Bürgerbeteiligung

Einsprüche bei Windkraft sind bald nur noch digital möglich

Bürgerinitiativen legen bei der Windkraft oft Tausende ähnliche Einsprüche ein – viele auf Papier. Die Politik will dem Phänomen jetzt durch eine Änderung des Landesplanungsgesetzes begegnen.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Windräder sind im Schwarzwald umstrittem - hier zwei Exemplare bei Häusern.  | Foto: Wilfried Dieckmann
Windräder sind im Schwarzwald umstrittem - hier zwei Exemplare bei Häusern. Foto: Wilfried Dieckmann

Einsprüche bei Öffentlichkeitsbeteiligungen sollen nach dem Willen der grün-schwarzen Landesregierung künftig nur noch digital eingereicht werden dürfen. Die für die Landesentwicklung zuständige Ressortchefin Nicole Razavi (CDU) sagte in Stuttgart: "Bürgerbeteiligung sollte nicht dazu missbraucht werden, demokratisch beschlossene Projekte – wie etwa den Windkraftausbau oder ein neues Gewerbegebiet – zu verhindern." Die CDU-Politikerin verwies auf den jüngsten Fall in der Region Neckar-Alb, bei dem knapp 440.000 zumeist ähnliche Einsprüche gegen die Windkraft eingelegt worden sind. Sie wurden von den Bürgerinitiativen ausgedruckt und abgegeben.

Razavi sagte weiter, hier sei es also nicht darum gegangen, Argumente vorzutragen, sondern den Regionalverband mit der schieren Masse der Einwendungen lahmzulegen und somit seine Planungen zu verzögern oder gar zu verhindern. "Wir können nicht zulassen, dass diese Aktion Schule macht. Sie erweist der Bürgerbeteiligung und letztlich unserer Demokratie einen Bärendienst." Die Regionalverbände müssten vor solchen Praktiken geschützt werden, auch um eine zügige Auswertung der ernst gemeinten Einwendungen sicherzustellen. "Dieser Wunsch wurde auch von verschiedenen Seiten an uns herangetragen."

Aktuell arbeitet die Landesregierung an einer Änderung des Landesplanungsgesetzes. Dafür sollen die Regionalverbände bei der Veröffentlichung von Raumordnungsplänen ein Online-Formular anbieten. Einwendungen per Brief sollten künftig nicht mehr möglich sein. Für Menschen, die elektronische Kommunikation nicht nutzen können oder wollen, gibt es daneben weiterhin die Möglichkeit, ihre Stellungnahme direkt bei der Stelle vorzubringen, die den Planentwurf veröffentlicht hat, wie Razavi mitteilte. Für Landesbehörden wie die Regierungspräsidien, die Raumordnungsverfahren machen, wird das Anbieten eines Online-Formulars verpflichtend.

Kritik vom BUND

Die zwölf Regionalverbände im Südwesten begrüßen den Vorstoß der grün-schwarzen Landesregierung. Verbandsdirektor Matthias Proske sagte, dass Phänomen der Massenstellungnahmen sei bei den derzeit laufenden Planungsverfahren zur Festlegung von Vorranggebieten für die Windenergienutzung in nahezu allen Planungsverfahren in Baden-Württemberg in mehr oder weniger starker Ausprägung aufgetreten. "Das sorgt für einen Mehraufwand, da diese Stellungnahmen zur weiteren Bearbeitung erst wieder digitalisiert werden müssen. Dieser Mehraufwand wird von allen Steuerzahlern getragen."

Kritik am Vorgehen der Politik kam hingegen vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Landeschefin Sylvia Pilarsky-Grosch sagte, bei der Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen sollte nicht die Mehrarbeit der Verwaltung im Mittelpunkt stehen, sondern die Interessen der Bürger. "Sie sollte integrativ gedacht werden und nicht nur in Bezug auf einzelne ,lästige' Vorgänge." Andererseits sollte die Verwaltung mutig bei der Bearbeitung von Masseneinwendungen sein. "Nur in den Formulierungen abweichende – inhaltlich aber gleiche – Einwendungen müssen nicht lang und breit individuell abgehandelt werden."

Der Bundesverband Windenergie erklärte, Bürgerbeteiligung sei ein wichtiger Baustein zur Akzeptanzsicherung für den Ausbau der Windenergie. Generell sollten die Verfahren möglichst schnell und umfassend digitalisiert werden.

PDF-Version herunterladen Fehler melden

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare (2)

Um Artikel auf BZ-Online kommentieren zu können müssen Sie bei "Meine BZ" angemeldet sein.
Beachten Sie bitte unsere Diskussionsregeln, die Netiquette.

Sie haben noch keinen "Meine BZ" Account? Jetzt registrieren

Norbert Riegler

9186 seit 17. Apr 2018

„Die CDU-Politikerin verwies auf den jüngsten Fall in der Region Neckar-Alb, bei dem knapp 440.000 zumeist ähnliche Einsprüche gegen die Windkraft eingelegt worden sind. Sie wurden von den Bürgerinitiativen ausgedruckt und abgegeben.“ — Und wieviele Bäume mussten für das viele Papier gefällt werden? Selbst wenn jeder Einspruch nur ein DIN-A4-Blatt umfasst, sind das schon über zwei Tonnen Papier, Briefumschläge nicht mitgerechnet …

Aber diese Bäume starben wohl für einen „guten Zweck“ und nicht für die böse Windkraft …
Die Scheinheiligkeit mancher (nicht aller!) Bürgerinitiativen ist kaum zu überbieten.
Bei Argumenten kommt es auf die Qualität an, nicht auf die Quantität.

Aniela Schneider

12609 seit 15. Feb 2014

Die Beschränkung des Rechts auf Einspruch auf digitale Form empfinde ich als eine tiefe, nicht hinnehmbare Beschränkung im bürgerlichen Rechtswesen. Die Vorstellung, man/frau MÜSSE edv-kundig und mit einschlägiger Maschinerie ausgestattet sein, ist unerträglich.

Das trifft selbstverständlich nicht nur auf Windradlwidersprüche zu, sondern gilt generell.


Weitere Artikel