Neue Kinderbücher für die Sommerferien
Ein peinlicher Liebesbrief, ein alter Bunker, eine verfallene Hütte: Schmöker für die Sommerferien.
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Die Zeit vergessen, in fremde Welten eintauchen, schmökern bis in die Puppen – das geht am besten in den Ferien. Vier spannende Sommerbücher für den Reisekoffer oder zu Hause.
In ihrem ersten Kinder-Comicroman verquickt Sandra Brandstätter eine flügelzarte Liebes- und eine lustige Detektivgeschichte zu einem Campingplatzabenteuer, das nah an der Gefühlswelt ihrer jungen Leser bleibt: "Paula ist verliehiiiiebt!", spottet die Teenagerschwester auf den ersten Seiten, "Was? Nein! Igitt Spinne!", keift Paula entrüstet zurück. Ist ja auch kompletter Blödsinn, hat sie Toni doch erst gestern auf dem Spielplatz kennengelernt – und was soll das überhaupt sein, "verliebt"? "Na, wenn man gerne mit jemandem zusammen ist oder immer an die Person denkt", meint ihre Mutter. Hmmm, ziemlich nett findet Paula Toni schon – und plötzlich bekommt ihr aufregendes Gefühl einen Namen. Nur zum Spaß schreibt sie ihm mit Geheimtinte einen Liebesbrief, den sie prompt auf dem Weg zum Papiercontainer verliert. Jetzt ist unter den Campingkindern der Teufel los: Wer mag der Schreiber sein? Mit Feuereifer sammelt Paula zusammen mit Toni Indizien, nimmt Schriftproben, beschattet Verdächtige – nur, um den peinlichen Verdacht von sich zu lenken und falsche Fährten zu legen. Bis sich die beiden böse streiten und Paula sich traut, die Wahrheit zu sagen. Ein Bilderschmöker mit einer bezaubernd kessen Heldin, der mit ausdrucksstarken Zeichnungen und lebendigen Texten davon erzählt, wie wichtig Mut in Herzensdingen ist – und nebenbei Geschlechterstereotype gegen den Strich bürstet.
Wenn man selbst dran glaubt
Auch die Protagonistin von Cilla Jackerts vielschichtigem Roman "Wenn man selbst dran glaubt, ist es nicht gelogen" hat es faustdick hinter den Ohren: "Wir ziehen nach Ägypten" – "Gestern haben wir Schlange gegessen. Das schmeckt wie Hähnchen": Solche und ähnliche Lügen erfindet Annika für ihr Leben gern, schließlich ist eine lustige Geschichte viel besser als die öde Wahrheit. Doch plötzlich zerspringt ihre Fabulierwelt in tausend Stücke: Viel zu früh kommt ihr Bruder auf dem Küchenboden zur Welt und mit Tatütata in die Klinik, die Ferien in Småland platzen, und Annika wird bei Opa einquartiert. Die beiden haben zwar eine innige Beziehung, doch die Erwachsenen behalten ihre Sorgen für sich.
So stolpert die Zwölfjährige auf ihren einsamen Streifzügen durch das tropische Stockholm über Kaja, Tobbe, Keks, Finne und Blatt – keiner nennt seinen richtigen Namen, keiner spricht über sein Zuhause, das ist die Abmachung. Stattdessen spielen sie Wahrheit oder Pflicht ganz ohne Wahrheit und katapultieren sich gegenseitig in aberwitzige und gefährliche Situationen. Eine aufregende Parallelwelt, aus der Annika nur ungern ins häusliche Drama zurückkehrt. Bis aus den Parkkindern Freunde werden, bis Annika es schafft, ihren winzig kleinen Brutkastenbruder zu besuchen, bis sie begreift, dass die Wahrheit zwar manchmal schmerzhaft, aber dann umso wichtiger ist: Das ist eine spannende Geschichte, mit Tempo, Herz und Humor erzählt.
Finsterer Sommer
Einen packenden Kinderkrimi, dessen Spuren in die deutsche Vergangenheit führen, hat Martina Wildner mit "Finsterer Sommer" geschrieben. Dabei sieht erst alles nach einem verkorksten und stinklangweiligen Urlaub aus: Nass, kalt und windig ist es an der französischen Atlantikküste, dazu streitet sich der 13-jährige Konrad ständig mit seiner nervigen Cousine Lisbeth, die alles besser kann und weiß. Das Aufregendste ist da der Bunker am Strand, um den sich gruselige Gerüchte ranken und für den sich jeder aus der Ferienanlage heimlich zu interessieren scheint. Was das mit ihrer eigenen Familie zu tun hat, das kriegen Konrad und Lisbeth als hinreißendes Schnüfflerteam nach und nach heraus, wobei sich Verdachtsmomente und Spuren zum verwirrenden Rätsel mit immer neuen Zickzackwendungen verdichten. Dann jagt jemand nachts den Bunker in die Luft, und Lisbeth ist verschwunden. Kauziges Personal, Situationskomik, turbulente Familienszenen und ein dunkles Geheimnis – ein toller Sommerroman, der mit leichter Hand Familien-, Freundschafts- und Kriegsgeschichte verwebt.
Ponderosa
Ein starkes Debüt legt Michael Sieben vor. Er rollt seine Geschichte von hinten auf: Eben noch sitzt Ich-Erzähler Kris mit blutverkrustetem T-Shirt inmitten von Blaulicht und flatterndem Absperrband auf der Rückbank eines Streifenwagens, da folgt die Rückblende zu jenem warmen Frühlingstag, als die Welt für den 15-Jährigen noch in Ordnung war. Zum ersten Mal trifft er sich mit seinen Freunden wieder in der "Ponderosa", einer verfallenen Schrebergartenhütte, die ihnen seit Jahren als geheimer Rückzugsort dient. Doch seit wann bringt die hippelige Josie sein Herz so zum Klopfen? Warum ist Juri so reizbar und zugeknöpft? Da kommt Josies Sorge um ihren exzentrischen Nachbarn Münze gerade recht: Der ist nach einem lautstarken Streit spurlos verschwunden. Durch die Balkontür steigen die drei Freunde in Münzes Wohnung, finden seltsame Zettel, Zeitungsausschnitte und ein Bild von der Ponderosa. Der vierschrötige Hausmeister zischt "Keine Polizei!", wenig später wird Kris zusammengeschlagen. Erste Liebe, eine spannungsgeladene Dreierfreundschaft, ein nebulöser Kriminalfall – lange laufen diese Handlungsstränge parallel, um fast unbemerkt Fahrt aufzunehmen und in einem dramatischen Showdown aufeinander zu stoßen. Sehr spannend!
Cilla Jackert: Wenn man selbst dran glaubt, ist es nicht gelogen. Aus dem Schwedischen von Maike Dörries. S. Fischer Verlag, Frankfurt 2016. 208 Seiten. 11,99 Euro. Ab 10
Martina Wildner: Finsterer Sommer. Verlag Beltz & Gelberg, Weinheim/Basel 2016. 238 Seiten, 12,95 Euro. Ab 11
Michael Sieben: Ponderosa. Carlsen Verlag, Hamburg 2016. 224 S., 14,99 Euro. Ab13
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