Kampf gegen Plastikmüll

Deutschland will Exportverbot für unsortierte Kunststoffabfälle

Auf Müllkippen unter anderem in Südostasien finden Umweltschützer auch Plastikabfall aus Deutschland. Das ist eigentlich nicht erlaubt - aber bisher schwer zu kontrollieren.  

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Eigentlich darf der nur fürs Recycling exportiert werden.  | Foto: photka  (stock.adobe.com)
Eigentlich darf der nur fürs Recycling exportiert werden. Foto: photka  (stock.adobe.com)
Im Kampf gegen Plastikmüllberge will die Bundesregierung erreichen, dass nur noch sortierter und gut recycelbarer Kunststoffabfall ins Ausland verkauft werden darf. "Mein Ziel ist ein Exportverbot für unsortierte Plastikabfälle", sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze zum Start internationaler Verhandlungen an diesem Montag in Genf. Deutschland setze sich dafür ein, dass weltweit nur noch saubere und sortenreine Kunststoffabfälle frei gehandelt werden dürften.

Hintergrund sind Berichte über Plastikvermüllung in Ländern wie Malaysia oder Indonesien, in die auch deutsche Unternehmen Abfall exportieren. Zwar ist die Ausfuhr von Plastikabfall schon jetzt nur erlaubt, wenn er im Zielland recycelt wird. Recherchen unter anderem von Greenpeace zeigen aber, dass unsortierte und schwer recycelbare Kunststoffgemische zu Umweltverschmutzung in Entwicklungsländern beitragen. Bis 10. Mai beraten nun in Genf Vertreter von mehr als 180 Ländern darüber, wie Menschen und Umwelt besser vor Plastikmüll, elektronischem Müll und giftigen Chemikalien geschützt werden können.



"Dass Plastikabfälle aus Deutschland in Staaten wie Malaysia die Umwelt verschmutzen, ist zwar sicher nicht die Regel, aber wenn es doch passiert, ein unerträglicher Zustand", sagte die SPD-Politikerin Schulze. Es brauche bessere Kontrollen und strengere Regeln auf internationaler Ebene. "In der Praxis würde die Neuregelung dazu führen, dass unsortierte Plastikgemische aus EU-Ländern nicht mehr in Entwicklungsländer exportiert werden dürfen."

Anfang 2018 hat China die Importe von Kunststoffabfällen zum Recycling stark eingeschränkt. Nun landen diese Abfälle in anderen Ländern, etwa Malaysia, Indonesien, Vietnam, Thailand und Indien.
Tüten aus Bioplastik werden oft als umweltfreundliche Alternative beworben. Eine echte Alternative sind sie oft nicht, bemängeln Experten schon länger. Eine aktuelle Studie bestätigt das.

Ungefährlicher Abfall darf zur Verwertung nach EU-Recht und internationalen Beschlüssen frei gehandelt werden. Wenn er allerdings auf Deponien landet, ist das illegal. Zuständig für die Kontrolle der Müllexporte sind die Bundesländer. Laut Umweltministerium ist eine flächendeckende Kontrolle aber nicht möglich, so dass illegale Exporte nicht auszuschließen seien. Möglich sei aber auch, dass deutsche Unternehmen legal handelten, aber die Vertragspartner nicht wie vereinbart den Abfall recycelten, sondern illegal lagerten.

Sortenreiner Kunststoffabfall wird nach Regierungsangaben derzeit mit Marktpreisen von über 700 Euro pro Tonne gehandelt. Die Exporte aus Deutschland sind von 2016 bis 2018 stark zurückgegangen, von 1,46 Millionen Tonnen auf 1,04 Millionen Tonnen. Knapp ein Zehntel des Plastikabfalls in Deutschland wird exportiert, der größte Teil davon stammt laut Umweltministerium aus Gewerbe und Industrie. Die Verpackungsabfälle aus den Dualen Systemen, die für gelben Sack oder gelbe Tonne zuständig sind, würden überwiegend in Deutschland recycelt, der Rest hauptsächlich in der EU, hieß es.

Mehr in Recyclingverfahren investieren

Die privaten Entsorger kritisierten Schulzes Pläne: Schon jetzt gingen die Vollzugsbehörden illegalen Exporten nicht mit dem nötigen Nachdruck nach, sagte Peter Kurth, der Präsident des Branchenverbands BDE, der auch die Dualen Systeme vertritt. Zudem sieht er einen möglichen Konflikt mit dem Ziel, mehr Kunststoffe wiederzuverwerten. Deutschland habe zwar ein hervorragendes Sammel- und Sortiersystem, es hapere aber daran, recyceltes Material wieder in die Produktion zu bringen. "Die Nachfrage ist noch nicht hoch genug", sagte Kurth. "Dann stehen die Unternehmen vor der Wahl: Für die stoffliche Verwertung in andere Länder exportieren - oder verbrennen."

Die kommunalen Unternehmen dagegen, die neben der städtischen Müllabfuhr auch am Sortieren und Verwerten beteiligt sind, forderten ein Exportverbot für Verpackungsabfälle in Länder mit geringeren Entsorgungs- und Recyclingstandards. Bei einem Exportverbot müssten die Dualen Systeme hierzulande in Recyclingverfahren und -technologie investieren, sagte der Vizepräsident des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), Patrick Hasenkamp. Unliebsame Abfälle würden dann nicht länger wegexportiert.

"Wir können uns nicht aus der Verantwortung stehlen", Viola Wohlgemuth


Umweltschützer wiederum werteten Schulzes Vorstoß als Schritt in die richtige Richtung, forderten aber einen vollständigen Stopp der Plastikmüll-Exporte. "Wir können uns nicht aus der Verantwortung stehlen", sagte Viola Wohlgemuth von Greenpeace. Deutschland nenne sich Recycling-Weltmeister, da sei nicht einzusehen, dass andere Länder sich um deutschen Müll kümmern sollten.

Bei den Verhandlungen in Genf wollen die Staaten drei internationale Konventionen verschärfen: Das Basler Übereinkommen über den grenzüberschreitenden Transport gefährlicher Abfälle, das Stockholmer Übereinkommen über Verbote oder Beschränkungen langlebiger Schadstoffe und das Rotterdammer Übereinkommen zum Informationsaustausch über Pestizide im internationalen Handel.

"Regierungen haben die Gelegenheit zu historischen und verbindlichen Entscheidungen, um Plastikmüll aus den Weltmeeren zu entfernen, um die Welle des elektronischen Mülls zu stoppen und um unsere Gesundheit und Umwelt vor einigen der giftigsten und gefährlichsten Chemikalien zu schützen", sagte Rolph Payet, Exekutivsekretär der drei Konventionen vom UN-Umweltprogramm (Unep).

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