Nachtbürgermeister
Der Mann für Mannheims Nachtleben
In Amsterdam gibt es einen, in London und Zürich. Seit August hat auch Mannheim – als erste deutsche Stadt – einen Nachtbürgermeister. Hendrik Meier soll Streitigkeiten im Nachtleben ausräumen.
dpa
Sa, 6. Okt 2018, 10:42 Uhr
Südwest
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Seit Anfang August ist er im Einsatz – vor allem im Stadtteil Jungbusch mit Bars, Restaurants und alternativer Kultur. Dort ist der blonde Mann mit den Tätowierungen und einem Dutt, der an den isländischen Fußballspieler Rúrik Gíslason erinnert, bereits bekannt wie ein bunter Hund.
Deshalb ist die eigene gute Kommunikationsfähigkeit das A und O in seinem Job. Meier beherrscht das bis hin zur Körpersprache. Manche Klientel begrüßt er mit High-Five-Handschlag und kurzer Umarmung. Als Erfolg verbucht er etwa, den Streit zwischen einer feiernden Burschenschaft und lärmgeplagten Anwohnern so geschlichtet zu haben, dass die jungen Männer ihren Nachbarn schließlich eine Flasche Sekt schickten.
Meier wurde der Szene nicht einfach vor die Nase gesetzt. Der aus Nürnberg stammende Mann wurde in einer mehrstufigen Wahl mit Bürgerbeteiligung bestimmt. Anfangs bewarben sich 40 Männer und Frauen um den Job, der auf 50 Stunden im Monat begrenzt ist. "Ich arbeite aber mehr als 20 Stunden pro Woche", erzählt Meier. Sein zweites Standbein ist das Managen von Musik-Veranstaltungen. Ein Praktikum in San Francisco ließ er sausen, um die Stelle anzutreten.
Was will Meier erreichen? Sicherheit liegt ihm besonders am Herzen. Die sieht er durch eine große Straße gefährdet, auf der die Autos durch den Jungbusch rasen. Eine Blitzeranlage, so ist er überzeugt, würde den Verkehr entschleunigen. Allerdings kostet die mehr als 20 000 Euro. Auch ein versenkbares Urinal, wie es Meier als Maßnahme gegen Wildpinkeln vorschwebt, ist nicht billig. Stadtsprecher Ralf Walther verspricht zumindest ein offenes Ohr der Verwaltung. Entscheidungen über solche Anschaffungen treffe aber der Gemeinderat.
Zurück zur Sicherheit: In Kürze werden auf Meiers Initiative hin sechs Getränkekisten für Pfandflaschen im Kiez aufgestellt. Seine Hoffnung: Glasflaschen werden nicht mehr achtlos weggeworfen und womöglich zertreten, so dass sich Menschen an ihnen verletzen können. Gerade in den zurückliegenden heißen Wochen forcierte Meier seine sogenannte Refill-Aktion. Ein blauer Sticker an der Tür einer Bar oder Kneipe zeigt, dass Gäste ihre Flaschen dort kostenlos wieder mit Wasser auffüllen können. Auch das Projekt "Luisa", das Clubgängerinnen vor Anmache schützen soll, will Meier unterstützen.
Der Betreiber der Bar "kurz", Rene Gäng, freut sich über den "Night Mayor", den er gerne in Anspruch nehmen möchte. Einerseits gingen Lärmempfindliche schon mal auf die Palme, schildert er. Andererseits wolle er gern mehr Musikveranstaltungen in seinem Lokal organisieren. "Wir sind mit den Problemen alleine gelassen worden", sagt der 42-jährige Gastwirt.
Matthias Rauch von der Kulturellen Stadtentwicklung – einer Tochter der Stadt – hat wegen des Nachtbürgermeisters bereits mehrere Anrufe informationshungriger deutscher Städte erhalten. Er empfiehlt das zunächst bis Ende 2019 geplante Projekt derzeit weiter. "Es ist sehr gut angelaufen, und ich bin zuversichtlich, dass wir das auch weiterführen werden."