Die Jugend erobert das Europäische Parlament

Beim European Youth Event 2018 treffen sich in Straßburg mehr 8000 junge Menschen zum internationalen Austausch / Die Frage ist, ob sie nicht eine Minderheit sind.  

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European Youth Event 2018  | Foto: Christiane Ignaczak
European Youth Event 2018 Foto: Christiane Ignaczak
Eine Menschentraube bildet sich vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Aus der Menge ragen zahlreiche Hände, die Smartphones in die Höhe strecken, um das Ereignis zu dokumentieren. Inmitten des Tumults steckt aber kein Rockstar. Es ist der Präsident des Parlaments, Antonio Tajani, der während des European Youth Event (EYE), eine besondere Aufmerksamkeit bekommt – aber nicht unbedingt genießt: Eingezwängt zwischen den rufenden Jugendlichen schaut er mit spürbarer Unsicherheit abwechselnd auf die unzähligen Bildschirme.

Im Rahmen des alle zwei Jahre stattfindenen EYE versammeln sich dieses Mal am Freitag und Samstag mehr als 8000 junge Menschen zwischen 16 und 30 Jahren. Auf sie wartet ein reichhaltiges Angebot, bestehend aus 300 Aktivitäten. In Workshops und Debatten zu europäischen Themen sind die Teilnehmer zum internationalen Austausch aufgerufen. Zum Unterhaltungsprogramm gehören Spiele, Konzerte und Vorträge.

Ein quirlige junge Frau hat inmitten einer Gruppe den Übersichtsplan des Geländes aufgeschlagen. Alle schauen ihr über die Schulter, um herauszufinden, wo ihre erste Veranstaltung stattfinden wird. Die Gruppe hat sich während eines Erasmus-Jahres in Frankfurt kennengelernt. Die junge Frau ist die 22-jährige deutsch-italienische Studentin Maddalena Lamura. "Ich habe das Event auf Facebook geliked. Daraufhin auch mein Freund Daniele aus der Erasmus-Gruppe – und dann dachten wir: eine tolle Gelegenheit sich wiederzusehen", erzählt sie.

Die Gruppe steuert die erste Etappe an, eine Podiumsdiskussion über die Arbeit von morgen. "Junge EU-Bürger profitieren einerseits von neuen Technologien. Andererseits befinden sie sich in einem immer fortwährenden Lernprozess und sind mit höheren Anforderungen an sie konfrontiert", sagt der Sekretär der französischen Gewerkschaft CFDT, Thiebaut Weber. Unter den Referenten ist auch Anne Sander, französische Abgeordnete aus der Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP). Nach der Diskussion nimmt sich Sander die Zeit, um Lamuras Fragen zu beantworten. "Der direkte Kontakt mit der Jugend ist wichtig", sagt Sander.

Das Parlamentsgebäude ist das Jahr über in eine Besucherzone und in eine Zone mit beschränktem Zugang eingeteilt. Im Rahmen des EYE ist die letztere aber ebenso freigegeben. Das Café der Mitarbeiter ist überfüllt. Es gibt nicht genügend Stühle. Jugendliche haben es sich auf dem blumenbedruckten Teppich bequem gemacht, über den sonst Abgeordnete in schicken Lederschuhen und Pumps spazieren. Der 24-jährige Italiener Daniele Pedrali spricht über die Wahlen in Italien. "Die Italiener fühlen sich von der EU allein gelassen, besonders wenn es um die Flüchtlinge geht. Es muss sich etwas ändern, aber dafür sind wir ja hier", sagt er und lächelt zuversichtlich.

Sogar die sonst ausschließlich für die Abgeordneten reservierten Plätze im Plenarsaal bleiben den EYE-Teilnehmern nicht verwehrt. Der Präsident des europäischen Jugendforums, Luis Alvarado Martinez, spricht zu den Anwesenden: "Es berührt mich zutiefst, diesen Plenarsaal mit jungen Menschen gefüllt zu sehen. Wenn in einigen Jahren nur zehn Prozent von euch ihren Weg hierher finden, dann wird Europa ein besseres sein."

Die Teilnehmer sind vor allem Studenten aus EU-Mitgliedstaaten. Viele von ihnen haben ein Erasmus-Jahr absolviert, sprechen mehrere Sprachen und kommen aus einem multinationalen Elternhaus. Auf die Frage, warum sie stolz auf Europa sind, unterstreichen sie ihre europäische Identität. Doch neben den Lobeshymnen wird auch Kritik laut. Der aufsteigende Rechts- und Linkspopulismus wird von fast allen angesprochen.

Eine alles überschattende Frage steht im Raum: Sind die hier Anwesenden, von der EU überzeugten, jungen Menschen in der Minderheit? Was ist mit denen, die sich nicht erreicht fühlen von europäischer Politik? "Wir brauchen eine bessere Kommunikation zwischen denen, die sich abgehängt fühlen, und den europäischen Institutionen", betont Pedrali.

Der Tag, der um zehn Uhr begonnen hat, endet erst spät auf dem "Yo!Fest", einem Festival, das zum zehnten Mal stattfindet, zum dritten Mal im Rahmen des EYE. Zu aktuellen Hits tanzen die Teilnehmer im bunten Licht der Scheinwerfer. Es hat angefangen zu regnen, doch das trübt die Stimmung nur kurz. "Warte, ich zieh meine Schuhe aus", sagt Maddalena Lemura und hüpft im Takt in den Pfützen.
Schlagworte: Anne Sander, Daniele Pedrali, Luis Alvarado Martinez
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