"Dieses Haus hat viel zu erzählen"
ZISCH-INTERVIEW mit Bildungsreferentin Gabriele Valeska Wilczek über die Geschichte der Juden in Breisach.
Kilian Brunner, Marlon Franco, Lukas Schumacher, Klasse 4a, Julius-Leber-Grundschule (Breisach)
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Im Rahmen von Zisch besichtigten wir, die Klasse 4a der Julius-Leber-Schule Breisach, das Blaue Haus in Breisach. Das Blaue Haus, was ist das? Das fanden wir spannend und deshalb haben wir, die Zisch-Reporter Kilian Brunner, Marlon Franco und Lukas Schumacher, uns sofort gemeldet, um anschließend das Interview mit Gabriele Valeska Wilczek (53) zu führen.
Wilczek: Ich gehe mit Schülerinnen und Schülern auf Entdeckungsreise in die Geschichte der Juden in Breisach. Ich führe Erwachsene durch das ehemalige jüdische Viertel, auch ausländische Touristen, ich schreibe, forsche und begegne immer neuen Menschen – auch den Nachfahren Breisacher Juden, die wissen möchten, wo ihre Urgroßmütter und -väter aufgewachsen sind. Dann gehen wir auch gemeinsam zu deren Gräbern so wie ich mit euch heute.
Zisch: Machen Sie das hauptberuflich, oder machen Sie noch etwas anderes?
Wilczek: Das ist inzwischen mein Hauptberuf. Aber ich habe ehrenamtlich hier angefangen.
Zisch: Seit wann gibt es das Blaue Haus?
Wilczek: Das Blaue Haus als "Blaues Haus" gibt es seit 2003, also seit 15 Jahren.
Zisch: Was war das Blaue Haus früher?
Wilczek: Es ist das älteste Privathaus Breisachs und hat alle Zerstörungen durch Kriege überlebt. Daher kann uns das Haus viel erzählen. Es war ein Wirtshaus, das Gasthaus "St. Peter", eine jüdische Schule, ein Armenspital und jüdisches Gemeindehaus. Hier war die Wohnung des letzten Kantors und seiner Familie, die habt ihr heute ja kennengelernt. Und es waren zu einer Zeit auch Soldaten hier untergebracht, vermutlich Offiziere.
Zisch: Was ist das Blaue Haus jetzt?
Wilczek: Heute ist es eine Gedenkstätte für die Geschichte der Juden am Oberrhein und ein außerschulischer Lernort.
Zisch: Warum gibt es das Blaue Haus?
Wilczek: Wir erinnern im Blauen Haus und mit unserer Arbeit an einen Teil der Breisacher Geschichte. An das jüdische Leben in unserer Stadt, daran, wie Christen und Juden über Jahrhunderte hier zusammengelebt haben. Wer hat hier in der ehemaligen Judengasse gelebt und wie? Welche Berufe hatten die Bewohner und was war ihnen wichtig? Da gab es Viehhändler, Metzger, Bäcker und Geschäftsleute, die mit ihren Familien hier gelebt haben. Und ihr erfahrt im Blauen Haus, warum es heute keine Juden mehr in Breisach gibt, wie sie vertrieben und zu einem großen Teil ermordet wurden. Dies soll nie wieder passieren.
Zisch: Wie viele Juden haben in ganz Breisach gelebt?
Wilczek: Es gab eine Zeit, da gab es in Breisach mehr Juden als evangelische Christen. Das war 1852. Zu dieser Zeit war jeder fünfte Breisacher jüdischen Glaubens, das waren mehr als 500 Juden.
Zisch: Wie viele Mitarbeiter arbeiten hier?
Wilczek: Mit mir zusammen sind sieben Mitglieder des Vereins aktiv.
Zisch: Wie viele Räume hat das Blaue Haus?
Wilczek: Es hat acht Räume, darunter die ehemalige Wohnung des Kantors Michael Eisemann und den alten Wirtssaal, in dem wir zusammengesessen sind. Bei eurem nächsten Besuch zeige ich euch noch den alten Keller mit der Wand der Stadtmauer.
Zisch: Was für Andenken an die Juden kann man hier sehen?
Wilczek: Das ganze Haus ist in gewisser Weise ein Andenken an die Breisacher Juden. Ihr habt die Namenstafeln im Eingang gesehen, die 235 Namen der Juden, die im Jahr 1933 in Breisach gelebt haben. Es gibt die Bücher in unserer Bibliothek, Fotos der Familien im Archiv, das Hochzeitsgeschirr aus der Familie Geismar, ein Schofar-Horn, eine Menorah und eine Chanukkia und vieles mehr.
Zisch: Warum heißt das Blaue Haus eigentlich Blaues Haus?
Wilczek: Das ist ganz einfach: Weil es 2003 blau gestrichen wurde.
Zisch: Ab wie viel Jahren darf man in die Workshops, die Sie anbieten?
Wilczek: Wir freuen uns über jeden Besuch und das ab der dritten Klasse.
Bei unserer Besichtigung des Blauen Hauses durften wir auch noch den Tisch decken für den Schabbat, und uns wurde erklärt, welche Rituale dabei eingehalten wurden. Einen Spaziergang zum alten Friedhof haben wir ebenso gemacht. Wir waren sehr beeindruckt von dieser Führung.
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