. Egal ob Dienst im Clubheim, welches wir in Eigenregie betreiben, beim Heimspiel mal zwei Stunden grillen, oder dem Platzwart bei der Pflege der Außenanlage helfen. Wenn jeder mithilft, werden die, welche eh schon viel machen, entlastet. Das Ehrenamt ist das Rückgrat der Gesellschaft. Je mehr mitmachen, umso besser.

BZ: Wie wichtig sind Vereine wie der VfR für das Ortsleben?
Der VfR hat ein sehr hohes Ansehen hier im Ort, weil bei uns jeder willkommen ist. Wir sind sehr präsent, etwa beim Schnecke-Fescht. Im Clubheim findet ein großer Teil des Ortslebens statt, zum Beispiel feiern wir hier die Fasnacht. Da ist immer das ganze Clubheim voll. Bei den Spielen sind auch viele dabei, die nicht unbedingt etwas mit dem VfR zu tun haben, aber es als Treffpunkt nutzen, um ein Bier zu trinken und ein paar schöne Gespräche zu führen.

BZ: Was ist der schönste Teil an Ihrer Arbeit als Vorsitzender?
Das Schönste ist das Miteinander. Wenn man Bauprojekte angeht, alle an einem Strang ziehen und diese zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden, macht das schon viel Spaß. Aber auch Kontakt zu allen Altersgenerationen im Verein zu haben, ist schon etwas Besonderes. Natürlich ist sportlicher Erfolg auch immer etwas Positives. Aber richtig schön ist es, zu wissen, dass man eine gut funktionierende Vorstandschaft hat, auf die man sich verlassen kann.

BZ: Und was ist nicht schön?
Wenn der sportliche Erfolg ausbleibt. Als wir von der Bezirksliga bis in die unterste Klasse abgestiegen sind, musste auch ich persönlich einiges einstecken. Wenn man dann hören muss, dass man der schlechteste VfR-Vorstand ist, dass man der Totengräber des Vereins ist, ein Depp, ist das natürlich nicht schön. Inzwischen spielen wir wieder in der Kreisliga A. Unsere Mannschaft besteht fast nur aus eigenen Jugendspielern oder Spielern, die etwas mit dem Ort zu tun haben. Wir wollen auf die eigene Jugend bauen, was uns langfristig Recht geben wird.

BZ: Was war der kurioseste Vorfall in Ihrer Amtszeit als Vorsitzender?
Als wir vor Saisonbeginn mal einen neuen Trainer verpflichtet haben, der aber nie gekommen ist. Vor jedem Training kam eine neue Ausrede, warum er nicht kommen kann. Einmal musste er mit seiner Mutter zum Arzt gehen, sie habe Covid-19. Beim nächsten Training sei ihm etwas dazwischengekommen und beim dritten Mal ist er einfach nicht erschienen. Dann mussten wir kurzfristig noch einen Trainer finden, als die Vorbereitung schon losging.

Florian Matthiß (46) wohnt in Pfaffenweiler und ist seit 2014 Vorsitzender des VfR Pfaffenweiler.

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