Tier des Jahres
Der Fischotter ist für manche der Wolf der Teiche
Der Fischotter ist das Tier des Jahres. Vor 30 Jahren stand er hierzulande vor dem Aussterben, nun erholt sich der Bestand – nicht alle freut’s. Manche Diskussionen erinnern an die über den Wolf.
epd, dpa & BZ-Redaktion
Do, 18. Feb 2021, 20:30 Uhr
Panorama
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"Dann bekommt der aber ein Problem", sagt Eva Baumgärtner von der Aktion Fischotterschutz im Otterzentrum Hankensbüttel/Niedersachsen. "Der Fischotter ist streng geschützt." Sie gibt aber zu: "Ein ungeschützter Fischteich ist für den Otter ein gedeckter Tisch." Ein Elektrozaun, in den Boden eingelassen, würde die Karpfenteiche in der bayerischen Oberpfalz schützen. "Wir bieten Beratung und Hilfestellung an", sagt Baumgärtner.
Was den Schafhaltern der Wolf, ist den Teichwirten der Fischotter. Langsam kehren die Otter zurück, nachdem sie Ende der 1980er-Jahre infolge von Jagd, Gewässerbelastung und Zerschneidung ihrer Lebensräume fast ausgestorben waren. Das Bundesamt für Naturschutz (BfN) führt den Fischotter als "gefährdet" in der Roten Liste 2020. Der Bestand habe in den vergangenen Jahren zugenommen, das Amt spricht von "deutlichen Arealgewinnen". Im östlichen Kinzigtal in Hessen beispielsweise hat sich laut der Heinz-Sielmann-Stiftung das Vorkommen in 20 Jahren fast verdoppelt.
Sehr viel unerfreulicher sei die Lage in Baden-Württemberg, berichtet der BUND. Hier ist das Tier komplett verschwunden. Klaus Lachenmaier vom Nabu in Stuttgart sagt: "Wir beobachten, dass sich der Fischotter um Baden-Württemberg herum ausbreitet, in Bayern, Österreich und der Schweiz." Der erste Fischotterfund noch dieses Jahr in Baden-Württemberg "wäre ein Knüller, aber so schnell wird es vielleicht nicht gehen."
In diesem Jahr hat die Deutsche Wildtier-Stiftung den Fischotter zum Tier des Jahres gekürt. "Jedes Tier ist auf seine Weise kostbar für die Natur", erklärt Sprecherin Jenifer Calvi. Auf das Tier des Jahres solle besonders aufmerksam gemacht werden – sei es aufgrund seiner Gefährdung, der Bedrohung seines Lebensraums oder weil es einen Mensch-Tier-Konflikt hervorruft, den es zu lösen gilt.
Angesichts des Konflikts mit den Teichwirten kommt die Wahl zur rechten Zeit. Der Fischotter ist nun einmal ein "Wasser-Raubtier", wie der Naturschutzbund Deutschland (Nabu) ihn in Mecklenburg nennt. Dort fühlt er sich an der Seenplatte des Müritzer Nationalparks wohl. Der Wassermarder braucht saubere Flüsse und Seen, um Beute sichten zu können. Neben Fischen frisst er Krebse, Amphibien, Wasservögel, kleine Säuger und Insekten. Sein Aktionsradius beträgt 20 Kilometer, je nach Nahrungsverfügbarkeit.
Etwa 50 000 Haare pro Quadratzentimeter halten seine Haut trocken und warm – wegen seines Fells wurde er früher gejagt. Menschen haben auf der gleichen Kopfhautfläche je nach Alter und genetischer Disposition im Schnitt 200 Haare. Die Häute zwischen den Zehen der Tiere weisen den Fischotter als Schwimmer aus – einen "artistischen Kunstschwimmer" nennt ihn die Deutsche Wildtierstiftung. Nur schwimmt er nicht gern unter Brücken hindurch, sondern umläuft diese am Uferbankett, das gut strukturiert sein sollte, um Deckung zu bieten. Steht die Brücke im Wasser, versucht er, die Straße zu überqueren, mit oft tödlichen Folgen. 75 bis 80 Prozent der Otter-Totfunde sind überfahrene Tiere. Der Arbeitskreis Fischotterschutz beim BUND-Mecklenburg Vorpommern kümmert sich seit 1994 um geeignete Brücken für den Fischotter, berichtet Otterschützer Volker Dienemann. Der Arbeitskreis untersucht das Vorkommen, die Wanderbewegungen und Gefährdung des Otters.
Im niedersächsischen Hankensbüttel versuchen die Otterschützer, Flüsse wie die Ise und die Aller zu renaturieren. "Wie kümmern uns um den Lebensraum der Fischotter", sagt Eva Baumgärtner. "Denn der Otter ist ein Leittier." Will heißen: Wo dieser anspruchsvolle Beutegreifer vorkommt, ist auch die Welt der anderen Tiere in Ordnung. Der Erfolg gibt den Naturschützern recht: "Er ist schon in Richtung Celle und Gifhorn auf dem Vormarsch", sagt Baumgärtner.
In diesen Wochen sind die Fischotter mitten in der Paarungszeit. Eigentlich leben sie als Einzelgänger, jetzt müssen sie sich finden. Das geschieht über die Duftdrüsen. "Dabei ist der Kot seine Visitenkarte", erklärt Jenifer Calvi. "Er duftet fischig-fruchtig und ein bisschen nach Moschus", sagt Wolfgang Lübcke, der seit langem für den Nabu die Fischotter an der nordhessischen Eder beobachtet.
Ein Männchen paart sich mit mehreren Weibchen, die die Jungen allein aufziehen. "Fischotter können sich das ganze Jahr über fortpflanzen, aber Februar/März sind die besten Hochzeitsmonate", sagt Calvi. Wenn die Otterbabys nach 61 bis 63 Tagen blind und taub geboren werden, halten die Gewässer reichlich Nahrung für sie bereit.
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