Die Seifenkistenrennfahrerin

Die 19-jährige Maria Schlageter aus Heitersheim fährt seit ihrer Kindheit Seifenkisten – ihre ganze Familie liebt den schnellen Sport.  

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Maria Schlageter mit ihrer Rennkiste – ohne Helm steigt sie nicht in ihre Seifenkiste. Foto: Elena Stenzel

Maria Schlageter ist eine der schnellsten Frauen Europas – in der Seifenkiste. Der Sport der 19-jährigen Studentin aus Heitersheim heißt Speeddown. Ihr Verein, die Seifenkistenfreunde Buggingen, wirbt mit dem Slogan "Die umweltfreundliche Formel 1" für den Sport. Ein Besuch bei einer ungewöhnlichen Rennfahrerin und

ihrer ebenfalls seifenkistenbegeisterten Familie in Heitersheim.

Wenn Maria Schlageter in ihrer weißen Rennkiste mit roten Polkadots sitzt, wird die Welt ganz klein, reduziert auf Fahrzeug und Strecke. Hochkonzentriert braust die 19-Jährige nur wenige Zentimeter über dem Asphalt der Straße durch Reben und Felder ins Ziel – mit bis zu 90 Kilometern pro Stunde. Im Ziel angekommen rauscht dann das Adrenalin durch ihre Adern.

Die Frankomedia-Studentin fährt seit ihrer Kindheit Seifenkiste. "Mein Opa war Schrauber in einem Motorrad-Team und hat einen neuen Verein gesucht", sagt sie. "Als ich klein war, hat er für mich ein Kettcar umgebaut. Mein "Silberpfeil" war quasi meine erste Kiste". Mit fünf Jahren nahm sie an ihrem ersten Rennen teil. "Da habe ich gleich einen Rekord gebrochen: Im Langsamfahren! Aber ich habe im Ziel gewunken!", sagt sie und lacht.

Seifenkistenfahren, das ist seitdem Marias Ding. Speeddown heißt ihre Seifenkisten-Disziplin unter Fachleuten. Dabei geht es darum, eine steile und kurvige Strecke möglichst schnell zu befahren. Die Seifenkiste hat keinen Antrieb, sondern nur Bremsen. Das bedeutet: Ein Mal zu oft gebremst und der Lauf ist ruiniert.

Marias ganze Familie ist rennsportbegeistert: Auch ihre jüngeren Brüder Hannes, 17, und Felix, 14, fahren erfolgreich Seifenkiste; Vater Matthias ist in ihrem Verein aktiv – und ebenfalls Speeddowner. Für ihn ist es nicht nur die Geschwindigkeit, die die Faszination des Seifenkistenrennens ausmacht. "Der Sport hat auch eine pädagogische Note", sagt er. "Die Fahrer lernen, sich ganz auf sich selbst zu konzentrieren." Maria bestätigt das: "Man muss auf den Punkt bereit sein. Man fokussiert sich nur auf den Lauf und wenn es losgeht, muss man alles auf Kommando abrufen können." Ihr Bruder Hannes findet es gut, ein exotisches Hobby zu haben. "Das ist kein 08/15-Sport, Fußball spielt jeder", sagt er. "Es ist was anderes, etwas Verrücktes."

Speeddown entstand in den 80er-Jahren durch Familien in Frankreich und der Schweiz, die selbst an ihren Seifenkisten werkeln wollten, aber auch Rennen veranstalteten. Auch heute noch ist Speeddown in den beiden Ländern stärker vertreten als in Deutschland. Matthias Schlageter war Gründermitglied und viele Jahre Vorsitzender der Dachorganisation "Speeddown Deutschland". "In Deutschland ist es wesentlich schwerer, die einzelnen Vereine zu organisieren. Die wollen sich nicht reinreden lassen", sagt er. Heute ist er Jugendgruppenleiter im Verein "Seifenkistenfreunde Buggingen e.V.", dem Rennstall der Schlageters.

Der Unterschied zum klassischen Seifenkistenfahren liegt im Detail. Speeddown lässt den Fahrern mehr Freiheiten beim Bau der Kiste. Das Reglement gibt zwar Brems- und Lenkrichtlinien vor, aber sonst bleibt Raum zum Selbstgestalten – deshalb gibt es Kisten in allen Formen und Farben.

Mit fast 90 Stundenkilometern geht’s in der Rennkiste bergab

Auch die Rennen verlaufen anders als beim herkömmlichen Seifenkistenrennen. Speeddown-Fahrer starten einzeln; außerdem gibt es zwei Rennkategorien: Speed und Gleichmäßigkeit. Bei Speed ist das Prinzip einfach: Wer am schnellsten fährt, gewinnt. Bei Gleichmäßigkeit werden die zwei am nächsten beieinanderliegenden Zeiten aus den besten Läufen verrechnet, die Fahrerin oder der Fahrer mit der geringsten Differenz gewinnt.

Die Seifenkisten bringen hohe Geschwindigkeiten auf die Straße. Marias Kiste fährt bis zu 90 Stundenkilometer. "Bei der deutschen Meisterschaft gab es aber auch einen schweren Doppelsitzer-Bob, der 120 Stundenkilometer geschafft hat", sagt sie. Noch schneller geht’s fast nicht. "Da macht das Material nicht mit."

Vergangenes Jahr wurde Maria bei der Deutschen Meisterschaft Fünfte im Speed; vor zwei Jahren holte sie bei den Europameisterschaften einen respektablen Platz 41 – der machte sie, weil es keine separate Frauenwertung gibt, als schnellste weibliche Teilnehmerin zur schnellsten Frau Europas.

Auch Marias Brüder sind erfolgreich: Hannes wurde 2016 bei der Deutschen Meisterschaft Dritter in seiner Altersklasse in Speed und Gleichmäßigkeit, Felix, der Jüngste, immerhin Vereinsmeister.

Am letzten Aprilwochenende beginnt für Maria und ihre Brüder die Rennsaison; acht Rennen stehen dieses Jahr an, darunter auch die Deutsche und die Europa-Meisterschaft. Die beiden Kisten der Familie werden gerade gemeinschaftlich rennfertig gemacht. Felix und Hannes haben sich zusammen eine neue Kiste aus Italien gekauft. Bis zu 5000 Euro wird es wohl kosten, bis sie komplett fertig ist. "Das haben wir uns eisern erspart", sagt Felix.

Maria freut sich auf den Rennsommer. "Ich fahre nie, ohne den Kopf komplett auszuschalten", sagt sie. "Und ich gehe einfach mit Spaß am Sport in die Rennen. Dann wird das auch eine gute Saison."

Mehr Fotos gibt’s auf http://fudr.fr/seifenkistenmaria

Lust auf Seifenkiste?

Die "Seifenkistenfreunde Buggingen" suchen neue Mitglieder. Eine Kiste muss dafür nicht zwangsläufig angeschafft werden, der Verein verleiht auch Seifenkisten an Mitglieder. Derzeit hat der Verein rund 100 Mitglieder und 20 aktive Fahrer. Das erste Rennen der Saison findet am 23. April in Kirchberg bei Thann im Elsass statt.
http://skfbuggingen.de

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