Graffiti

Die große Banksy-Erlebnis-Ausstellung in Freiburg inszeniert Straßenkunst und Gewissen

Robin Hood und der Kommerz: Mit rund 200 nachgemalten Werken feiert "The Mystery of Banksy" in Freiburg den Street-Art-Künstler. Die Ausstellung thematisiert auch sein politisch-kritisches Potenzial.  

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Mit einem wörtlichen Elefanten im Raum...viel Geld für Hilfsprojekte gesammelt.  | Foto: Dominik Gruss
Mit einem wörtlichen Elefanten im Raum hat Banksy die Hollywood-Elite auf die verschwiegene Armut gestoßen und viel, viel Geld für Hilfsprojekte gesammelt. Foto: Dominik Gruss

Wer das "Walled Off" Hotel sehen möchte, kann in Jerusalem in den Bus steigen und landet nach kurzer Fahrt unbehelligt im Jesus-Klimbim Bethlehems. Von dort spaziert man leicht bergab mit Blicken auf Hügel und Mauern bis zum Eingang.

Man kann auch den Bus nehmen, der die palästinensischen Einwohner Bethlehems nach Hause bringt. Er hält näher am Hotel, direkt im pferchartig überfüllten Checkpoint, wo nichts vorangeht und Wertsachen durch den Scanner fahren, um dann auf dem Boden zu landen. Bethlehem ist mit einer hohen Mauer von der illegal besetzten West Bank abgeriegelt. Das Hotel mit der "hässlichsten Aussicht der Welt" hat der Street-Art-Künstler Banksy eingerichtet, um die Palästinenser zu unterstützen.

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Man kann das Hotel aber auch durch den Gift Shop betreten. Zumindest auf der Freiburger Messe und dabei an den kunstmarktkritischen Banksy-Film "Exit Through The Gift Shop" (Ausgang durch den Museumsshop) denken. Die Erlebnis-Ausstellung "The Mystery of Banksy" hat Fassade und Lobby des "Walled Off" Hotels nachgebaut. Und noch viele Banksy-Settings mehr, in denen man das Werk des "bekanntesten Unbekannten" erkunden kann, wie Kuratorin Virginia Jean den weltberühmten und immer noch anonymen Künstler nennt.

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Mit der Leichtigkeit des Turnens dem Schrecken etwas Gewicht nehmen? Banksy-Motiv aus dem Ukraine-Krieg, mit Schutt nachgestellt. Das hat etwas Voyeuristisches. Foto: Dominik Guss

Rund 200 Werke sind über fast 20 Räume verteilt, allesamt nachgedruckt, nachgemalt oder neu gesprüht – der Künstler selbst hatte mit der Konzeption der Schau nichts zu tun und sie auch nicht autorisiert, betonen die Veranstalter selbst. 90 Prozent der Banksy-Originale im öffentlichen Raum seien längst übermalt, zerstört, abgebaut, sagt Jean. "Unser Traum ist es, die verschwundenen Werke den Menschen zurückzugeben." Das hat so viel Pathos wie die Show selbst, aber die Aufbereitung ist detailfreudig, die Infotexte sind zugänglich und sehr informativ, die Settings liebevoll.

Manchmal ist das pseudo-veristisch, manchmal voyeuristisch: Wenn die Wände zerbombter Gebäude, die Banksy im November 2022 in der Ukraine besprüht hat, samt Schutt, zerbeulten Benzinkanistern und abgerissenen Tapeten nachgestellt sind. An anderen Stellen ist der Nachbau spielerischer und hilft zu verstehen, was Banksy zu einem Meister der "site specific art" macht. Einer Kunst, die sich auf ihre Umgebung bezieht. Wie neben dem zerbeulten Fahrrad, das ohne Hinterrad an einem Straßenschild lehnt. Daneben das Bild eines Mädchens, das mit dem Reifen Hula Hoop spielt.

"The Mystery of Banksy" ist eine Wanderausstellung von Cofo Entertainment aus Passau, die schon mit "Körperwelten" und immersiven Shows von Tutanchamun bis Van Gogh erfolgreich sind. "Banksy" toppt das alles: Rund drei Millionen Tickets wurden an bisher 30 Stationen verkauft, drei Sets der Ausstellung touren gleichzeitig. Eine Gelddruckmaschine: Weder für die nachgesprühten Werke noch für ihre Verwendung auf T-Shirts und Postern werden Lizenzgebühren fällig.

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Das berühmte "Girl With Balloon", das bei seiner Auktion geschreddert wurde. Banksy streckte dem Kunstmarkt so die Zunge heraus - der Wert des Bildes hatte sich so aber verzwanzigfacht. Foto: Dominik Gruss

Geld ist bei Banksy ein Dauerbrenner: Im Video ist die Sotheby's-Auktion 2018 zu sehen, auf der "Girl With Balloon" von seinem Rahmen geschreddert wurde. Eine Vorführung des fetischgläubigen Kunstmarkts. Später ging das halbzerstörte Werk als "Love Is In The Bin" für das Zwanzigfache weg: 18 Millionen Euro. Vor allem aber betont die Ausstellung die konsum- und kapitalismuskritischen Arbeiten und die spektakulären Aktionen. Da ist die 50er-Jahre-Hausfrau, die ihren gewalttätigen Alten in einer Kühltruhe am Straßenrand entsorgt, da sind die Ratten und die Affen, die das Establishment vorführen, da sind die szenetypischen "Fuck the police"-Motive, aber auch die "Crude Oil"-Übermalungen von Meeresidyllen mit angeschwemmten Schwimmwesten Ertrunkener.

Kuratorin Jean schwärmt von Banksys "Super-Kraft", mit der er das Leben vieler Menschen verbessern helfe. Wie im walisischen Port Tabert, wo das größte Stahlwerk Großbritanniens die Einwohner vergiftet. Banksy lässt 2018 einen Jungen Schneeflocken mit der Zunge fangen – um die Ecke ist zu sehen, dass es in Wahrheit Ascheregen aus einer brennenden Tonne ist. Daraufhin kam Bewegung in die Sache. Nur ein Beispiel von vielen, wie Banksy seine Popularität, Reichweite und seinen Marktwert nutzt. Wer kann schon mit einem echten Elefanten im Raum die Hollywood-Elite auf Armut hinweisen oder mit einem Bild fast 20 Millionen aus den Taschen reicher Sammler ziehen und Krankenhäusern spenden?

Für die Kuratorin ist Banksy ein moderner "Robin Hood". Besonders stolz sei man daher, Banksys Seenotrettungsboot unterstützen zu können. Mit Spenden der Besucherinnen und Besucher. Und als man sich gerade fragt, ob das nun die große Pointe der Show ist, fügt sie hinzu, Cofo Entertainment verdopple diese Spenden dann. Mit Einnahmen aus dem Shop.

The Mystery of Banksy: Messe Freiburg, bis 31. August. Tickets: www.bz-ticket.de und in BZ-Geschäftsstellen. Mit BZ-Card gibt es 30 Prozent Rabatt bis 22. Mai (Code: BZCARD30), danach 10 Prozent (BZCARD10) auf mehr.bz/banksy-freiburg

Schlagworte: Schliengens Banksy, Robin Hood, Jean schwärmt von Banksys
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