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Debatte um Alltagsrassismus

Der "Sarotti-Mohr" polarisiert die Mannheimer

Sarotti setzt längst nicht mehr auf sein langjähriges Markenzeichen – seit 2004 wirbt der Schokoladenhersteller mit einer Goldfigur. Doch in Mannheim wird weiter über einen "Mohren" gestritten.  

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Das nun verhüllte Ensemble des „Sarotti-Mohrs“ über dem Tresen. Foto: Uwe Anspach (dpa)
Hellbraunes Packpapier statt bunter Leuchtschriftreklame – das Mannheimer Kulturzentrum Capitol hat seine umstrittene "Sarotti-Mohr"-Werbung nach langem Hin und Her mit Stoff verhüllt, um damit die Diskussion über alltäglichen Rassismus anzustoßen. Der Schriftzug "Sarotti" und die beiden "Mohren" an jeder Seite sind vom künstlerischen Leiter des Hauses, Georg Veit, mit eierschalenweißer Jute und einer geflochtenen schwarzen Schnur ummantelt worden, eine Installation à la Christo über der Bar.

"Ich wünsche mir, dass der Betrachter irritiert wird, nachdenkt und dann mit anderen ins Gespräch kommt", sagte Veit am Mittwoch in Mannheim. Die Verhüllung spiele auch darauf an, dass Rassismus gerne unter den Teppich gekehrt werde. Das Mannheimer Kulturzentrum will die Installation bis zum 8. März belassen.



Zur bewegten Vorgeschichte: Die bunte Erinnerung von meist älteren Menschen an schokoladenfrohe Kinderzeiten hing Jahrzehnte unbeachtet im Foyer des Kulturzentrums. Doch vor gut einem Jahr entbrannte plötzlich eine hitzige Debatte um die beiden "Sarotti-Mohr"-Embleme. Eine Handvoll empörter Mannheimer um den Grünen-Lokalpolitiker Gerhard Fontagnier hätten die Leuchtreklame am liebsten klammheimlich verschwinden lassen. Für sie steht der 100 Jahre alte Mohr für nicht mehr tolerierbare Vorurteile. Die Figur sei kolonialrassistische Propaganda für Sklaverei, so das Credo der Kritiker. Das Unternehmen selbst hat das umstrittene Logo im Jahr 2004 umgestaltet und wirbt inzwischen mit dem Sarotti-Magier – die Figur hat goldene Hautfarbe.

"Gibt es denn keine anderen Probleme in der Welt?" Ein Kommentator
Andere hatten während der Verbalschlacht in den sozialen Medien und später in der Stadtgesellschaft dagegen gehalten: Die Darstellung der kleinen schwarzen Kerle mit Pluderhose, Schnabelschuhen und Tablett aus dem Jahr 1918 habe ihren Stammplatz und repräsentiere lediglich ein Stück "schmackhafter" Kulturgeschichte. "Gibt es denn keine anderen Probleme in der Welt?", schrieb etwa ein Kommentator. Und bei einer Umfrage der ortsansässigen Tageszeitung hatten sich sogar 95 Prozent für den Erhalt ausgesprochen.

Die Betreiber des Capitols haben sich mit der Kunstaktion auf keine Seite geschlagen. "Bei der Entscheidung hat man sich nicht nach der Meinung der Öffentlichkeit oder der Betroffenen zu richten, sondern danach, wie man das Thema Alltagsrassismus sichtbar machen und ins Bewusstsein unserer Gäste bringen kann", sagte Geschäftsführer Thorsten Riehle im Vorfeld. Ziel der Umgestaltung sollte sein, den einstigen Werbeträger zu einem Symbol zu machen "für unseren Wunsch, mit unseren Gästen dauerhaft im Gespräch zum Alltagsrassismus zu bleiben".

"Aus unserer Sicht ist ein Beibehalten einer so belastenden Figur wie dem Sarotti-M* kein geeignetes Mittel, sich mit rassistischen Bildern und Vorstellungen auseinanderzusetzen." Tahir Della
Wie heftig und lange um die Lösung gerungen wurde, zeigt die Dauer der Entscheidungsfindung. Erst wollte das Kreativteam im vergangenen Sommer den friedenstiftenden Kompromiss präsentieren, dann im Herbst, und nun ist es fast Frühjahr geworden. Ob damit in Mannheim Frieden eingekehrt ist, bleibt allerdings fraglich. Schon im Vorfeld der Verhüllung waren Pro-und-Kontra-Parteien auf der Facebookseite des Unternehmens wieder aneinander geraten.

Im Traditionscafé "Mohrenköpfle" bleibt alles beim Alten

Auch die 1986 gegründete Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland hat sich klar positioniert. "Aus unserer Sicht ist ein Beibehalten einer so belastenden Figur wie dem Sarotti-M* kein geeignetes Mittel, sich mit rassistischen Bildern und Vorstellungen auseinanderzusetzen", teilt Sprecher Tahir Della mit. Ginge es nach ihm, sollte man alle Bezeichnungen mit "Mohr" – etwa von Straßen, Cafés und Apotheken – aus der Öffentlichkeit verbannen. Gleich gegenüber dem Capitol liegt das Mannheimer Traditionscafé "Mohrenköpfle", ein wahres Museum für Fans dieses von der Schokoladenfirma ausrangierten "Botschafters des guten Geschmacks". Was die Wirtin von der Idee einer Namensänderung hält, klingt unmissverständlich: "Bei uns bleibt alles beim Alten. Basta!"

Ressort: Südwest

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 13. Februar 2020: PDF-Version herunterladen

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