Das bisschen Glück der kleinen Leute

Wiederentdeckt: "Die Borger" von Mary Norton.  

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Arrietty mit Mähne   | Foto: dzuibak
Arrietty mit Mähne Foto: dzuibak
Die Borger sind typische kleine Leute, das heißt nicht ganz, denn körperlich sind sie sogar sehr kleine Leute. Mit einer eigenen Puppenstube, in der sie unbehelligt von auf sie herabblickenden Normalmenschen wohnen könnten, wäre ihr Traum vom kleinbürgerlichen Eigenheimidyll vollauf erfüllt. Ihre Realität ist allerdings eine andere. Sie leben unter den Bodendielen eines großbürgerlichen viktorianischen Landhauses. Dort, nun ja, borgen sie sich auf Beutezügen durch das Reich der Großen ihr kleines Glück in der ewigen Schummerigkeit des Unterbödigen zusammen. Daher ihr Name.

Der Fischer Verlag hat diesen Klassiker der Nachkriegskinderliteratur von Mary Norton neu aufgelegt und sich dafür die Illustrationen der polnischen Ausgabe, nun ja, nicht gerade geborgt, aber übernommen. Eine gute Idee. Illustratorin Emilia Dziubak nimmt sich erfrischende Freiheiten bei der Gestaltung der Charaktere: Borger-Papa Pod sieht aus wie der dicke Nerd-Bruder seiner Tochter Arrietty. Deren unbändiger Abenteuerlust verschafft Dziubak die passende Rote-Zora-Mähne, und der Menschenjunge, der sie entdeckt, erinnert ein bisschen an den jungen Roger Daltrey. Nur Borger-Mutter Homily verweist kittelschürzig und hochtoupiert auf das Jahr 1952, in dem das Kinderbuch erstmals erschien.

Diese sanfte Modernisierung ist durchaus angemessen. Denn Mary Nortons Kinderbuch hat nichts Angestaubtes. Die Geschichte ist als Erzählung in der Erzählung modern verschachtelt und lässt angenehm im Ungewissen, ob Dinge wie Nähnadeln oder Knöpfe einfach verloren gehen oder von kleinen Wesen gemopst werden. Der Aufbau mag für heutige Gepflogenheiten etwas gemächlich sein, aber wie sollte man sonst nachvollziehen können, wie unendlich mühsam kleine Leute sich ihr bisschen Glück jahraus jahrein zusammentragen und bei sich bietender Gelegenheit auch mal ziemlich gierig werden? Außerdem ist diese Geschichte nur der Auftakt zu einer ganzen Reihe von Sequels, deren Kern, auch das sehr aktuell, immer Vertreibung und Flucht sind. Eine schöne Wiederentdeckung.

Mary Norton: Die Borger. Aus dem Englischen von Christiane Jung. Mit Bildern von Emilia Dziubak. Verlag Fischer Sauerländer, Frankfurt a.M. 2015. 256 Seiten. 14,99 Euro. Ab 10
Schlagworte: Mary Norton, Emilia Dziubak, Christiane Jung
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