Der Kampfsport, der keiner sein will

Aikido gilt als eine der gewaltfreiesten japanischen Kampfsportarten und erfreut sich besonders in Freiburg großer Beliebtheit.  

Zu den Kommentaren
Mail

Wir benötigen Ihre Zustimmung um BotTalk anzuzeigen

Unter Umständen sammelt BotTalk personenbezogene Daten für eigene Zwecke und verarbeitet diese in einem Land mit nach EU-Standards nicht ausreichenden Datenschutzniveau.

Durch Klick auf "Akzeptieren" geben Sie Ihre Einwilligung für die Datenübermittlung, die Sie jederzeit über Cookie-Einstellungen widerrufen können.

Akzeptieren
Mehr Informationen
Erfahrenster Trainer des Aikikai Freiburg: Gunnar Wilberg  | Foto: Thomas Fehrenbach
Erfahrenster Trainer des Aikikai Freiburg: Gunnar Wilberg Foto: Thomas Fehrenbach

KAMPFSPORT. Keine Schläge, keine Tritte, kein Wettkampfgedanke. Wer beim Aikido von einer Kampfsportart spricht, der wird dem eigentlichen Hintergrund der anspruchsvollen Selbstverteidigungstechnik aus Japan nicht gerecht. Gerade in Südbaden und dem Elsass erfreut sich Aikido einer breiten Anhängerschaft. Am Wochenende feierte der Verein Aikikai Freiburg Tag der offenen Tür.

Geschmeidig, fast elegant, mutet die vergleichsweise junge Kampfkunst an, die besonders in Freiburg großen Anklang findet. Aikido ist eine japanische Selbstverteidigungstechnik, die es sich zum Ziel gesetzt hat, körperliche Auseinandersetzungen auf ein Minimum zu reduzieren und ein möglichst gewaltloses Ende des Kampfes herbeizuführen. Anstatt Attacken des Gegners abzublocken und anschließend zum Gegenangriff überzugehen, nutzen Kämpfer geschickt die Kraft des Angreifers, um diesen mittels Hebel- und Wurfmechanismen kurzzeitig außer Gefecht zu setzen. Niemals offensiv einen Angriff zu beginnen, sondern möglichst effizient auf die Attacke des Gegners zu reagieren, lautet die Grundmaxime der vergleichsweise jungen Kampfkunst. Wie in vielen anderen japanischen Stilen ist die körperliche Kraft dabei zweitrangig. Richtige Technik und gutes Timing sind das A und O.

"Beim Aikido geht es nicht um den Kampf, sondern um die friedliche Auflösung eines Konflikts", erklärt Trainer Heinz-Jürgen Dahm am Rande des Tages der offenen Tür im "Aikikai Freiburg" – einem von drei Aikido-Dojos in der Stadt. Der Verein, der zu den größten und ältesten in ganz Deutschland zählt, öffnete Interessierten am vergangenen Wochenende seine Pforten in der Lörracher Straße. Seit 30 Jahren übt Dahm die anspruchsvolle Kampfkunst bereits aus und gehört damit zu den erfahrensten Mitgliedern seines Vereins, der derzeit knapp über 100 Mitglieder zählt. Inzwischen ist Dahm Träger des fünften Dan (höchster Schwarzer Gürtel) und seit einem Vierteljahrhundert als Trainer tätig. "Je länger man Aikido ausübt, umso anspruchsvoller wird es", erklärt der erfahrene Übungsleiter. "Aber gerade das macht den Reiz aus." Geeignet sei der Sport für jeden, der sich an der eigenen Bewegung erfreue und es nicht scheue, auch nach Jahren immer wieder Neues zu erlernen.

Seit 1976 existiert der Verein bereits und gilt als eine der größten und ältesten deutschen Aikido-Trainingsgemeinschaften. Ferner ist der Stützpunkt dem Bundesverband "Aikikai Deutschland" und damit dem Hombu-Dojo in der japanischen Hauptstadt Tokyo angeschlossen – der Geburtsstätte des Aikido. "Alle bei uns erworbenen Meistergrade sind international anerkannt", erklärt Trainer Dahm. Gerade in Freiburg und dem Elsass sei der Sport verbreitet, die Anzahl erfahrener Trainer entsprechend hoch.

Kaum zehn Sekunden vom Angriff bis zur Konfliktlösung

Das erfahrenste Freiburger Mitglied ist Gunnar Wilberg. So wie Dahm hat auch er den fünften Dan inne und trainiert die besten und erfahrensten Aikidoka seines Vereins. Am Tag der offenen Tür demonstriert der Meister diverse Techniken, um den Besuchern einen Eindruck von der gehobenen Kampfkunst zu vermitteln. Behände weicht Wilberg dem Angriff eines seiner Schüler aus, um diesen von hinten am Handgelenk zu greifen und mit einer schnellen Drehung um die eigene Achse auf die Matte zu befördern. Im gleichen Bewegungsablauf fixiert der Meister seinen Gegner am Boden, um diesen kampfunfähig zu machen – alles in allem dauert die Aktion keine zehn Sekunden. Es folgt die obligatorische Verbeugung.

Ebenfalls regelmäßig auf der Matte steht Lou Hagbarth, Mitglied im Freiburger Aikikai und zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins. Schon als junge Frau praktizierte die heute 60-Jährige den Kampfsport. Nach langjähriger Pause fand sie vor acht Jahren zurück zum Aikido und trainiert seither mehrmals pro Woche in der Lörracher Straße. "Seit ich wieder dabei bin, fühle ich mich fit und beweglich – sowohl körperlich, als auch geistig", erzählt die Sprecherin zufrieden. "Auch das trainieren in der Gruppe gefällt mir sehr." Ein optimales Alter, um mit dem Sport zu beginnen, gebe es nicht, so Hagbarth. "Unsere Altersspanne reicht von acht Jahren bis ins Rentenalter."

Aikido

Aikido bedeutet übersetzt "Weg zu Harmonie und innerer Kraft" und ist eine recht junge japanische Kampfkunst. Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelte Ueshiba Morihei den Stil als Kombination verschiedener Budo-Disziplinen. In den 1960er Jahren gelangte es nach Deutschland. Aikido zeichnet sich durch eine defensive Grundhaltung aus. Das Ziel: Angriffe des Gegners durch Umleiten der Kräfte zu entschärfen und diesen für kurze Zeit handlungsunfähig zu machen. So soll eine harmonische Auflösung des Konflikts erreicht werden. Der Aikidoka (Kämpfer) macht sich dafür Fliehkräfte und Hebeltechniken zu Nutze. Körperliche Kraft spielt eine untergeordnete Rolle. Ausschlaggebend sind Präzision und Timing. Aikido ist kein Wettkampfsport. Es wird mit oder ohne Waffe (Stock, Schwert, Messer) praktiziert.

Artikel verlinken

Wenn Sie auf diesen Artikel von badische-zeitung.de verlinken möchten, können Sie einfach und kostenlos folgenden HTML-Code in Ihre Internetseite einbinden:

© 2024 Badische Zeitung. Keine Gewähr für die Richtigkeit der Angaben.
Bitte beachten Sie auch folgende Nutzungshinweise, die Datenschutzerklärung und das Impressum.

Kommentare


Weitere Artikel