Der Künder des Plattform-Kapitalismus
Sascha Lobo hielt bei der Marketing-Community Freiburg / Südbaden einen Vortrag vor allem über Facebook.
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Mit seinem Markenzeichen-Outfit – Anzug und Iro – passt Lobo auf die "re:publica"-Konferenzen der Netzgemeinde genauso wie vor ein Publikum von Wirtschaftsleuten. Illustriert mit Karikaturen und Screenshots bringt er seine Thesen zur Digitalisierung auf die Bühne. Pointen setzt er wie ein Comedian. Beispiel: Es sei ja in Bezug auf das Netz von der "Weisheit der Vielen" die Rede. Doch wenn man sich die Kommentare auf Youtube ansehe, seien das zwar viele, aber mit der Weisheit sei es nicht weit her.
Er sei, sagt Lobo, jetzt so alt wie der durchschnittliche deutsche Facebook-Nutzer: 40,5 Jahre. Es liegt aber nicht nur daran, dass Facebook im Zentrum seines Vortrags steht. Sondern schon an der "schieren Größe": 45 Milliarden Nachrichten würden täglich über das globale soziale Netzwerk geschickt. Die "Datenbegeisterung" der Nutzer kenne kaum Grenzen, meint Lobo, alles werde gepostet. Das könne die Wirtschaft nutzen. So habe eine Studie gezeigt, dass ein Unternehmen, das neue Leute sucht, sich besser Facebook-Profile anschauen und nicht wie seit Jahrzehnten Fragebogen verteilen sollte, um die Richtigen zu finden.
Den Facebook-Chef Mark Zuckerberg zitiert Lobo mit dem Satz, jede Industrie müsse sozial neu gedacht werden. Lobo hat dafür den Begriff "Plattform-Kapitalismus" geprägt. Dieser ist die Unternehmensform eben von Facebook, aber auch von Google oder Airbnb. Alles Unternehmen, deren Dienstleistung im Vernetzen und Datenverwalten besteht. Ihr "digitales Ökosystem" lege sich über die ganze Wirtschaft. Alles, so Lobos Botschaft an die Marketing-Leute, müsse neu gedacht werden: Essentiell sei die Beziehung zum Kunden, statt um Produkte gehe es um Prozesse, Wirtschaft werde zur Datenwirtschaft.
Was das für die Gesellschaft bedeutet, darauf geht der Netzerklärer – entgegen seiner eigenen Ankündigung – allerdings nicht ein. Sascha Lobo, der Netzaktivist, kommt an diesem Abend nicht zum Zug. Er sei doch viel rumgekommen im Ausland, fragt ihn nach dem Vortrag ein Zuhörer, und wisse, dass anderswo das mit dem Datenschutz nicht so streng gesehen werde. Ob Deutschland da nicht übertreibe? Mit der These ist der Frager bei Lobo eigentlich an der falschen Adresse. Denn er hat nach den Enthüllungen von Edward Snowden schon mal das freie Internet für tot erklärt, er ist für "Datensouveränität" jedes Individuums, wie er in Merzhausen sagt. Aber dann redet er lieber darüber, wie schlecht es sei, dass deutsche Unternehmen sich an Regeln halten müssten, an die sich US-Unternehmen nicht halten müssen. Dass es einen Zielkonflikt zwischen Datenwirtschaft und Datenschutz gibt, bleibt ungesagt. Mal sehen, was er in dem Buch zum Plattform-Kapitalismus, an dem er arbeitet, dazu zu sagen hat.
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